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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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einen Moment später, einen Rucksack über die Schulter geworfen und einen der Schlafsäcke unter dem Arm.
    »Gute Idee«, sagte sie.
    Er stand unsicher vor ihr, nicht Jesse James auf der Flucht zur Grenze, sondern ein Kind, das zum ersten Mal ins Sommerlager fuhr. Sie schlang ihm den Arm um den Hals und zog sein Gesicht dicht an ihres. »Erstens«, sagte sie leise, »ich liebe dich. Zweitens, wenn du jemals die Hand gegen mich erhebst, schneide ich dir die Eier ab und verfüttere sie an die Fische. Und dann gehe ich nach Westen, und du siehst mich nie wieder. Verstanden?« Sie zog ihn noch näher an sich heran.
    »Ja«, wisperte er.
    Sie ließ ihn los. »Melde dich, wenn du in Sicherheit bist.« Sie reichte ihm die Tasche mit Lebensmitteln.
    An der Tür zögerte er. »Vielleicht …«
    »Hau ab«, unterbrach sie ihn. Er nickte. Trat hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Sie stand nicht am Fenster, um ihn wegfahren zu sehen. Randy konnte viel von Omen und Vorahnungen erzählen, von Pech und Glück. Sie wusste, dass Nachdenken und Planung den Unterschied zwischen Erfolg und Versagen ausmachten. Sie warf sich auf das Sofa und griff nach dem Aruba-Kissen. Sie musste gründlich nachdenken, wenn sie sie vor einer Katastrophe bewahren wollte.

15:55 Uhr
    Kevin polterte die Granitstufen zum Police-Departement von Millers Kill hinauf. Er wusste, dass Mark Durkee es für einen alten Kasten hielt, dessen Backsteinfassade seit der Erbauung vor über hundert Jahren nicht verändert worden war, aber Kevin richtete sich jedes Mal stolz auf, wenn er unter dem eingemeißelten Schriftzug hindurchtrat. In dem Wissen, dass er hierhergehörte. Seit seinem sechsten Jahr hatte er Polizist werden wollen, und wie viele andere Menschen konnten behaupten, dass sie ihren Traum lebten? Er riss sich die Mütze vom Kopf und kämpfte sich aus seiner Jacke, während er den Flur zum Mannschaftsraum hinunterlief.
    »Hey! Kevin!« Harlene. Er bog zum Büro der Telefonistin ab, wo sie auf ihrem verstellbaren, ergonomisch korrekten Drehstuhl von Aeron vor der Funkanlage thronte. Er hatte sich einmal getraut, sie zu fragen, warum sie ihrer Meinung nach einen Stuhl besaß, der zehnmal mehr gekostet hatte als jedes andere Möbelstück im Revier. Sie hatte ihn von unten angesehen – wie der Chief war er über einen Fuß größer als sie – und geantwortet: »Weil ich zehnmal mehr wert bin als jede Rotznase von der Polizeiakademie.«
    »Wo ist der Chief?«, fragte er und warf sich auf einen Stuhl. »Noch oben in Haudenosaunee?«
    »Das Geburtstagskind hat sich soeben gemeldet. Er ist auf dem Weg zur Rechtsmedizin. Mach’s dir nicht zu bequem«, sagte Harlene. »Lyle sucht dich. Er hat das Überfallopfer befragt, und sie hat ihren Angreifer identifiziert. Der Deputy will, dass du ihn zur Festnahme begleitest.«
    Kevin wurde warm ums Herz, wie eine aufsteigende Sonne in der Brust. »Ich?«
    Sie sah ihn über ihre Lesebrille an. »Randy Schoof war’s.«
    Die Sonne ging unter. »Du machst Witze.«
    »Ich wünschte, es wäre so.« Sie drehte sich von ihm weg und schaltete überflüssigerweise einen der Monitore ein. »Der Chief bat mich, Mark zum Dienst zu rufen, bevor wir von der neuesten Entwicklung gehört haben. Gott weiß, wer ihm sagen soll, dass sein Schwager ein Mädchen krankenhausreif geprügelt hat.«
    Randy Schoof. Er hatte auf der Eingangstreppe des Mannes gestanden und sich mit ihm unterhalten, ihn angelächelt, seine Aussage aufgenommen. Und die ganze Zeit hatte man ihn angelogen.
    »Nicht, dass einer von uns Zeit hätte, ihn zu trösten«, sagte Harlene gerade. »Alle müssen antreten, ob Dienst oder nicht. Auch die Teilzeitkräfte. Der Chief hat oben in Haudenosaunee was entdeckt. Denk an meine Worte.«
    Nein. Nicht angelogen. Er hatte die falschen Fragen gestellt. Und Schoof hatte seine Dummheit ausgenutzt. Gott sei Dank hatte Harlene ihn abgefangen, ehe er seinen Bericht abgeben konnte. Das hätte er nicht überlebt.
    »In all den Jahren in der Funkzentrale habe ich so etwas noch nicht erlebt. Ein Mord, eine Vermisste und ein Überfall an einem einzigen Tag? Das ist wie ein Zeichen der Apokalypse, genau das ist es.«
    Kevin rammte sich die Mütze auf den Kopf. »Ich bin dann weg.«
    »Pass auf dich auf!« Bei Harlene klang das wie ein Befehl.
    »Keine Sorge«, erwiderte Kevin. »Falls heute jemand verletzt wird, ich bin es bestimmt nicht.«

16:05 Uhr
    Randy Schoof befand sich auf dem Weg zum Lake George, als er die Sirene hörte. Ein

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