Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dunkle Netz Der Rache

Das Dunkle Netz Der Rache

Titel: Das Dunkle Netz Der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
Schaulustiger Platz zu bieten. Die erste Öffnung zeigte nach Westen, die zweite wies eine Vierteldrehung weiter nach Süden und lag ein Stockwerk höher. Die luftige Wirkung wurde jedoch von den abweisenden Steinen und den Schießscharten an anderen Stellen des Turms gestört. Es wirkte, als wären Eigner und Architekt sich uneins gewesen, ob sie nun einen italienischen Duomo oder einen Wehrturm wollten, und sich jeder zur Hälfte durchgesetzt hatte.
    Als er noch das steinerne Kuriosum bestaunte, passierte ein Mann die südliche Galerie und verschwand.
    Shaun zwinkerte. War das Eugene gewesen? Er hatte die Gestalt, die leuchtend orangefarbene und dunkle Kleidung trug, nur kurz von der Taille aufwärts gesehen. Shaun ging ein paar Schritte in Richtung Turm, dann zögerte er. Er war nicht abergläubisch, aber Ruinen und verschwindende Gestalten lagen nicht auf seiner Linie. Vielleicht … vielleicht war es keine besonders gute Idee gewesen, hierherzukommen. Vielleicht sollte er auf dem Pfad zurückgehen, sich in seinen Wagen setzen und wegfahren. Er konnte sich ein andermal mit van der Hoeven unterhalten. Wenn es van der Hoeven war, den er gesehen hatte.
    Aber wer sonst sollte es sein?
    Er ging ein Stückchen weiter. Und weiter.
    Ein Teil seines Verstandes saß bereits im Mercedes, suchte eine CD aus, fuhr nach Hause.
    Der andere Teil schwirrte von Gelegenheiten, Vorteilen, unbeantworteten Fragen nach dem Handel mit GWP, nach Haudenosaunee, diesem Ort, den jedermann als den Schauplatz von van der Hoevens großer Tragödie kannte.
    Dann sah er die Decke. Aus dicker Wolle mit leuchtendem Streifenmuster, hing sie in den oberen Ästen einer Birke, die am Rand des Turms wuchs. Kein totes Laub oder Flecken von Vogelscheiße. Weder Regen noch Sonne hatten Spuren hinterlassen. Diese Decke hing noch nicht lange im Freien. Und sie war nicht in den Baum gelangt, indem jemand sie von unten hochgeworfen hatte. Er warf einen Blick auf die rechteckigen Öffnungen an der Spitze des Turms. Trotz des hellen Sonnenscheins spürte er, wie ihn ein Schauer überlief.
    Was, zum Teufel, tat Eugene van der Hoeven da gerade?
    Er rannte zum Eingang des Turms.

12:55 Uhr
    Clare hatte bis zum Eintreffen des Krankenwagens warten wollen. Es schien irgendwie falsch, weiterzufahren, während eine halbe Meile entfernt eine junge Frau blutend auf dem Waldweg lag. Aber der Jäger machte ihr klar, dass sie ihren Wagen ohnehin nicht stehenlassen konnte, damit der Krankenwagen durchkam, und deshalb brachen sie und Lisa, die eindeutig nach Hause wollte, wieder auf.
    »Wenn ich Sie abgesetzt habe, schaue ich im Krankenhaus vorbei«, sagte Clare. »Arme Frau. Gott, wer tut so etwas?«
    »Der Freund, über den gesprochen wurde? Vielleicht jemand von der Organisation, die ihr die Broschüren geschickt hat?« Lisa schauderte auf ihrem Sitz. »Ich hoffe nur, dass ihr Bruder nicht dabei ist, wenn sie den Typen kriegen.«
    »Mr. van der Hoeven? Wieso?«
    Lisa machte große Augen. »Sie haben ihn doch heute Morgen erlebt, oder? Mit dem Gewehr? Ich schwöre, wenn Sie nicht geschrien hätten, hätte er auf das Mädchen geschossen. Wenn er das schon jemandem antut, der schlechte Nachrichten überbringt, stellen Sie sich mal vor, was er mit jemandem anstellt, der seiner Schwester weh tut. Er liebt sie innig.«
    »Er ist doch vorher nie gewalttätig geworden, oder?«
    Lisa schüttelte den Kopf.
    »Dann war es vermutlich eine einmalige Angelegenheit. Seine Schwester war verschwunden, er ist wegen des Landverkaufs unter Stress, und da ist er verantwortungslos mit einer Waffe umgegangen.« Lisa sah sie zynisch an. »Okay, äußerst verantwortungslos. Ich will ihn nicht entschuldigen, aber das bedeutet nicht, dass er demnächst losziehen und Dirty Harry geben wird.«
    »Wen?«
    Und Russ glaubte, er würde alt. »So eine Art einsamen Rächer.«
    »Wie auch immer. Ich sag’s ja nur. Er sah aus, als würde er gleich über die Frau herfallen. Wenn er die Waffe nicht gehabt hätte, wäre das auch passiert.« Lisa deutete auf ein Schild, das die Kreuzung Muddy Brook Road/Highway 53 ankündigte. »Da vorn rechts.«
    »So wie ich Eugene kennengelernt habe, scheint er nicht der Mann, der jemandem körperlich so nahekommt, dass er ihn angreifen kann.« Clare blinkte und bog ab. »Er trägt eine große Last wegen des Feuers, in dem er gefangen war.«
    »Stimmt. Seine Mutter starb in den Flammen.«
    »Allmächtiger, wirklich?« Clare fuhr langsamer, als eine weitere schmale Straße in

Weitere Kostenlose Bücher