Das dunkle Netz der Lügen
gedauert hat, bis es die Herrschaften erreichte.» Lina seufzte. «Es tut mir leid, Robert, aber ich kann Zita nicht länger beschäftigen. Jeder verdächtigt sie, alle wissen, dass sie für Anna eingestellt wurde.»
«Ja, da musst du ihr wohl kündigen», sagte Robert nachdenklich. Ihm war klar, dass die Diebe dadurch gewarnt sein würden. Aber was für eine Wahl hatte seine Frau?
«Glaubst du immer noch, dass sie noch in der Stadt sind?», fragte Lina, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten.
«Ich weiß es nicht. Zita ist noch da – das kann doch nur bedeuten, dass sie auch noch hier sind, oder?» Er runzelte die Stirn. «Eigentlich müsste ich sie ja festnehmen, wenn sie verdächtig ist. Meinst du, du kannst ihr gegenüber so tun, als glaubtest du diese Gerüchte nicht? Damit sie sich weiter sicher fühlt? Sie muss uns zu den Dieben führen, sonst fassen wir sie nie.»
«Ich werde mein Bestes versuchen, Robert. Aber es ist ein Spiel mit dem Feuer. Sie verdächtigen dich ja auch, die Sache meinetwegen zu vertuschen. Ich glaube nicht, dass der Bürgermeister das für gut befinden wird.»
«Meine Methoden werden immer kritisiert, so lange, bis sie Erfolg haben.» Er stand auf. «Ich werde mir mal Simon vorknöpfen.»
Während Robert sich auf den Weg ins Lager machte, rief Lina Zita zu sich.
«Zita, es fällt mir sehr schwer, dir das jetzt zu sagen», begann Lina. «Aber dir ist sicher aufgefallen, dass heute Nachmittag keine Anprobe mehr stattfinden wird.»
Zita nickte.
«Zita, ich sage es dir freiheraus: Die Kundinnen verdächtigen dich, den Dieben Hinweise auf die Beute zugetragen zu haben.»
Zita wurde bleich. «Aber …»
Lina lächelte kurz. «Ich sage nicht, dass ich das glaube. Aber es stimmt, dass alle, bei denen eingebrochen wurde, Kundinnen bei uns sind.» Sie machte eine Pause. «Aber es ist ja auch ganz natürlich, schließlich lassen alle reichen Familien ihre Kleider bei mir nähen.»
Sie seufzte. «So schwer es mir fällt, Zita – denn immerhin bist du meine beste Näherin –, ich muss dich leider bitten, deine Sachen zu packen und mein Haus zu verlassen.»
«Frau Borghoff, bitte … ich brauche die Arbeit doch», sagte Zita verzweifelt. Sie hoffte, Lina umstimmen zu können, doch nach einem Blick in ihre Augen wurde Zita klar, dass sie keinen Erfolg haben würde.
«Zita, wenn ich dich weiterbeschäftige, dann gefährde ich mein Geschäft.» Lina griff in ihre Schublade und zählte Zita ein paar Münzen hin. «Das ist der ausstehende Lohn. Ich habe auch noch etwas draufgelegt, weil du wirklich sehr gut gearbeitet hast.»
Ohne ein Wort nahm Zita das Geld. Tränen liefen ihr über die Wangen.
Sie ging in die Näherei, legte ihre derzeitige Arbeit, ein hellgelbes Sommerkleid, sorgfältig zusammen und packte ihre persönliche Habe ein.
Die anderen starrten sie entgeistert an. Susanna griff sie am Arm, aber Zita machte sich gleich los. Lina hatte sich in die hintere Tür der Näherei gestellt, durch die vordere verließ Zita nun die Werkstatt. Ihr Gesicht wirkte wie eine Maske, sie ging ohne ein Wort des Abschieds.
«Was ist los mit ihr?», fragte Grete. «Gab es eine schlechte Nachricht?»
«Die schlechte Nachricht ist, dass ich sie entlassen musste, Grete. Und ich fürchte, so bald brauchen wir keinen Ersatz für sie.»
Sie setzte sich zu den Näherinnen und erklärte ihnen die Lage. Die Mädchen waren blass, alle hatten Angst um ihre Arbeit.
«Glaubt mir, ich werde alles tun, damit es hier weitergeht wie zuvor», sagte Lina. Aber sie hatte nicht die geringste Idee, wie sie das anstellen sollte.
In der Küche machten Finchen und Antonie gerade den Abwasch. Noch konnte Finchen keine schweren Töpfe heben, aber nach und nach wurde der verheilte Arm wieder stärker.Und jetzt, da Rose mit anderen Dingen beschäftigt war, packte sie an, wo sie konnte.
Lina bat die beiden, ihre Arbeit zu unterbrechen und sich kurz zu ihr an den Küchentisch zu setzen.
«Hat eine von euch etwas von den Gerüchten um Zita gehört?», fragte sie.
Die beiden schüttelten den Kopf. Die Geschichte war ihnen ganz neu. «Alle wissen, dass wir es hier bei Ihnen gut haben und treu zu Ihnen stehen», sagte Finchen. «So etwas würden die anderen Dienstmädchen uns nie sagen.»
Lina erzählte, dass sie Zita entlassen habe und warum sie es trotz des Verdachtes nicht vorher getan hatte. «Es hilft dem Commissar vielleicht, den Dieben auf die Spur zu kommen, aber ich fürchte, ich habe mein Geschäft
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