Das dunkle Paradies
Abend stand etwas darüber in der Standard Times.«
Jesse nickte kommentarlos.
»Meiner Meinung nach ist es in die Zeitung gekommen, weil Sie die Überreste der Katze ins staatliche Institut geschickt haben. Dort hat es dann jemand weitererzählt.«
»Könnte sein.«
»Ist es nicht ziemlich übertrieben, die Überreste einer toten Katze in ein staatliches Soundso-Institut zu schicken?«
»Forensisches Institut.«
»Ich empfehle Ihnen, es vorher mit mir zu besprechen, wenn Sie das nächste Mal Hilfe von außerhalb konsultieren. Einverstanden?«
»Einverstanden«, sagte Jesse, ohne es wirklich zu sein.
»In dieser Stadt hat man es nicht gern, wenn Leute von außerhalb sich mit unseren Problemen beschäftigen.«
»Selbstverständlich.«
»Wir erledigen unsere Angelegenheiten selbst. Freiheit heißt immer auch Eigenverantwortung.«
»Klare Sache«, sagte Jesse.
Hathaway stand auf und legte seine langfingrigen, knochigen Hände auf Jesses Schulter.
»War nicht böse gemeint, Jesse. Aber ich trage die Verantwortung für diese Stadt. Rufen Sie mich an, wenn Sie irgendwas brauchen … und lassen Sie uns unsere Probleme selbst erledigen.«
»Hab’s verstanden.«
Hathaway klopfte Jesse leicht auf die Schulter, wandte sich ab und verließ das Restaurant. Jesse blieb sitzen und sah ihm nach, während er seine Kaffeetasse weiter ganz langsam auf der Tischplatte drehte. Ich frage mich, worüber Hasty sich wirklich Sorgen macht, dachte er. Er sah auf Hathaways Teller. Er hatte das Innere des Zimttoasts gegessen und die Kruste übriggelassen. Zimttoast, dachte Jesse. Mein Gott!
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32
Der Anruf aus Wyoming kam um neun Uhr morgens Ostküstenzeit. Jesse nahm ihn in seinem Büro entgegen.
»Bin ich da richtig in Paradise, Massachusetts?«, fragte Charlie Buck.
»Ja.«
»Sind Sie der Polizeichef?«
»Ja. Jesse Stone.«
»Mein Name ist Charlie Buck. Ich bin Ermittler im Campbell County Sheriff’s Department in Gillette, Wyoming.«
»Sie sind anscheinend ein Frühaufsteher«, sagte Jesse. »Wie spät ist es bei Ihnen, gegen sieben?«
»Drei Minuten nach. Ich interessiere mich für einen Mann, der möglicherweise mal in Paradise gelebt hat. Sein Name ist Thomas Carson.«
»Er war hier vor mir der Polizeichef.«
Buck grunzte.
»Tja, also, er fuhr vor einiger Zeit mit seinem Dodge Pick-up auf der Route 59 nördlich von Bill, als der Wagen in die Luft flog und er mit ihm. Hat lange gedauert, bis wir die Überreste identifizieren konnten.«
»In Wyoming?«
»Ja, nördlich von Bill, auf dem Weg nach Gillette.«
»Haben Sie rausgefunden, warum der Wagen explodiert ist?«
»Eine Bombe.«
»Also ist es Mord.«
»So könnte man’s ausdrücken.«
»Haben Sie irgendwelche Hinweise?«
»Wir haben gehofft, Sie könnten uns welche geben. Wenn die Bombe nicht die Seriennummer des Pick-ups dreißig Meter weit weggeblasen hätte, hätten wir niemals rausgefunden, wer der Fahrer war.«
»Ziemlich schwere Bombe«, stellte Jesse fest.
»Ziemlich«, sagte Buck. »Offenbar sollte sie alles soweit vernichten, dass das Opfer nicht mehr zu identifizieren sein würde. Wie lange haben Sie den Job schon?«
»Bin im Mai eingestellt worden. Hab aber erst im Juni angefangen.«
»Wissen Sie, wann Carson dort weggegangen ist?«
»Noch vor Mai. Irgendwann im Frühling, glaube ich.
Bis ich den Job übernommen habe, hat ein Typ namens Lou Burke ihn übergangsweise gehabt.«
»Wo waren Sie, bevor Sie diesen Posten angenommen haben?«
»Mordkommission Los Angeles.«
Buck grunzte wieder. »Könnte nützlich sein.«
»Ich werde mich bemühen«, sagte Jesse.
»Hat Carson irgendwelche Verwandten bei Ihnen in der Stadt?«
»Nicht, dass ich wüsste, aber ich hör mich um und sag Ihnen Bescheid.«
»Das wäre nett. Freunde, nähere Bekannte?«
»Ich werd mich drum kümmern. Ich ruf Sie dann zurück.«
»Prima.«
»Wissen Sie, wie die Bombe gezündet wurde?«, fragte Jesse.
»Nein. Unsere einzige Vermutung ist, dass jemand das Opfer verfolgt hat und sie per Funk gezündet hat. Es ist eine wenig befahrene Straße.«
»Klingt logisch. Falls es Ihnen nichts ausmacht, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie nur mit mir über den Fall sprechen würden.«
Buck grunzte.
»Falls es Ihnen nichts ausmacht«, wiederholte Jesse.
»Zum Teufel, nein. Es ist Ihre Stadt, Ihre Polizei. Für wen, sagten Sie, haben Sie in L.A.
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