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Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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nichts mit ihr zu tun.«
    »Gut, in Ordnung.« Mike nickte befriedigt. »Du warst mit mir zusammen.«
    Perfekt. Auf dem Weg zu Lisa würde er an dem Holzweg vorbeifahren, wo er Becky Castle zurückgelassen hatte. Nachsehen, was los war. Sollte jemand dort sein – er hatte eine verschwommene Szene aus CSI vor Augen, mit Feuerwehr und Krankenwagen und Bullen –, würde er einfach weiterfahren. Falls sie noch dort war … würde der Anblick eines Jägers, der mit leeren Händen aus den Wäldern kam, niemandem ungewöhnlich erscheinen.
    Sie bogen in Mikes Einfahrt und hielten an. Der steif werdende Hirsch sackte gegen die Seile, als sei er erleichtert, endlich seine letzte Bestimmung erreicht zu haben.
    »Hey, kann ich mir deine orangefarbene Ersatzweste leihen? Und die Handschuhe?«
    Mike wirkte überrascht. »Willst du in die Wälder?«
    »Lisa arbeitet oben in den Bergen. Ich schätze, Vorsicht kann nicht schaden.«
    Mike öffnete die Tür und schob sich aus dem winzigen Sitz. Er streckte sich und tätschelte voller Zuneigung den Rumpf des Hirsches. »Da hast du recht. Bei einigen Typen, die da oben rumwandern, kann man gar nicht vorsichtig genug sein.«

12:50 Uhr
    Zu Shauns Überraschung kam Eugene van der Hoeven ihm auf seiner riskanten Rückfahrt nach Haudenosaunee nicht entgegen. Er fuhr röhrend auf die Zufahrt und parkte. Als er aus dem Auto stieg, sah er, dass das Garagentor wieder geschlossen worden war. Zum Teufel, was ging hier vor? Der Mann hätte nicht wegfahren können, ohne Shaun zu begegnen.
    Existierte ein anderer Weg zur Landstraße? Shaun musterte die freie Fläche zwischen Garage und Haus. Eingerahmt von den Strünken und Rankhilfen in den kahlen Beeten blieb genug Platz, um ein Fahrzeug hindurchzusteuern; ein Pfad führte hinter Haus und Garten in die Wälder. Er warf einen Blick auf seinen Mercedes und korrigierte sich: ein Geländefahrzeug mit Allradantrieb.
    Er lief über den Kies und spähte durch die spinnwebverhängten Scheiben an der Seite der Garage. Der LandCruiser war noch dort. Er blickte zur Veranda. Beim Anblick der leeren Fenster kam ihm der Gedanke: Niemand zu Hause. Umgehend verließ er die Garage und eilte den Pfad entlang. Wenn er Wissenschaftler wäre, würde er überall nachsehen, um herauszufinden, wo van der Hoeven steckte. Aber Shaun war Geschäftsmann und, wie er ohne Prahlerei von sich behaupten konnte, geübt darin, Entscheidungen auf Grundlage weniger Fakten und seiner inneren Stimme zu fällen. In diesem Anblick sagte seine innere Stimme, dass er Eugene in den Wäldern suchen musste, wenn er ihn auftreiben wollte.
    Zehn Meter hinter Haudenosaunees ummauerten Garten gabelte sich der Pfad. Unschlüssig blieb er stehen und wartete auf eine Eingebung, als ein schwaches Geräusch zu seiner Linken Wahrsagen überflüssig machte. Er lief, so rasch er konnte, ohne das tote Laub auf dem Pfad aufzuwirbeln. Er wusste nicht, warum, aber Stille schien eine gute Idee zu sein.
    Der Weg war breit und bequem. Shaun interessierte sich nicht für Botanik – Blumen überließ er Courtney –, aber selbst er konnte erkennen, dass dieser Teil des Wegs sich durch verwilderte Apfelbäume und Beerensträucher schlängelte. Bestelltes Land, oder zumindest war es das vor einigen Jahrzehnten gewesen. Er merkte erst, wohin ihn der Weg führte, als er grauen Stein und verkohltes Holz durch die knorrigen Äste schimmern sah. Zum alten Haudenosaunee, dem ersten großen Camp.
    Er stand stocksteif da und starrte. Es war, als stolperte man über den Kadaver eines Drachen, dessen massive Knochen verbrannt und gebrochen und dessen steinerne Haut eingestürzt war oder in Bröckchen auf dem Boden verteilt lag. Stechpalmen und Hartriegel krochen über die Fläche, die einst der Rasen gewesen sein musste, ihr scharfkantiges, dunkelgrünes Blattwerk war ein undurchdringlicher Wall. Wilder Wein krallte sich in die verbliebenen Mauern, und aus den leeren Fensterhöhlen und über den schartigen Zaun aus verkohltem Holz quollen junge Schierlingstannen wie heranwachsende Riesen.
    Es war wie eine Szene aus einem Märchen, komplett mit einem einzelnen unzerstörten Turm, der sich am anderen Ende der Ruine aus dem Wald erhob. Wie nannte man solche Gebäude noch mal? Er hatte einige auf einer Englandreise durch historische Anwesen gesehen.
    Zierbauten. Genau. Dieses Gebäude war sicher als Aussichtsturm gedacht; er konnte zwei breite romanische Öffnungen erkennen, jede groß genug, um einer kleinen Gruppe

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