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Das dunkle Netz der Lügen

Das dunkle Netz der Lügen

Titel: Das dunkle Netz der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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allen im Hause Kaufmeister heiß geliebt wurde, nicht zuletzt auch von ihm und Josef.
    «Sie war kein schlechter Mensch, bis sie damals auf diesen Maler Reppenhagen traf. Leichtfertig vielleicht, und vielleicht auch ein wenig verantwortungslos, was euch beide betraf, abersie glaubte, viel nachholen zu müssen, was ihr durch die Ehe mit eurem Vater entgangen ist. Und dann war sie plötzlich mit Reppenhagen auf der Flucht. Lebensumstände verändern uns, Emil. Die Armut in Brüssel, als euer Vater euch verlassen hatte, hat euch verändert. Und manchmal verändert sich ein Mensch auch zum Schlechten.»
    «Ich möchte das nicht glauben», sagte er leise.
    «Ich auch nicht, Emil. Sie ist mein Zwilling, wir sind Teile eines Ganzen. Aber ich kann die Augen nicht davor verschließen. Schon von dem Zeitpunkt an nicht mehr, als sie mich diesen Verbrechern ausgeliefert hat.»
    Er sah sie erstaunt an. «Dann ist das also wahr, was Onkel Robert mir erzählt hat?»
    «Dein Onkel würde dich niemals anlügen.»
    Er seufzte. «Ich habe Onkel Georg und Tante Aaltje wohl viel Unrecht getan.»
    «Ich fürchte, das hast du. Sie lieben euch beide wie ihre eigenen Kinder.»
    «Meinst du, ich darf mit Tante Aaltje reden?» Er sah sie hoffnungsvoll an.
    Lina lächelte. «Ich glaube, darüber würde sie sich sehr freuen.»
    «Dann   …» Er stand auf. «Dann gehe ich am besten gleich zu ihr.»
    «Tu das.»
    Nachdenklich sah Lina ihm nach. «Warte, Emil.»
    Er drehte sich wieder zu ihr um. «Du bist achtzehn, Emil, ein junger Mann. Und ein Mann muss lernen, Verantwortung zu übernehmen. Es wird Zeit, erwachsen zu werden.»
    Emil nickte. «Ich will es versuchen, Tante Lina.»
    «Niemand verlangt, dass du sofort alles richtig machst, mein Junge. Hier sind viele Menschen, die dir gern helfen werden. Dein Onkel Robert und ich zum Beispiel. Und ganzsicher auch Georg, wenn er wieder zur Vernunft gekommen ist.»
    Er nickte noch einmal, dann lächelte er plötzlich. Lina blickte ihm nach, wie er auf der Treppe nach oben verschwand. Sie hoffte, dass ihre Worte auf fruchtbaren Boden gefallen waren und so aus dem ganzen Drama vielleicht doch noch etwas Gutes entstehen konnte. Wenn nur Georg nicht so verdammt stur wäre!
     
    Hermann wachte auf, und um ihn herum war alles dunkel. Einen Moment fürchtete er sogar, er wäre vielleicht blind, aber dann sah er einen schwachen Lichtschein, der unter einer Tür hindurchzukommen schien. Sein Kopf schmerzte, besonders das Kinn, wo ihn Weingarts erster Schlag getroffen hatte, aber auch die Schläfe.
    Vergebens versuchte er sich zu bewegen, doch Weingart hatte ihn anscheinend verschnürt wie ein Paket, zudem noch geknebelt. Es war kalt hier, offensichtlich befand er sich in einem Keller.
    Plötzlich bemerkte er, wie der Lichtschein stärker wurde. Er stammte wohl von einer Lampe oder Fackel, denn er flackerte leicht. Die Tür ging auf – dann erkannte er die Silhouette von Uli Weingart.
    «Alles in Ordnung?», knurrte der.
    Hermann antwortete nicht.
    Weingart kam zu ihm und begann ihn aus einem Teil der Seile, mit denen er ihn gefesselt hatte, zu befreien und nahm ihm auch den Knebel ab.
    «Sei leise», zischte Weingart. «Die Bande ist hier ganz in der Nähe, es würde dir nicht gut bekommen, wenn dich einer von denen findet.»
    Hermann schloss erleichtert die Augen. Kellerer wusste nichts von ihm – gottlob! «Warum hast du mich dann überhaupthergebracht?», fragte er unter Husten, als er den Knebel los war.
    «Ich musste verhindern, dass du zur Polizei gehst. Und das werde ich auch weiterhin.» Weingart ging vor die Tür und kam mit einem Krug Wasser, einem Becher und etwas Brot zurück.
    «Hör zu. Kellerer will noch einmal zuschlagen hier in Ruhrort, und dann werden alle verschwinden. Ich nehme mir meinen Anteil und alles, was ich beiseitegeschafft habe. Ich hab schon eine Schiffspassage von Bremen aus gekauft. Amerika, verstehst du? Da kann er mich niemals finden.»
    Jetzt nahm er Hermann noch die Armfesseln ab. «Iss!», befahl er. «Wenn alles vorbei ist, werde ich dich wieder freilassen, das verspreche ich dir.»
    «Was ist schon ein Versprechen von dir wert», sagte Hermann verächtlich.
    «Sei vorsichtig, was du sagst.» Weingart war wütend. «Davon hängt nämlich ab, wie sehr ich dich gleich wieder zusammenschnüre.» Er beugte sich zu Hermann herunter. «Denk daran: Du bist tief unter der Stadt, hier unten sind der Greifer und seine Bande, niemand sonst. Wenn du also versuchst zu fliehen, wirst

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