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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjarne Reuter
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schon sein, aber hier habe ich zu bestimmen.«
    Franz gab keine Antwort, sondern schnappte sich Vibes Baskenmütze und schleuderte sie wie einen Frisbee durch die Kirche.
    Eva lehnte sich an die Wand und merkte, wie die vertraute Hitze sich in ihrem Rücken ausbreitete. Bald würde vor ihren Augen alles flimmern und sie würde sich setzen müssen. Sie wünschte, Franz Malbeck würde sich in Luft auflösen. Er stellte sie auf die Probe, forderte sie heraus, quälte und peinigte sie, morgens, mittags und abends, tagaus, tagein. Objektiv, dachte sie, ich muss objektiv sein, aber ich möchte wirklich nur verschwinden. Nur gibt es keine bösen Schüler, es gibt nur Abweichungen von der Norm, und ich muss objektiv sein, und was Franz Malbeck angeht, so ist das ein Zweikampf, und er wird erst aufhören, wenn er mich fertiggemacht hat.
    Eva legte sich eine Pfefferminzpastille auf die Zunge und setzte sich neben dem Eingang auf eine Bank. Dachte an den Tag, an dem sie Franz zum ersten Mal begegnet war. Sie war an ihrem ersten Arbeitstag nicht nervös gewesen, sondern froh und gespannt und voller Vertrauen, dass alles gut gehen würde. Die meisten Kinder warenlieb und das Gerücht über ihre einzigartigen Fähigkeiten schreckte sie nicht ab. Sie stand in der Aula der Schule und hörte sie singen und sagte nachher ihren Freundinnen, sie habe eine Klasse voller Engel bekommen. Aber da war eben dieser Franz Malbeck, der eine eigene Meinung zu dieser Angelegenheit hatte.
    Er hatte sie vor der Aula erwartet.
    Eva wusste es noch, als sei es erst gestern gewesen.
     
    Er tritt aus dem grünen Schatten der Kastanien.
    Zwei Tauben heben vom Dachfirst ab.
    »Moment mal.«
    »Hallo. Du bist Franz, nicht wahr?«
    »Du kannst es dir auch gleich abschminken, Bergman. Eine neue Frau Wagner wirst du nie.«
    »Das wird keine.«
    »Du bist nur ein schlechter Ersatz. Du reichst ihr nicht mal bis an die Knöchel. Verstehst du, was ich sage? Wir haben Maria Wagner geliebt. Alle, sogar Julius Blumendorph, haben sie geliebt und wir werden ihren Verlust niemals überwinden.«
    »Das war aber eine seltsame Willkommensrede.«
    »Wer hat gesagt, dass du willkommen bist?«
     
    Eva putzte sich die Nase und spürte, wie die Ruhe zurückkehrte. Bromsen war es sogar gelungen, die Jungen zur Raison zu bringen. Sie waren im Grunde ja auch in Ordnung. Abgesehen davon, dass sie niemals versuchthatte, eine neue Frau Wagner zu werden. Sie hatte sogar den genau entgegengesetzten Ehrgeiz gehabt, nachdem mehrere Schüler angedeutet hatten, dass sie ihre alte Lehrerin gefürchtet hatten. Gustav hatte mit Bettnässen erst aufgehört, als Eva gekommen war, und obwohl JB noch immer aus Kummer fraß, war das nichts im Vergleich dazu, was er zu Wagners Zeiten in sich hineingestopft hatte. Aber bestimmt waren Thomas und Gustav diejenigen, denen die Forderungen der alten Lehrerin am meisten zu schaffen gemacht hatten. So sehr, dass sie jeden Tag noch immer sechs Stunden übten. Nicht weil sie das so gern taten, und auch nicht, weil ihre Eltern das verlangten, sondern weil sie es nicht wagten, es nicht zu tun.
     
    Eva drehte sich um, als ihr Name gerufen wurde.
    Tineke fragte, ob sie und Vibe ebenfalls in den Bus gehen dürften.
    Eva schüttelte den Kopf.
    »Ihr geht zu Bromsen und hört euch seinen Vortrag an. Ihr werdet darüber einen Bericht schreiben. Deshalb sind wir schließlich hier.«
    »Können wir nicht einfach in die Stadt gehen?«
    »In die Stadt?«
    »Ja, da gibt es ein großes Einkaufszentrum. Echt, Eva.«
    »Wir sind nicht nach Gormsby gefahren, um uns in einem Einkaufszentrum herumzutreiben. Also ab mit euch. Vanessa, du kommst mit mir.«
    »Warum darf Betty in den Bus und wir nicht?« Tineke schlug die Arme übereinander. »Warum darf sie alles?«
    »Sie kümmert sich um Vanessa.«
    »Und du hältst wie immer zu ihr. Ich dachte, Lehrerinnen müssten ihre Schülerinnen alle gleich behandeln.«
     
    Bald darauf saßen sie auf einer Bank vor der Kirche. Vanessa, Betty und Eva. Vanessa war meistens ein wenig blass, aber jetzt sah sie fast fahl aus. Eva legte den Arm um sie und fragte: »Hast du Kopfschmerzen?«
    »Nein, mir ist nur ein wenig schlecht. Du musst etwas mit Franz und Gustav machen, immer hacken die auf Betty herum.«
    Betty sagte, das sei doch egal.
    »Aber sie sind so gemein, dabei hat Betty ihnen nichts getan. Und sie sorgen dafür, dass Vibe und Tineke mitmachen. Das sind vielleicht miese Kühe.«
    Eva lächelte Betty an.
    »Ist es schlimmer als

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