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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Umgebung ausgeblendet.
    Aber jetzt war es hell. Plötzlich war ihr ihre Lage wieder bewusst. Ihre Arme waren taub. Ihre Hüfte schien gequetscht, ihre Nackenmuskeln waren verkrampft und schmerzten. Ihr Magen knurrte. Sie musste pinkeln.
    Sie wälzte sich über den Holzboden, wickelte sich aus den Decken, die sie umhüllten. Sie trug eines ihrer Flanellhemden und Jogginghosen, aber es war ihr ein Rätsel, ob sie selbst sie angezogen hatte oder jemand anders. Sie trug Socken und Wanderschuhe, und ihre Knöchel waren mit in Achterbahnen geschlungenem Paketband aneinandergefesselt. Vermutlich dasselbe Zeug, das ihren Mund verklebte und ihre Hände hinter ihrem Rücken festhielt. Irgendwie hatte sie etwas Exotischeres erwartet. Nicht die Grundausstattung des kleinen Heimwerkers.
    Sie drehte sich auf den Rücken und spannte ihre Bauchmuskeln an. Langsam kam sie in eine sitzende Position hoch. Sie zitterte vor Anstrengung und atmete durch die Nase. Wenn sie nur auf die Füße käme … sie versuchte vorwärtszurollen, aber sie konnte die Knie nicht weit genug spreizen. Sie schaukelte hin und her, bis sie wieder das Gleichgewicht verlor, aber sie konnte ihre Füße nicht unter sich ziehen. Tränen der Enttäuschung brannten in ihren Augen. Sie wälzte sich herum, spannte die Muskeln an und schaffte es, sich erneut aufzusetzen.
    Sie befand sich in einem kleinen Raum. Zelle. Leer, bis auf den Deckenhaufen, der sie warm gehalten hatte, und einen Zwanzig-Liter-Eimer. Sie konnte sich denken, wofür er bestimmt war. Die Wand links von ihr bestand aus Pfosten und Balken mit einer kleinen, soliden Tür in einem massiven Sturz. Die andere Wand beschrieb einen perfekten Halbkreis, der verputzte Stein durchbrochen von drei … Schießscharten. Ein Turm. Ein steinerner Turm. Sie war die Gefangene des Sheriffs von Nottingham. Hinter ihrem Paketbandknebel begann sie zu lachen. Sie lachte und lachte, bis sie nur noch stoßweise atmen konnte und mit geblähten Nüstern keuchte, nach Sauerstoff rang.
    Schließlich beruhigte sie sich. Von der Anstrengung und ihrer Panikattacke war sie schweißgebadet. Sie verdrehte ihre Handgelenke, in der Hoffnung, dass die Haut mittlerweile glitschig genug war, um das Paketband abstreifen zu können. Nichts. Sie schnaubte angewidert. Zumindest war ihr jetzt warm.
    Dann sah sie sich wieder um. Die Steinwände, die Schießscharten. Ihr wurde klar, wo sie sich befand. Und plötzlich wurde ihr sehr, sehr kalt.

6:45 Uhr
    Links. Rechts. Links. Rechts.
    Clare zwang sich zu einem gleichmäßigen Tempo, ihr Kopf drehte sich methodisch, während sie die unglaublich steile Böschung hinaufstieg. An einem schönen frostigen Novembermorgen durch den Wald zu wandern war großartig. Es war die Suche, die, nun ja, langweilig war. Nach einer Stunde hatte sie die Vorstellung aufgegeben, jeden Moment über eine tränenüberströmte dankbare Millie van der Hoeven zu stolpern. Sie musste sich eingestehen, dass sie zu ungeduldig war, um einen guten Sucher abzugeben.
    Um das auszugleichen, drehte sie mit mathematischer Präzision den Kopf nach allen Seiten. Alle fünf Minuten rief sie laut: »Millie? Millie van der Hoeven?« Sie bemühte sich, sich darauf zu konzentrieren, wo sie sich befand und warum, anstatt sich Sorgen wegen des morgen anstehenden Besuchs des Bischofs zu machen. Alles würde wunderbar laufen. Glenn Hadley hatte das Holz gewachst, bis man sich nicht mehr an das Altargitter lehnen konnte, ohne zu Boden zu rutschen. Heute kam die Altarzunft, um das Silber zu polieren – o Gott, der verschlossene Schrank. In dem das gute Zeug lag. Sie dachte an den kleinen Schlüssel, der an ihrem Bund hing. Der in ihrem Wagen lag. Besaß Judy Morrison einen Zweitschlüssel?
    Das Kratzen und Zerren des Dickichts riss sie in die Gegenwart zurück. Sie nahm den Weg des geringsten Widerstandes durch das Unterholz, aber ein Brombeergestrüpp zwang sie, stehenzubleiben. Sie wich aus und schlug sich durch schenkelhohen, braunen, trockenen Farn dorthin durch, wo die Bäume höher waren und die Vegetation weniger dicht schien. Das war lächerlich. Niemand würde sich mitten in der Nacht diesen Hügel hinaufkämpfen. Selbst wenn sie meinte zu wissen, wohin sie ging.
    »Millie? Millie van der Hoeven?« Es war noch nicht einmal sieben Uhr, und sie war schon total verdreckt, ein Bein voller Schleim, weil sie auf verrottenden Blättern ausgerutscht war; ihre Kleidung hing voller Kletten und Pflanzensamen, die sich in einem letzten Versuch

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