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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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längs der Themse die Embankment hinunterfuhr, dachte er an Farnhams Forderung, dass er sich mit den Verbrechen auf dem Fluss befassen solle, was ja auch seine eigentliche Aufgabe war. Andererseits wusste er, dass Orme sich um alle üblichen Straftaten und Unfälle kümmern würde. Schmerzlich wurde ihm bewusst, dass Orme das ohnehin meistens tat und ihm mehr beibrachte als umgekehrt.
    Mary Havilland und Toby Argyll waren im Fluss gestorben. Hatte sie wirklich geglaubt, Toby und sein Bruder seien schuld am Tod ihres Vaters gewesen? Wenn das so war, hatte sie Toby möglicherweise absichtlich mit sich über die Brüstung gerissen, wie es Alan Argyll in seiner Erregung über den Verlust seines Bruders behauptet hatte. Wenn das stimmte, war es Mord.
    Musste Monk das wirklich in Erfahrung bringen? Oder war die Verdammnis nach dem Selbstmord nicht schon Strafe genug? Ob Mary Havilland verwirrt war oder nicht, jedes weitere Urteil über sie stand jenseits menschlichen Ermessens.
    Er hatte ihr Gesicht erst gesehen, als sie bereits tot war. Es war ihm stark und sogar schön erschienen. Aber wie hätte es auf ihn gewirkt, wenn es noch beseelt gewesen wäre? Wäre Mary ihm dann hässlich, ja, wahnsinnig vorgekommen?
    Er wollte sich noch einen Tag geben, um die letzten Zweifel auszuräumen, die ihn immer noch nicht zur Ruhe kommen ließen. Aber dann würde er Hester die Wahrheit sagen müssen, egal, wie traurig oder brutal sie war.
    Als er in Havillands Haus gewesen war, hatte er von allen Bediensteten nur mit Cardman gesprochen, der seinen Herrschaften treu ergeben war. Aber vielleicht würde er eine andere Geschichte zu hören bekommen, wenn er mit den anderen sprach, die dort noch nicht so lange arbeiteten und sich ohnehin bald eine neue Stelle suchen mussten.
    Es war ein grauer Tag, der Wind trieb einem Graupelkörner ins Gesicht. Monk war froh, als er das Haus erreichte und in die Küche gelassen wurde, wo ihm eine frisch gebrühte Tasse Tee und Madeira-Kuchen angeboten wurden. Der Grund für so viel Gastfreundlichkeit wurde ihm schnell offenbart.
    »Sie sind die Polizei, das Gesetz?«, fragte ihn die Köchin und hielt ihm ein zweites Stück Kuchen entgegen.
    Er nahm es an. Der Kuchen war hervorragend, und er hatte ihn bereits ausdrücklich gelobt. »Ja«, bestätigte er mit vollem Mund und einem leicht fragenden Ton, um sie zum Weiterreden zu ermutigen.
    »Können Sie uns sagen, was jetzt aus uns wird, Mr. Monk? Mr. Argyll ist wegen des Todes seines Bruders noch zu bestürzt, um sich um irgendwelche Angelegenheiten zu kümmern, und Mrs. Argyll muss am Boden zerstört sein wegen der armen Miss Mary. Es ist nur so, dass wir keine Ahnung haben, wie es jetzt mit uns weitergeht. Mr. Cardman und ich bleiben so lange, wie wir gebraucht werden. Aber den Mädchen und den Dienern müssen wir sagen, woran sie sind. Es ist nicht immer leicht, eine gute Stelle zu finden, und wenn man aus einem Haus kommt, wo eine solche Tragödie passiert ist, hilft das auch nicht gerade.«
    Er sah in ihr rundliches, besorgtes Gesicht und bemerkte, dass ihr Haar, das sie sich in einem losen Knoten nach hinten gebunden hatte, langsam ergraute. Sie gab sich alle Mühe, nicht gefühllos auf ihn zu wirken, aber ein Selbstmord im Haus war schon schädlich genug, und zwei konnten eine neue Anstellung fast unmöglich machen, auch wenn die Bediensteten nicht die geringste Schuld traf. Aus ihren Augen sprach Angst.
    »Ich weiß zu wenig darüber, Mrs. Plimpton, aber ich werde mich kundig machen und dafür sorgen, dass Sie so bald wie möglich informiert werden. Wir sind uns noch nicht sicher, wie es dazu kam, dass Miss Havilland in den Fluss stürzte...« Er unterbrach sich, als er die Gefühle in ihrem Gesicht sah. Es würde enormen Feingefühls bedürfen, ihr zu entlocken, was sie wirklich glaubte. Möglicherweise hatte sie es noch nicht in Worte gefasst, nicht einmal für sich selbst. »Oder Mr. Toby Argyll«, fügte er hinzu, ohne sie aus den Augen zu lassen.
    Er bemerkte ein wütendes Aufblitzen, das sie im nächsten Moment bereits wieder verbarg. Sie war eine Frau, deren Stellung im Leben es ihr nie erlaubt hatte, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Er erkannte eine Abneigung gegen Toby, die sie ihm nicht zu offenbaren wagte.
    »Danke, Sir«, sagte sie.
    Das war ihm eindeutig zu wenig. Er zögerte kurz. »Ich könnte mir vorstellen, dass Sie Miss Havilland lange kannten?«
    »Seit ihrer Geburt«, erwiderte Mrs. Plimpton mit belegter Stimme.
    Monk

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