Das Dunkle Netz Der Rache
Er hat noch heute Morgen vorbeigeschaut, um mit mir über das Bankett heute Abend zu reden. Meine Frau und ich nehmen auch daran teil.«
»Tun Sie das? Ausgezeichnet.« Van der Hoeven beugte sich zum Rücksitz und zog eine Kiste heraus. Shaun hörte Flaschen klirren. »Ich versuche, die hier rechtzeitig zur Feier heute Abend ins Hotel zu schaffen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie hinbringen könnten.«
Ich wäre Ihnen dankbar. Shaun setzte sein freundlichstes Lächeln auf. »Aber selbstverständlich. Gern.« Er nahm van der Hoeven die Kiste ab und wandte sich zu seinem Mercedes. Er war überrascht, als er weiteres Klirren hörte. Er drehte sich um. Van der Hoeven holte eine zweite Kiste Wein aus dem LandCruiser. Der jüngere Mann bedeutete Shaun mit einem Nicken, voranzugehen.
Das ist surreal. Der blendende Sonnenschein nach der Dunkelheit der Garage ließ seine Augen tränen. Er hatte seine Schlüssel steckenlassen, und statt sie zu holen, um den Kofferraum aufzuschließen, öffnete er lieber die hintere Tür auf der Beifahrerseite und schob die Kiste auf den Rücksitz. Van der Hoeven setzte die zweite Kiste neben der ersten ab.
»Demnach beliefern Sie die Feier mit Chateau van der Hoeven, obwohl Sie behaupten, es werde keinen Landverkauf geben?«
Der jüngere Mann errötete, nur eine Gesichthälfte, und wandte den Kopf nach rechts. »Sie bekommen unseren Wein. Nicht unser Land.« Er trat zurück. »Ich danke Ihnen. Und jetzt muss ich mich von Ihnen verabschieden.« Er drehte sich um und lief zur Garage, ließ Shaun stehen wie einen Botenjungen, dessen Lieferschein unterschrieben war.
»Aber …«, sagte Shaun.
»Danke«, warf van der Hoeven über die Schulter.
Wie ein Mann in einem Traum schlug Shaun die Tür zu, ging um das Heck und öffnete die Fahrertür. Er ließ den Wagen an und schaute ein letztes Mal hinüber zur kalten Dunkelheit der Garage. Van der Hoeven war nicht mehr zu sehen. Er legte den Gang ein und kurvte in Richtung Privatweg um die Auffahrt. Was, zum Teufel, war da eben passiert? Konnte es sein, dass van der Hoeven die Wahrheit sagte? Waren die Sorgen, die er sich wegen einer Quelle für Pulpe gemacht hatte, im Handumdrehen vorbei? Es schien unglaublich. Und warum sollten die van der Hoevens auf die Millionen verzichten, die ihnen der Handel einbrachte? Mit Sicherheit nicht, weil der Auftritt auf dem Aktienmarkt all ihre Geldsorgen beseitigt hatte.
Es sei denn … sein Fuß hob sich vom Gaspedal, während der Gedanke Gestalt annahm. Es sei denn, die van der Hoevens und GWP hätten beschlossen, die Adirondack Conservancy Corporation auszubooten. Der Kaufpreis, der an die Familie gezahlt wurde, orientierte sich am Wert des Landes, aber dieser Wert musste nach unten angepasst worden sein, um GWP dafür zu entschädigen, dass die Nutzungsrechte an die ACC übertragen wurden. GWP wäre nur dem Namen nach der Besitzer. Jeder mögliche wirtschaftliche Nutzen des Landes – Geld aus den Rohstoffen, Geld aus der Erschließung – würde der Adirondack Conservancy Corporation zufallen. Und die ACC würde nichts daraus machen. Sie würde keinen roten Heller an Haudenosaunee verdienen.
Aber was, falls GWP beschlossen hatte, sämtliche Rechte zu behalten? Mit ihrem Geld und den Lobbyisten in Albany konnten sie sich die Zustimmung zu jeglicher »ökologisch sensiblen« Erschließung rund um die Seen und Berge innerhalb des weiten Landes von Haudenosaunee kaufen.
Himmel. Das Geld aus dem Holzabbau war gar nichts. Teufel, ein Jahresgewinn, fünf Jahresgewinne von Reid-Gruyn waren im Vergleich zu dem Geld, das man mit Baulanderschließung in diesem Maßstab machen konnte, nur wie Wechselgeld an einem Limonadenstand.
Shaun hatte die Landstraße erreicht. Er sah nach links und rechts. Die Luft war rein. Sollte er nach Hause schleichen, als Lohn seiner Mühen nicht mehr in der Hand als ein paar Flaschen Wein?
Er wendete den Mercedes in einer engen Dreipunktkehre, bis er mit der Schnauze wieder in Richtung Haudenosaunee stand. Er trat aufs Gaspedal. Er erwog, wie die Chancen standen, in van der Hoevens LandCruiser zu krachen, wenn der ihm auf dem Weg entgegenkam, wenn Eugene zu seiner Schwester eilte. Einen Versuch war es wert. Ein Zusammenstoß würde den Mistkerl so lange aufhalten, wie ein Abschleppwagen für die Fahrt aus der Stadt und das Freiräumen des schmalen Wegs brauchte. Und falls Shaun ihm in dieser Zeitspanne nicht die ganze Geschichte aus der Nase ziehen konnte, würde er ihm zum
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