Das dunkle Paradies
Sie auf unserer Seite oder Sie sind es nicht. Loyalität steht bei uns über allem. Das war es auch, woran Tom Carson gescheitert ist.«
»Was immer aus ihm geworden ist.«
Hathaway wandte seinen Blick ab und sah aus dem Fenster.
»Wir haben Tom gebeten, den Dienst zu quittieren«, sagte Hathaway.
»Warum?«
»Weil wir Zweifel an seiner Loyalität hatten.«
»Loyalität wem gegenüber?«, fragte Jesse. Seine Stimme klang freundlich, interessiert.
»Uns gegenüber«, sagte Hathaway. »Gegenüber den wichtigen Persönlichkeiten in dieser Stadt.«
»Wie Ihnen zum Beispiel.«
»Ja. Und Lou Burke und allen anderen, die die Demokratie schon im Vorfeld schützen wollen.« Hathaways Stimme klang gepresst.
»Und wo ist Carson jetzt?«, fragte Jesse.
»Ich habe keine Ahnung.«
»Ich auch nicht.«
Hathaway sah Jesse direkt an, entdeckte aber nichts in seinem Gesicht, in seiner Stimme, nur einen leichten Anflug von etwas, das hinter der Bowtie-Krawatte und der Sonnenbrille lauerte.
»Ich möchte nicht, dass Sie in irgendeiner Weise mit diesem Staatspolizisten kooperieren«, sagte Hathaway.
»Die einfachste Art sie herzulocken, ist zu versuchen, sie rauszuhalten«, sagte Jesse.
»Sie müssen sie ja nicht gleich ganz raushalten. Aber Sie können sie abblocken.«
»Sie haben noch nicht viel mit Leuten wie Healy zu tun gehabt. Ich schon. Er ist seit vierzig Jahren im Geschäft. Er hat Amokläufer entwaffnet und Perverse ausgeschaltet. Er hat jeden Mist gesehen und jede Lüge gehört. Er war überall und hat alles schon mal erlebt. Ihn kann man genauso wenig abblocken, wie man ihm Angst machen kann.«
»Also werden wir ihm alle Geheimnisse unserer Stadt anvertrauen?«
»Nein, aber wir lassen uns von ihm dabei helfen, den Typen zu finden, der das Mädchen umgebracht hat.«
Hathaway saß stumm wie ein Stein auf der Ecke des Schreibtischs und schüttelte langsam den Kopf.
»Eine gottverdammte Geschiedene«, sagte er schließlich,»die losgegangen ist, um es sich besorgen zu lassen.«
»Oder eine Mutter von zwei Kindern, die nur mal ausgehen wollte. Kommt immer darauf an, wie man es betrachtet, schätze ich.«
Hathaway blieb weiter sitzen und schüttelte den Kopf. Dann stand er plötzlich auf und ging steif aus Jesses Büro. Jesse blickte auf die Tür, durch die Hathaway verschwunden war. Er merkte, dass er die Zähne zusammengebissen hatte, und entspannte sich wieder, atmete tief durch und lockerte seine Schultern und den Rücken.
»Und Lou Burke«, sagte er dann laut.
Er stand auf, ging zum Aktenschrank und holte Burkes Personalakte heraus, trug sie zu seinem Schreibtisch und begann sie durchzublättern.
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45
Tammy Portugals Ehemann zu finden war einfach. Der Alimente-Scheck war in der Paradise Bank eingelöst worden und die Adresse war darauf notiert. Jesse fuhr nach Springfield und traf ihn um 10 Uhr 30 in einem Coffee Shop namens »X«, der direkt an einer Kreuzung an der Sumner Avenue lag. Das Restaurant stammte aus den dreißiger Jahren. Glasklinker und eine Jukebox neben der Küche.
»Ich bin ein echter Verlierer«, sagte Bobby Portugal zu Jesse. »Tammy dachte, sie würde einen Gewinnertypen heiraten, aber das war alles nur Angeberei von mir.Ich bin ein Verlierer, seit ich die High School hinter mir habe.«
Portugal war mittelgroß und stämmig. Er hatte lange dunkle Haare und einen sorgfältig geschnittenen Bart. Er trug eine Patriots-Windjacke, darunter T-Shirt und Jeans.
»Wir sind zusammen auf der High School gewesen.
Ich war ein ziemlicher Crack in der High School. Ein verdammt guter Läufer. Sie dachte, ich wäre das große Los.«
Die Kellnerin brachte die Muffins für Jesse und das Sandwich mit Ei für Portugal.
»Hab die All-North Shore League mitgemacht, Football und Basketball. Dank eines Teilstipendiums vom Boston College.«
Portugal machte eine Pause, nahm die obere Scheibe des Toastbrots ab und kippte Ketchup auf das hartgekochte Ei.
»Und als Sie es geschafft hatten«, ergänzte Jesse, »hatten es eine Menge anderer auch geschafft und viele waren noch schneller als Sie.«
»Das kann man wohl sagen.«
Portugal nahm einen Bissen von seinem Sandwich und legte es wieder zurück, um eine Papierserviette aus dem Spender auf dem Tisch zu nehmen und sich damit den Ketchup aus dem Mundwinkel zu wischen.
»Ich hab sechs Wochen durchgehalten, dann bin ich weg. Hab mir Arbeit im
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