Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
noch untersuchen.«
    »Und wenn wir in der Nacht, in der ihr Vater gestorben ist, jemanden gesehen haben, könnte das helfen?«
    »Ja.«
    Runcorns Augen ruhten mit unverändert sanftem Blick auf ihr.
    Hatte sie es bemerkt? Jedenfalls wandte sie sich wieder Runcorn zu, als hätte er, nicht Monk, zuletzt gesprochen und das Interesse der Polizei an dem Fall begründet. »Wir waren in dieser Nacht tatsächlich im Theater. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was gespielt wurde, aber das ist jetzt nicht so wichtig. Es ist in dem Moment aus meinem Kopf verschwunden, als ich am nächsten Morgen erfahren habe, was geschehen ist. Auf jeden Fall sind wir gegen halb eins in der Nacht heimgekommen und haben einen Mann aus den Stallungen gegenüber kommen sehen.«
    »Er ist nicht von dort gekommen!«, widersprach ihr Barclay mit verkniffener Miene. »Er war auf dem Fußweg und torkelte durch die Gegend. Er hatte sichtlich einen über den Durst getrunken. Ich habe keine Ahnung, wer das gewesen sein könnte. Darum kann ich Ihnen auch nicht sagen, wo er zu finden wäre. Aber das würde Ihnen ohnehin nichts nützen. Er sah ja nicht mal, wohin er lief. Mit einem solchen Zeugen kann sicher keiner etwas anfangen?« Sein Blick wurde finster, seine Miene noch abweisender. »Aber selbst wenn er gesehen hätte, wie Havilland sich die Pistole an den Kopf hielt und abdrückte, wem wäre damit gedient? Sie wissen ja, was geschehen ist. Haben Sie doch etwas Erbarmen und breiten Sie den Mantel des Schweigens darüber. Niemanden trifft die Schuld, und das alles hat nicht das Geringste mit uns zu tun.«
    Monk fror. Er und Runcorn standen immer noch im Freien, doch die äußere Kälte verhinderte nicht, dass er vor Wut kochte. »Es ist nicht auszuschließen, dass er sich nicht selbst tötete!«, sagte er scharf.
    »Seien Sie nicht absurd!« Barclay hatte seinen Zorn kaum noch unter Kontrolle. »Wollen Sie etwa behaupten, dass irgendein Verrückter sein Unwesen treibt und Menschen mitten in der Nacht in ihren eigenen Häusern erschießt? Hier?« Wie um sie zu schützen, legte er einen Arm um seine Schwester. Sie trat jedoch einen Schritt zur Seite. Ihr Blick blieb auf Runcorn geheftet.
    Und es war Runcorn, der Barclay antwortete, nicht so sehr, um ihm zu widersprechen, sondern um Melisande zu beruhigen. »Nein, Sir. Falls es sich um Mord handelte, dann wurde er sorgfältig geplant und durchgeführt und stand im Zusammenhang mit Havillands Arbeit. Niemand anderes braucht sich deswegen zu ängstigen. Wenn wir Recht haben, ist der Betreffende meilenweit von hier entfernt und hat nicht das geringste Interesse, noch einmal zurückzukommen und Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.«
    Melisande lächelte. »Danke. Und er kam wirklich aus der Remise. Er torkelte wie ein Betrunkener, und er sagte auch, er sei betrunken.«
    »Er hat etwas gesagt?«, rief Runcorn verblüfft. »Was war der genaue Wortlaut?«
    »Er hatte einen Fleck auf der Jacke.« Sie fasste sich an die Schulter. »Ungefähr hier. Ein ziemlich großer Fleck mit einem Durchmesser von vielleicht zehn Zentimetern und so dunkel, als wäre er noch feucht. Er bemerkte, dass ich ihn anschaute, wenn auch nur kurz. Das war wohl unhöflich von mir, aber es war doch merkwürdig, dass er ausgerechnet dort einen so gro ßen Fleck hatte. Er sagte, er wäre in der Remise über etwas gestolpert und hingefallen. Er« – sie strich sich über das Kleid, wie um etwas abzuwischen – »er sagte, er hätte nicht gewusst, wo hinein er gefallen sei, und er würde es sich lieber nicht vorstellen. Dann entschuldigte er sich und ging weiter.« Sie sah ihren Bruder an. »Wenn er in den Stallungen gestürzt wäre, hätte er nach Pferdedung gestunken.«
    Barclays Augen verrieten nicht nur Ekel, sondern auch Ungeduld. »Und ob er gestunken hat, Mel!«, fuhr er sie an. »Nach Schmutz und nach Pferdedung.« Er schüttelte sich. »Ich erfriere langsam hier draußen! Es gibt wirklich nichts mehr zu sagen. Gute Nacht, meine Herren!«
    Doch Melisande weigerte sich zurückzuweichen. »Aber das stimmt doch nicht!«, beharrte sie, ohne auf seinen anschwellenden Zorn zu achten. »Er stank überhaupt nicht. Er war ganz dicht vor mir. Er ging in einem Abstand von vielleicht einer Armeslänge an mir vorbei und roch nach nichts, außer vielleicht nach Schweiß und etwas... Süßlichem und noch etwas anderem, das ziemlich stark war, das ich aber nicht erkannte.« Erneut richtete sie die Augen auf Runcorn.
    Monk spürte seine wachsende

Weitere Kostenlose Bücher