Das dunkle Netz der Lügen
miteinander verbringen. Danach wirst Du mich nie wiedersehen, das verspreche ich.
Zum Zeichen Deines Einverständnisses trage bitte morgen das rote Kleid, das wir gemeinsam in Italien gekauft haben.
Dein Dich immer liebender
Ferdinand
«Das bedeutet doch, dass der Baron unschuldig ist, nicht wahr?», fragte Rose. In ihren Augen stand Hoffnung.
«Ja, ich denke, das bedeutet es.» Lina lächelte.
«Und die Gläser sind nie gespült worden …», fuhr Rose fort.
«Bitte?»
«Keiner hat sich um die Gläser im Salon gekümmert. Sie standen noch da, wie an dem Abend, als der Baron und seine Frau vom Ball nach Hause kamen. Ich dachte, ich sehe mir das Rotweinglas genauer an. Es ist ein dünner weißer Satz im Glas.»
«Schlafpulver.»
Rose nickte. «Ich habe alles so stehengelassen. Kein Glas verrückt und auch nicht den Staub auf dem Tisch weggeputzt. Sonst könnte doch jemand behaupten, man hätte es nachträglich dorthin geschafft.»
«Das war wirklich klug von dir, Rose.» Lina stand auf. «Mein Mann kommt gleich von der Arbeit. Ich glaube, er wird sich sehr über diesen Brief freuen.»
Als es dämmerte, kam Zita wieder aus ihrer Nische. Dies war die Nacht, in der die Greiferbande zuschlagen wollte. Wenn sie zu den Häusern ging, die beim letzten Mal verschont geblieben waren, dann würde sie schon auf irgendein Mitglied der Bande treffen, das sie zum Versteck führen konnte. Ihr Bündel ließ sie zurück, nur ihren kleinen Geldbeutel und einen dünnen dunklen Schal nahm sie mit.
Sie war vorsichtig, denn sie wusste, dass sie in der Neustadt der Polizei nicht so leicht entkommen konnte. Langsam ging sie die Straßen ab, versuchte sich zu erinnern, was für einen Dieb der beste Einstieg in ein Haus war, und hoffte zu entdecken, ob dort jemand gerade einbrach.
Als sie an der Gesellschaft «Erholung» vorbeikam, war die Hochzeitsfeier immer noch im Gang, und viele Männer hatten kräftig dem Wein zugesprochen. Die Mitglieder des Gesangsvereins, über alle Tische verteilt, versuchten ein paar Lieder anzustimmen, doch der Rausch half weder, die Texte zu behalten, noch die Töne zu treffen. Trotzdem hatten alle Spaß an dem falschen Gesang, und es wurde viel gelacht.
Jetzt war also eine gute Zeit, in die Häuser einzubrechen. Nicht ganz so gut wie am Maiball, als auch das Hauspersonal feierte, aber so geschickt, wie die Bandenmitglieder waren, würden sie auch diesmal reiche Beute machen.
Doch erst als es ganz dunkel war, fand sie endlich, was sie suchte. Drei Männer öffneten blitzschnell ein Hoftor und verschwanden zum hinteren Teil des Hauses.
Zita blickte sich sorgfältig um, und als sie sicher war, dass niemand sie beobachtete, schlüpfte auch sie durch das Tor in den Hof. Sie entdeckte Loiserl, der unten aufpassen sollte, während die beiden anderen über das Dach des Pferdestalls in den ersten Stock einzudringen versuchten.
Vorsichtig zog sie sich wieder zurück. Er hatte sie nicht entdeckt.
Zurück auf der Straße, suchte sie sich einen dunklen Hauseingang und wartete. Es dauerte nicht lange, da kamen die drei wieder heraus. Zita erkannte neben Loiserl noch Friedel, einen wortkargen Mann mit pockennarbigem Gesicht. Der andere, ein junger Bursche, war ihr noch nie begegnet. Er trug einen Sack über der Schulter, in dem sie Silberwaren vermutete.
Die drei machten sich schnell aus dem Staub Richtung Altstadt, Zita hatte Mühe, ihnen zu folgen. Sie fürchtete, in den engen Gassen könnte sie die Männer verlieren, so wie sie selbst dem Polizisten entkommen war. Ein-, zweimal sahen sie sich um, um sicherzugehen, dass ihnen niemand folgte, aber Zita gelang es jedes Mal, sich schnell zu verbergen.
Sie erinnerte sich plötzlich, dass dies genau der Weg war, den Kellerer gegangen war, als sie ihm folgte. Damals war er plötzlich wie vom Erdboden verschwunden, sie musste also nah bei den dreien bleiben. Hier irgendwo war der sichere Ort, von dem Uli gesprochen hatte.
Die drei verschwanden in derselben Gasse wie Kellerer, und Zita beeilte sich, ebenfalls um die Ecke zu biegen, und dann stand sie wie beim letzten Mal in einer menschenleeren schmalen Gasse.
«Verdammt», fluchte sie leise. Es war wieder passiert. Unschlüssig stand sie da, dann ging sie die Gasse ab und entdeckte ein leeres Haus, dessen Tür sogar offen stand. Vorsichtig untersuchte sie das Gebäude, stieg hinauf in den zweiten Stock, sah sogar nach der Kellerklappe im Küchenfußboden unten. Keine Spur von den drei
Weitere Kostenlose Bücher