Das Dunkle Netz Der Rache
Gerät ein. Eine Tabellenkalkulation erwachte zum Leben. Er ging erneut die Zahlen durch, als ob Heinzelmännchen ein bisschen kreative Buchhaltung erledigt haben könnten, während er schlief, aber dieses Glück war ihm nicht beschieden. Sie waren exakt dieselben Zahlen wie gestern Abend, wie gestern beim Treffen des Vorstands, wie sie gewesen waren, seit GWP Inc. Reid-Gruyn aufs Korn genommen und ein gewisses Interesse an der Übernahme des Betriebs gezeigt hatte.
Shaun hatte geglaubt, er wäre sicher. Er hatte angenommen, sie wären zu klein, um die Aufmerksamkeit der großen Jungs zu erregen. Zu spezialisiert. Ihr Profit zu gering. Das war es, was ihnen jetzt das Genick brechen würde.
»Wir behaupten nicht, dass uns die Vorstellung gefällt, an GWP zu verkaufen«, hatte Clyde McAllister während der Vorstandssitzung verkündet. »Aber wir müssen uns damit auseinandersetzen.« Er deutete auf die Kalkulationen vor ihm. »Wenn wir beginnen müssen, Pulpe aus Kanada zu importieren, fressen die zusätzlichen Kosten unseren Gewinn nach Steuern. In der nächsten Dürreperiode oder einer wirtschaftlichen Talfahrt müssten wir uns von der Substanz ernähren, um zu überleben. Wir müssen die Empfehlung aussprechen, das Übernahmeangebot den Aktienbesitzern vorzulegen.«
Wo waren die Vorstandsmitglieder, die durch Reifen sprangen, wenn ihr Vorsitzender es verlangte? Warum hatte er keine? Nur eine Gruppe von Männern und Frauen mit ernsten Mienen, Menschen, die ihn seit seiner Kindheit kannten, um Himmels willen, und ihm sagten, es sei ihre Verantwortung gegenüber den Aktionären. Die das Todesurteil über den Betrieb verhängten, den er von seinem Vater geerbt hatte, und dem Vater seines Vaters, und dessen Vater vor ihm. Seine Hand schloss sich um einen niedrigen Stapel Korrespondenz. Antworten von Handelsbanken aus New York, in denen sie eine Investition in abschreibungsfähige Anlagen ablehnten, es ablehnten, der Firma Kapital zu leihen, seine Anträge auf Firmenkredite ablehnten, die es ihm ermöglicht hätten, Aktien zurückzukaufen. Terry McKellan war seine letzte Hoffnung. Falls Shaun einen privaten Kredit erhielt, genug, um die Familienanteile von 49 auf 51 Prozent aufzustocken, konnte er die Übernahme aufhalten.
»Wenn nicht die Wälder von Haudenosaunee verkauft würden, Shaun.« Elaine Parkinson hatte das gesagt. »Wenn wir diese Pulpequelle nicht verlieren würden, müssten wir diesen Schritt nicht erwägen. Aber die neuen Zahlen stimmen nicht.«
Er hatte einst eine Science-Fiction-Geschichte gelesen, in der ein Mädchen sich in einem Raumschiff versteckt hatte, das Medikamente zu einem weit entfernten Planeten transportierte. Das Schiff hatte gerade ausreichend Treibstoff getankt, um es zu schaffen – ohne das zusätzliche Gewicht des Mädchens. Deshalb hatte der Pilot sie durch die Luftschleuse geworfen. Er hatte es bereut und alles, aber es war das Beste für viele im Gegensatz zum Besten für einen Einzelnen. Der Titel der Geschichte »Die nüchterne Gleichung«. Das war es, was ihn am Genick hatte: nüchterne Zahlen. Schätzkosten für aus Maine importierte Pulpe, aus Kanada, aus den nördlichsten Randbereichen des Staates New York. Kalte Gegenden, in denen die Wälder sich ungestört über Millionen Morgen erstreckten und Holzfäller mitten im Winter hineinfuhren, damit ihre Maschinen nicht auf den schlammigen Wegen steckenblieben. Gegenden, die er mit dem Flugzeug in einer Stunde, zwei oder drei erreichen konnte. Aber Holz kann man nicht ausfliegen. Man schleppt es, Zoll für Zoll, und jeder Schritt der Strecke kostet: Steuern, Versicherung, Arbeitsstunden, Treibstoff.
Seine Vorstandsmitglieder hatten die nüchternen Zahlen gelesen. Und sie waren bereit, Reid-Gruyn durch die Luftschleuse zu werfen.
Er zog eine Schublade auf und schob die höflichen Absagen hinein. Er schaltete den Laptop aus. Zeit für die Dusche. Zeit, die teuersten Freizeitklamotten anzuziehen – kein Anzug; er wollte wohlhabend wirken, nicht verzweifelt – und den Zuständigen für Firmenkredite der AllBanc zu treffen. Seine letzte Chance. Im Türrahmen blieb er stehen: Ich halte nach der Schaufel Ausschau. Inzwischen pausenlos.
8:00 Uhr
Sie zählte die Ausfahrten, während sie daran vorbeifuhr. Tuxedo. Half Moon. Clifton Park. Saratoga Springs. Jede Meile, die Becky Castle zwischen sich und Albany legte, war wie eine weitere Last, die von ihr abfiel. Sie fuhr über das Wochenende nach Hause. Heim in die Berge. Sie
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