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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Applegate wirklich das Wort ab. »Mary glaubte es, und vielleicht hatte sie Recht, aber sie...«
    »Sie hat immer noch Recht«, korrigierte ihn Rose.
    »Aber sie hatte keine Beweise!«, beendete er seinen Satz.
    »Eben!«, rief Rose, als hätte er sie in ihrer Meinung bestätigt. Sie starrte Hester an. »Sie wusste, dass es einen Beweis gab, und hatte die Absicht, ihn zu finden. Und sie ging davon aus, dass es ihr gelingen würde. Klingt das nach einem Menschen, der sich das Leben nehmen will?« Unbewusst beugte sie sich weit zu Hester vor, so wie diese es zuvor im Eifer des Gefechts bei Applegate getan hatte. »Sie liebte ihren Vater, Mrs. Monk. Sie verstanden einander auf eine Weise, wie es bei Menschen verschiedener Generationen selten ist. Sie hatte einen scharfen, klaren Verstand und ungeheuren Mut. Ich weiß nicht, warum die Leute Frauen so etwas nicht zutrauen! Es sind doch nur unsere Röcke, die uns am Laufen hindern, nicht unsere Beine!«
    »Rose!«, flehte Applegate.
    »Sie sind doch nicht schockiert, oder?«, fragte Rose Hester mit einem besorgten Blick.
    Hester hätte am liebsten laut gelacht, aber dann hätte sie womöglich die Gefühle der beiden verletzt, falls sie glaubten, sie nähme den Tod auf die leichte Schulter. Doch sie nahm ihn ernst. Mehr als alles andere sogar. Gleichzeitig hatte sie allerdings erfahren, dass mitten im Elend eines Krieges oder dem Grauen einer Epidemie Humor, wie schwarz auch immer, bisweilen das Einzige war, was einen vor Tod oder Wahnsinn bewahrte. Aber das konnte man natürlich nicht laut sagen, wenn man in einem vornehmen Londoner Haus zu Gast war.
    »Nein, nein«, versicherte sie Rose. »Im Gegenteil, ich möchte es mir merken und es zitieren. Es wird zahllose Gelegenheiten geben, bei denen es passt. Möchten Sie, dass ich Sie als die Urheberin nenne, oder wäre es Ihnen lieber, ich würde vergessen, von wem es stammt?«
    Rose blinzelte wieder, aber diesmal vor Vergnügen und Verlegenheit. »Ich glaube, dem Ruf meines Mannes zuliebe sollten Sie es wohl besser vergessen«, sagte sie widerstrebend. »Die Abgeordneten im House of Commons sind hinsichtlich Meinungsäußerungen extrem robust, aber dort sprechen nun mal keine Frauen, sonst wäre das schnell ganz anders.« Ihre Mundwinkel zogen sich ihrer Abscheu entsprechend nach unten.
    Hester verstand. Am Rande der Schlachtfelder hatte sie viel freier sagen können, was sie dachte. Als umso beengender hatte sie nach ihrer Rückkehr die Konventionen in England empfunden. Sie kehrte zum Thema Mary Havilland zurück. »Kannten Sie die Familie?«
    Rose zuckte mit den Schultern. »Ein bisschen. Ich mochte Mary sehr gern. Und deswegen war es sehr schwierig, den anderen mit Herzlichkeit gegenüberzutreten.
    »Sie waren zerstritten?«
    »O ja. Wissen Sie, Jenny – ihre ältere Schwester, Jenny Argyll – ist ihrem Mann und ihren Kindern vollkommen ergeben. Ganz wie es sich gehört.« Eine Mischung aus Verärgerung und Resignation zeigte sich auf ihrem Gesicht.
    »Wie es sich gehört?«, fragte Hester eilig.
    »Welche Wahl hatte sie denn?« Ein missbilligendes Lächeln spielte um Roses Lippen. »Ich habe keine Kinder, die von mir abhängig sind, dafür habe ich einen Mann, dem ich blind vertraue. Aber wenige Frauen sind vom Schicksal so begünstigt wie ich, und Jenny Argyll gehört mit Sicherheit nicht dazu.« Ein neuerliches Schulterzucken. »Ich nehme an, dass Alan Argyll einigermaßen vernünftig ist, aber wenn er Fehler hat, wird sie es natürlich vorziehen, sie nicht allzu deutlich wahrzunehmen. Und sie wird es nicht zu schätzen wissen, wenn ihre Schwester sie für sie aufdeckt, da sie es sich nicht leisten kann, sich damit auseinanderzusetzen. Für die Hilflosen ist Unwissenheit ein großer Trost.«
    »Und Mary … hat das getan? Die Fehler ihres Schwagers ans Licht gebracht?«, fragte Hester. »Dann waren sie entweder wirklich schwerwiegender Natur, oder sie war sehr grob.« Allmählich bekam das Bild, das sie im Kopf hatte, dunkle Schatten.
    »Ich weiß es nicht«, räumte Rose ein. »Wenn wir jemanden lieben, können wir natürlich Angst um ihn bekommen, sodass uns bisweilen unsere Klugheit abhandenkommt und wir ihn vor etwas warnen, was wir als Gefahr empfinden. Ob das tatsächlich so war, weiß ich nicht. Was ich weiß, ist, dass Mary ihr Verlöbnis mit Alans jüngerem Bruder, Toby Argyll, gelöst hat. Das hat sie mir offen gesagt.«
    »Offen?«, fragte Hester. »Heißt das, dass sie Ihnen auch erklärt hat, warum sie

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