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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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du bist modern, zu deinem Beruf gehören Reisen und Partys und die Freuden des Kapitalismus. Ich bin eine Pastorin, die sich in einer Kleinstadt in den Adirondacks niedergelassen hat. Kannst du ehrlich behaupten, du könntest erkennen, wie ich in dein Leben passe? Oder du in meines?«
    Er hielt einen zweiten Finger hoch. »Unterschiedlicher Lebensstil. Noch was?«
    Ich liebe einen anderen. Etwas in ihrer Miene musste ihre Gedanken verraten haben, denn er hielt einen dritten Finger hoch. »Emotionale Komplikationen.« Er wedelte mit den Fingern in ihre Richtung. »Es ist wie das Ausloten einer beträchtlichen Investition, nicht?«
    »Gesprochen wie ein wahrer Kapitalist.«
    Er trank einen Schluck Wein. »Zwei Kandidaten, die um deine Investition wetteifern.«
    »Ich …«
    »Einer ist alt genug, um dein Vater zu sein, begraben in der Stadt, in der er geboren wurde und, ach ja, verheiratet.«
    Sie leerte ihr Glas und schenkte nach.
    »Der andere« – er breitete die Arme aus und zeigte sein geblümtes Hemd in voller Pracht – »ist gutaussehend, jugendlich – vergleichsweise –, amüsant, gebildet, hat ein gut gefülltes Konto und einen Beruf, der ihm eine gewisse Flexibilität des Wohnortes gestattet, während du die Leiter kirchlichen Erfolgs erklimmst. Oh, und er ist Single.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Und«, betonte er, »Anglikaner.«
    »Deine Vorzüge werden nur von deiner Bescheidenheit übertroffen.« Sie schob ihm die Flasche zu. »Du hast mir noch immer nicht verraten, ob das ein Antrag sein soll.«
    »Nein. Noch nicht«, korrigierte er sich. »Ich bin noch nicht sicher, ob du und ich auf lange Sicht zusammenpassen.« Sein Ton wurde schärfer. »Aber ich würde es gern herausfinden, ohne dass örtliche Gesetzeshüter mich an meiner Entfaltung hindern.« Sein Stuhl knarrte, als er sich erhob. »Ich gehe besser zum Hotel. Ich muss vor dem Essen noch einchecken und mich frisch machen. Soll ich dich nachher abholen?«
    Automatisch schüttelte sie den Kopf. »Nein, es ist doch Unsinn, zweimal in die Stadt und zurück zu fahren.«
    »Ich könnte warten, bis du dich umgezogen hast. Dann fahren wir gemeinsam zum Hotel.«
    »Nein, ich muss noch zur Reinigung und mein Kleid abholen. Und dann will ich noch eine Familie im Krankenhaus besuchen, mit der ich heute Nachmittag dort war, ehe ich hierher zurückkomme und mich fertig mache.«
    »In Ordnung. Dann bis nachher.«
    »Warte!« Sie stand auf. »Was – was sollte das alles?« Sie machte eine Geste mit der Hand, die den Tisch umfasste, die Gläser, den Nachhall ihres Gesprächs, das noch in der Luft hing. »Was hast du vor?«
    Er sah überrascht drein. »Ich habe gar nichts vor. Wir sind Freunde, stimmt’s?«
    Sie nickte.
    »Und wir können uns weiterhin gelegentlich treffen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Dann muss ich auch nichts tun. Außer warten.« Er trat näher. »Denn früher oder später wird dir die Entscheidung, die du getroffen hast, um die Ohren fliegen. Schlechte Investitionen tun das immer. Und wenn dieser Fall eintritt« – er lächelte –, »werde ich zur Stelle sein.«
    Sie dachte noch immer darüber nach, als sie seinen Wagen aus ihrer Einfahrt fahren hörte. Während ihrer Zeit am Priesterseminar in Virginia war sie mit niemandem ausgegangen. Jetzt waren im Verlauf des Nachmittags zwei Männer in ihrem Haus aufgetaucht, die sie wollten. Wer hätte gedacht, dass ein Klerikerkragen so aufreizend wirkte? Natürlich war keiner der beiden das, was man eine gesunde, vielversprechende Beziehung nannte. »Ist das einer Deiner kleinen Scherze?«, fragte sie. »Denn wenn Du mir eine Botschaft zukommen lassen willst, wie ich mein Leben führen soll, musst Du etwas deutlicher werden.«

17:40 Uhr
    Sie hätte einen Rechtsanwalt rufen sollen. Sie hätte ihnen sagen sollen, nein, sie dürfen das Haus nicht durchsuchen, sie dürfen nicht versuchen, irgendwelchen Mist zu finden, der ihren Mann mit Becky Castle in Verbindung brachte. Aber jetzt war es zu spät. Wenn sie nein sagte, wenn sie halt sagte, wenn sie Lyle MacAuley von oben herunterrief, wo sie ihn herumpoltern hörte und wo er Gott weiß was betrachtete, wüssten sie Bescheid. Wüssten, dass sie ihnen etwas vormachte. Dass sie wusste, was ihr Mann getan hatte, und deshalb vermutlich auch wusste, wo er sich aufhielt und wann er zurückkam. Ihre vermeintliche Unschuld und die Tatsache, dass Randy alle Beweise vernichtet hatte, waren ihre einzigen Trümpfe. Sie musste sie

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