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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Eröffnungszeremonie für den »neuen« Damm ins Sonnenlicht blinzelten, mittlerweile siebenundvierzig Jahre alt und rasch alternd. Die Fotos seines Highschool-und Universitätsabschlusses. Ohne Auszeichnung. Er war nie ehrgeizig gewesen. Hatte er auch nicht sein müssen. Dagegen trug Jeremy auf seinem Foto nicht nur Talar und Barett, sondern auch Goldschleifen und Auszeichnungsquaste. Selbst damals hatte sein Sohn sich schon auf die Flucht vorbereitet.
    Neben dem Abschlussfoto seines Sohnes hing ein gerahmter Zeitungsausschnitt mit einem Bild von Shaun und Russ Van Alstyne bei dem Forellenwettfischen von 1968. Sie hielten ihren Siegesfisch hoch und hatten einander die Arme um die Schultern gelegt. Im Jahr danach war Russ fortgegangen und erst nach einem Vierteljahrhundert zurückgekehrt. Seit er Polizeichef geworden war, hatte Shaun ihn ein paarmal bei Rotarieressen und Stadtversammlungen getroffen. Sie hatten nichts mehr gemeinsam. Es lag nicht an Russ. Shaun hatte mit vielen Menschen, die er in der Highschool Freunde genannt hatte, nicht mehr viel gemeinsam. Sie waren zu Verkäufern und Milchbauern herangewachsen oder hatten endgültig die Stadt verlassen. In Millers Kill gab es nicht viele Erfolgsgeschichten, nicht in der Klasse von ›69.
    Er warf sich auf das Sofa, das Courtney für ihn gekauft hatte. Weiches Leder, so bequem wie ein alter Handschuh. Er hatte sich mit Händen und Füßen gewehrt, aber als das alte Sofa – 1964 von seiner Mutter ausgesucht – erst einmal fortgeschafft und das neue aufgestellt worden war, fragte er sich, warum er die harten Sitze und den rauhen Bezug so lange akzeptiert hatte. Vielleicht wäre es mit dem Verkauf der Firma dasselbe. Nachdem GWP sie erst einmal geschluckt hätte, würde er sich fragen, warum er so einen Aufstand gemacht hatte.
    Klar. So wie die Opfer der Borgs in Raumschiff Enterprise nie einen Aufstand machten: Sei bereit, dich anzupassen.
    Ein Klopfen an der Tür. Er rollte sich von der Couch, als sich die Tür öffnete und Jeremy den Kopf hereinsteckte. »Hey! Störe ich?«
    »Was willst du denn hier?« Shaun klang barscher, als er beabsichtigt hatte.
    Jeremy betrat das Büro. »Ich hab dich gesucht. Du warst nicht zu Hause, und dein Trophäenweibchen ist in der Kirche, wo konntest du also anders sein als im Allerheiligsten, dem Büro.«
    Shaun überhörte den Seitenhieb auf Courtney. »Wenn du das Laufburschenstadium jemals hinter dir lassen möchtest, könntest du es ja auch mal mit ein bisschen Arbeitsmoral versuchen. Viele Stunden Arbeit in diesem Büro haben dein Studium finanziert.«
    »Und mein Jahr in London und mein Auto. Vergiss das nicht, Dad.« Jeremy lächelte falsch.
    Shaun rammte die Hände in die Hosentaschen, um nicht die Fäuste zu ballen. So lief es ständig zwischen ihnen. Gretchen, Jeremys Mutter, sagte immer, sie seien sich zu ähnlich. Shaun konnte das nicht erkennen. Mit fünfundzwanzig Jahren war er Ehemann und Vater gewesen und hatte fünfzig bis sechzig Stunden die Woche für Reid-Gruyn gearbeitet. Jeremy war ein besserer Hausmeister, der außerhalb des Büros ständig einen draufmachte. Das Einzige, was sie gemeinsam hatten, war ihr Aussehen: Beide waren groß und knochig, Shauns ausgeblichene sandfarbene Haare die Überreste von Jeremys aggressiv rostroten.
    »Noch einmal, was willst du hier?«
    »Ich wollte wissen, ob du mich heute Abend brauchst, um deine Pfade zu ebnen. Ich kann dir Sitze am GWP-Tisch besorgen, wenn du möchtest.«
    »Nein danke.«
    Jeremy verdrehte die Augen. »Dad, es ist in deinem Interesse, mit den Typen zu reden. Falls die ein Angebot für die Firma machen, hängt deine Zukunft von ihnen ab. Ich sage dir immer wieder, dass harte Arbeit heutzutage nicht mehr ausreicht. Man muss über den Tellerrand gucken, Beziehungen knüpfen, sich ranschmeißen. Persönliche Beziehungen sind wichtig.«
    »Das weiß ich! Was glaubst du, warum, zum Teufel, ich die ganzen Jahre zu diesen Treffen der Rotarier und der Handelskammer marschiert bin?«
    »Ooooh, die Rotarier.« Jeremy wechselte vom Falsett in seinen normalen Tonfall. »Dad, wenn du sie beeindruckst, hast du die Chance, innerhalb der GWP-Strukturen großen Einfluss zu gewinnen. Dem Trophäenweibchen würde das bestimmt gefallen.«
    Shaun funkelte seinen Sohn wütend an. »Nenn deine Stiefmutter nicht so.«
    »Sie ist nur fünf Jahre älter als ich, Dad. Ich sage nicht Mom zu ihr.« Jeremy warf sich auf das Sofa, in exakt derselben Haltung wie Shaun kurz

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