Das Dunkle Netz Der Rache
sagte Becky.
Bonnie schoss auf dem Stuhl herum. »Himmel, was machst du denn hier?«
»Ich bin auf dem Weg zu Mom und Dad.« Becky schob einen Stapel gefaltete Stoffbahnen zur Seite und machte es sich auf der Wandbank bequem. Der leuchtende Stoff, der Sonnenschein und die Gemütlichkeit des Zimmers hoben ihre Laune. Sie lächelte selbstgefällig. »Ich werde heute Abend bei der Unterzeichnung der Landübertragung von Haudenosaunee dabei sein.«
»Glaub mir, Mom redet über nichts anderes mehr. Genau wie Dad.«
»Ist er immer noch sauer auf mich?«
»Wer weiß? Er reißt sich wegen des Verkaufs des Holzhandels die letzten Haare aus. Aber gleichzeitig prahlt er ständig mit unserem Collegemädchen.« Bonnie wandte sich wieder der Nähmaschine zu. »Achte auf die Vorhänge, wenn du mit den oberen Zehntausend tafelst. Sind alle von meiner bescheidenen Wenigkeit.«
»Du nähst die Vorhänge für das neue Hotel?«
»Linda Van Alstyne hat den Auftrag bekommen. Außer mir arbeiten noch zwei andere Näherinnen daran.«
»Sollten die nicht schon längst fertig sein? Ich meine, heute Abend ist doch die große Eröffnung.«
Bonnie sah sie schräg von der Seite an. »Danke für den Hinweis. Ja, sie sollten längst fertig sein. Ich muss mindestens zwei Wagenladungen zum Spa fahren und außerdem noch Pat zu Ma bringen.«
»Ich kann ihn mitnehmen.«
»Wirklich? Das würde mir eine halbe Stunde sparen.«
»Sicher. Ich habe erst später am Tag was vor.« Sie öffnete den Mund, um ihrer Schwester von ihrem Anteil an der Haudenosaunee-Landübertragung zu erzählen, dann klappte sie ihn wieder zu. Ihre Schwester musste sich ständig anhören, was ihre Eltern von Becky hielten. Damit zu prahlen, wie toll sie war, wäre uncool. Sie musste sensibler auf die Position ihrer Schwester reagieren. Wie Millie, die immer darauf achtete, die Aufmerksamkeit von der Tatsache abzulenken, dass ihre Familie reicher war als Krösus. Millie.
»Ich habe heute Morgen versucht, Millie anzurufen. Sie ist verschwunden.«
Bonnie zog die Brauen hoch, ohne den Blick von der Rohseide abzuwenden, die unter der Nadel entlangglitt.
»Die Haushälterin sagt, sie sei gestern Abend zu einem Spaziergang aufgebrochen und hätte sich verirrt. Der Rettungsdienst sucht nach ihr.«
»Was soll der Aufstand?« Bonnie hielt die Nähmaschine an. »Vermutlich ist sie irgendwo da draußen mit einem Rucksack auf dem Buckel. Falleri, fallera.« Sie zog den Vorhang zu sich heran und schnitt die Fäden ab.
»Sie würde nicht einfach so abhauen. Nicht am wichtigsten Tag …« Becky brach ab, ohne den Satz zu beenden – meiner Karriere.
»Ganz genau das würde ihr absolut ähnlich sehen. Dieses Mädchen ist so zuverlässig wie eine Bergziege.«
»Das stimmt nicht. Sie übernimmt die Verantwortung für ihren Bruder Eugene. Sie will, dass er zu ihr nach Montana zieht.« Becky ergriff den Saum des Vorhangs, hob ihn hoch und drückte ihn ihrer Schwester in die Hände. »Warum magst du Millie nicht?«
»Das stimmt so nicht. Ich halte sie nur für ein verwöhntes kleines reiches Mädchen, und ich glaube, dass sie einen schlechten Einfluss auf dich ausübt.«
»Auf mich?« Sie und Bonnie ergriffen die Vorhangkanten und hoben ihn hoch. Sie trafen sich in der Mitte.
»Sie kann es sich leisten, ihr Leben auf Bäumen zu verbringen, um alte Wälder zu schützen, und quer durch das Land zu allen möglichen Protestmärschen zu reisen. Sie muss kein Geld verdienen. Aber du schon.«
»Ich habe eine Stelle! Eine gute. Ich bin krankenversichert!«
Bonnie faltete den Vorhang über ihren Arm und legte ihn auf einen Stoffstapel gleicher Farbe. »Nach dem College hast du zwei Jahre von der Hand in den Mund gelebt, indem du den Schiffen von Greenpeace gefolgt bist, Einladungen zu Spendengalas in Umschläge gestopft und Bewilligungen für durchgeknallte Zurück-zur-Natur-Gruppen getippt hast. Haben Mom und Dad dafür all die Opfer gebracht, um dich zur Uni schicken zu können? Sie wollten, dass es dir einmal bessergeht.«
»Mir gefällt mein Leben. Meine Arbeit ist wichtig für mich und meine Umwelt. Ich verdiene genug, um so zu leben, wie ich es möchte. Ich brauche nicht viel Geld oder irgendwelche Sachen.«
»Ach, werd endlich erwachsen!« Bonnie wirbelte herum. »Patrick! Wenn du jetzt noch nicht angezogen bist und dein Bett nicht gemacht hast, darfst du nie wieder fernsehen!« Sie drehte sich zurück zu Becky. »Eines Tages wirst du heiraten und Kinder bekommen. Glaub mir, wenn
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