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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert B. Parker
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unberührt auf dem Küchentresen.
    »Aber du weißt doch, wer sie ermordet hat«, sagte Jenn.
    »Ja, aber ich weiß noch nicht genau, warum.«
    »Das letzte Mal sagtest du, es sei wegen dir passiert.«
    »Ja, vielleicht stimmt das auch, aber möglicherweise steckt noch mehr dahinter.«
    »Warum verhörst oder verhaftest du dann nicht jemanden oder holst das FBI oder sonst was?«
    »Ich bin nicht wirklich sicher, ob meine Vermutungen zutreffen. Ich weiß nicht, wem ich vertrauen kann. Vielleicht überhaupt niemandem.«
    »Nicht mal deinen Kollegen?«
    »Nicht mal denen. Ich stehe hier ganz allein, Jenn.«
    »Soll ich kommen?«
    Jesse schwieg. Plötzlich spürte er diese überwältigende Sehnsucht danach, sie bei sich zu haben.
    »Jenn … ich kann nicht …«
    »Ich weiß, Jesse, ich weiß.«
    Jesse schwieg, er wollte keinen Fehler machen. »Ich kann jetzt nicht, Jenn. Jedenfalls noch nicht.«
    »Ich weiß.«
    »Ich sehne mich mehr danach, als ich sagen kann, aber ich darf das nicht noch einmal zulassen. Erst muss ich das hier erledigt haben. Dann werden wir sehen, was mit uns wird.«
    »Es ist schrecklich, allein zu sein, Jesse.«
    »Wenn du nicht allein sein kannst, kannst du nicht mit jemandem zusammen sein. Ich möchte dich nicht hier haben, weil ich Angst habe. Du darfst nicht herkommen, weil du Angst um mich hast. Verstehst du?«
    »Ja.«
    Sie schwiegen. Jesse nahm sein Glas und trank einen Schluck. Er war von Scotch mit Eis zu Scotch mit Soda gewechselt.
    »Triffst du dich mit jemandem?«, fragte Jesse.
    »Nein. Du?«
    »Ich bin immer noch mit dieser Frau zusammen, aber es will nichts Rechtes daraus werden.«
    »Weil du ihr nicht vertraust?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Man kann nicht mit jemandem zusammen sein, dem man nicht vertraut.«
    »Ich weiß.«
    »Das muss schrecklich anstrengend sein, Jesse, so allein zu sein, ohne jemanden, dem man trauen kann.«
    Jesse trank noch etwas von seinem Scotch mit Soda.
    »Ja«, sagte er.
    »Ein Fremder in einem fremden Land.«
    »Ich will sie alle kriegen. Jeden. Ich will die Stadt säubern. Ich will wissen, wenn ich jemanden treffe, dass er kein Mörder oder Anarchist oder sonst was ist, verstehst du? Ich will, dass dies hier die nette kleine Stadt ist, in die ich zu kommen glaubte.«
    »Vielleicht ist das ein bisschen viel auf einmal.«
    »Das will ich herausfinden.«
    »Hol Hilfe, Jesse.«
    »Kann ich nicht. Ich muss es allein schaffen.«
    »Willst du mir damit irgendetwas beweisen, Jesse?«
    »Nein.«
    »Dir selbst aber.«
    »Ich schätze ja.«
    »Ich kenne dich, Jesse. Ich weiß, wie stark du bist. Ich weiß, wie schlau du bist. Wenn du dies so tun musst, dann tu es. Du wirst nicht verlieren, Jesse.«
    »Ich weiß es nicht, Jenn. Ich danke dir, dass du das gesagt hast, aber es ist so, als würde man im Dunkeln gegen schwarzen Rauch ankämpfen.«
    Sie schwiegen wieder, jeder an seinem Ende der Leitung für sich.
    »Du scheinst dich verändert zu haben, Jenn«, sagte Jesse nach einer Weile.
    »Glaubst du?«
    »Ja. Hast du Hilfe gefunden?«
    »Ja.«
    »Therapie?«
    »Ja.«
    »Eine richtige Therapie, nicht so eine ganzheitliche Eso-Therapie?«
    »Ja. Bei einer Frau. Die ist vielleicht noch stärker als du, Jesse.«
    »So stark kann niemand sein«, sagte Jesse und hörte, wie sie lachte, und fühlte sich großartig, wie immer, wenn er sie zum Lachen gebracht hatte.
    »Ja«, sagte Jenn. »Das ist der Jesse, den ich kenne.«
    »Es hilft mir, wenn ich mit dir rede, Jenn.«
    »Gut.«
    Wieder schwiegen sie.
    »Ich glaube, ich mache jetzt besser Schluss«, sagte Jesse.
    »Okay«, sagte Jenn. »Pass auf dich auf.«
    »Ja.«
    »Ich bin für dich da, Jesse.«
    »Ich weiß. Das hilft mir sehr, Jenn.«
    Sie legten auf und Jesse starrte eine ganze Weile auf sein halbvolles Glas und spürte, wie die Aufregung in seinem Magen pulsierte. Schließlich stand er auf, griff nach dem Glas und leerte es in den Ausguss. Dann ging er ins Schlafzimmer, zog eine Schublade auf, holte ein Foto von Jennifer heraus und stellte es auf die Kommode.

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    Zwei Streifenwagen und ein Rettungswagen der Feuerwehr standen in einem Halbkreis auf dem Indian Hill. Lou Burkes Auto, ein sechs Jahre alter Buick, parkte mitgeöffneten Türen direkt vor der Sicherheitsabsperrung am Rand der rostfarbenen Granitklippen, die hier sechzig Meter tief bis hinunter zur Meeresbrandung abfielen. Die Zündung des Wagens war

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