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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Hurerei am Hals wäre Frau Bleibtreus Eingabe bei Gericht vermutlich gleich zurückgewiesen worden, und wir hätten uns die Verhandlung sparen können.»
    «Daran lässt sich jetzt nichts mehr ändern. Wichtig ist nur, dass ich die Jungen finde.»
    «Dann hören wir uns mal ein wenig um – ich will schließlich auch wissen, wo diese unverschämte Bande geblieben ist.»
     
    Mina war mit Josef durch Duisburg geschlendert. Sie war unendlich stolz darauf, wie klug und erwachsen ihr jüngerer Sohn wirkte. Obwohl Emil zwei Jahre älter war, schien Josef viel vernünftiger.
    Schließlich kehrten sie in einem Café ein. «In Wien gibt es viele Kaffeehäuser», erklärte sie ihrem Sohn. «Ich hoffe, dass wir einmal Gelegenheit haben, die Stadt gemeinsam zu besuchen.»
    Sie kaufte ihm ein Stück Torte und bestellte noch zwei Kaffee. Sie hatte sich viel erzählen lassen von Josef, was passiert war in den Jahren, in denen sie fern von Ruhrort gelebt hatte. Dass Lina diesen Polizisten geheiratet hatte, wusste sie ja schon, aber dass ihre Schwester Inhaberin eines Damenmodegeschäftes war und als Kleidermacherin einen ausgezeichneten Ruf genoss, war ihr neu. Ihr Neffe Eberhard hatte also eine der Töchter des Barons von Sannberg geheiratet, und Guste würde bald Großmutter.
    Und dann erzählte Josef von seiner kleinen Cousine Carolinchen, Linas Patentochter. Sie stellte allerlei an, meist mit Oskar, dem Sohn von Linas Dienstmädchen Finchen. Mina wundertesich nicht, dass Linas Schwäche für das Personal immer noch nicht nachgelassen hatte. Wenn sie selbst für ihr Geld arbeitete, statt ihrem Stand gemäß wie eine Dame zu leben!
    «Dabei ist sie gut in der Schule, trotz der vielen Streiche», sagte Josef gerade.
    «Schule? Wer? Ich war gerade in Gedanken.»
    «Carolinchen. Sie kommt in diesem Jahr schon in die zweite Klasse, sie wird sieben im Herbst.»
    «Sieben?» Mina begann zu rechnen. In dem Jahr, als sie Ruhrort verlassen musste, hatte Aaltje wieder einmal ein lebensunfähiges Kind geboren, das kurz nach der Geburt gestorben war. Wenn das kleine Mädchen im Herbst Geburtstag hatte, dürfte sie höchstens sechs Jahre alt sein. «Bist du dir da sicher?»
    «Natürlich. Ich weiß doch, wie alt Carolinchen ist. Sie ist geboren, als du weggegangen bist, aber ich glaube, du hast sie noch gesehen.»
    «Ja, stimmt», sagte Mina und lächelte. «Aaltjes kleines Mädchen. Wie konnte ich das vergessen!»
    Mina zahlte und ging mit Josef zurück Richtung Oberstraße. Sie war plötzlich sehr schweigsam, tat aber, als würde sie Josef zuhören, der weiter von den Kaufmeisters erzählte.
    Viele Erinnerungen kamen in ihr hoch, auch an Dinge, an die sie sich lieber nicht erinnert hätte. Das kleine, zappelnde Ding, das Reppenhagen und seine Freunde damals hatten töten wollen. Als die Ruhrorter Polizei ihr Versteck gefunden hatte, mussten sie fliehen und hatten das Kind einfach zurückgelassen.
    Sie dachte nach. Lina, Lina musste es gefunden haben, sie war auch da unten gewesen. Und dann erinnerte sie sich daran, dass Aaltjes kleines Mädchen, das kurz nach der Geburt gestorben war, die rotblonden Haare seiner Mutter gehabt hatte. Carolinchens Haar, das war ihr schon aufgefallen, als sie sie in Ruhrort gesehen hatte, war dunkel und auffällig gelockt.
    «Aber sie ist ja Onkel Georgs Liebling. ‹Papamädchen›, sagt Tante Lina immer», erzählte Josef gerade.
    Papamädchen,
dachte sie. Sie selbst war auch ein solches Papamädchen gewesen, aber das war lange her. Und plötzlich blieb sie stehen. Er weiß nichts davon, fuhr es ihr durch den Kopf. Georg weiß es nicht.
    «Mutter, ist etwas?», fragte Josef.
    «Nein, nein, mir ist nur eine Sache eingefallen, die ich nicht vergessen darf.»
     
    Die Bande hatte es sich in dem neuen Haus bereits gemütlich gemacht. Es war früher eine Pension gewesen, aber der Besitzer hatte es verkaufen müssen. Der neue hatte Dauermieter gesucht und war erfreut, als diese Gruppe von Fremden auftauchte, die das ganze Haus samt Mobiliar mieten wollte.
    Die Mädchen, vier an der Zahl, hatten die kleinen Pensionszimmer bezogen, in den anderen hausten die Bandenmitglieder zu zweit oder zu dritt.
    Die beiden besten Räume, in denen früher der Pensionswirt lebte, hatten Mina und Kellerer für sich. Eine ältere Hure, die Kellerer gern auf solche Reisen mitnahm, wirtschaftete in der Küche.
    Als Mina und Josef zurückkamen, war es verdächtig still im Haus. Kellerer saß im Wohnraum und las die Zeitung.
    «Wo ist

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