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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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wir die Antwort finden«, sage ich und versuche mich hochzuziehen. »Wir warnen sie.«
    »Und sagen ihnen, was für eine Anführerin sie sich ausgesucht haben.«
    Ich seufze. »Wir müssen beiden Einhalt gebieten.«
    »Nichts einfacher als das«, sagt Todd. »Wir werden ihnen reinen Wein einschenken, was diese Mistress betrifft, und dann wird eine Neue die Antwort anführen.« Er schaut mich an. »Vielleicht bist du es ja.«
    »Oder du.«
    Ich brauche eine Minute, um zu verschnaufen. Das Atmen fällt mir immer schwerer. »So oder so, wir müssen auf jeden Fall hier raus.«
    Und plötzlich geht die Tür auf.
    Ein Soldat mit einem Gewehr steht vor uns.
    »Ich habe Befehl, euch in die Kathedrale zu bringen«, sagt er. Und ich glaube, ich erkenne ihn wieder.
    »Ivan«, sagt Todd.
    »Leutnant Hewitt.« Ivan nickt ihm ernst zu. »Ich habe meine Befehle.«
    »Du bist aus Farbranch«, sage ich zu ihm, doch sein Blick ist vollkommen auf Todd fixiert. Ich höre etwas Seltsames in seinem Lärm, etwas …
    »Leutnant«, wiederholt er und etwas Unausgesprochenes schwingt darin mit.
    Ich sehe Todd an. »Was will er?«
    »Du hast deine Befehle«, sagt Todd, seine ganze Aufmerksamkeit gilt Ivan. Ich höre, wie ihre Gedanken hin- und herfliegen, schnell und wirr. »Soldat Farrow.«
    »Ja, Sir«, erwidert Ivan und steht stramm. »Befehl meines Vorgesetzten.«
    Todd wendet sich mir zu. Ich höre, wie er denkt.
    »Was geht hier vor?«, frage ich.
    Ich sehe, wie Lee in Todds Lärm auftaucht. Er wendet sich wieder an Ivan. »Gibt es noch einen anderen Gefangenen? Einen Jungen. Blond, mit struppigen Haaren?«
    »Ja, Sir«, antwortet Ivan.
    »Und wenn ich dir befehlen würde, mich zu ihm zu bringen, würdest du es dann tun?«
    »Ich befolge natürlich die Befehle meines Vorgesetzten, Leutnant.« Er blickt Todd fest in die Augen. »Ich führe alle Befehle aus, die er mir erteilt.«
    »Todd?«, frage ich, aber langsam begreife ich.
    »Ich habe schon öfter versucht, das zu erklären«, fährt Ivan fort, und man hört ihm seine Ungeduld an.
    »Sind hier ranghöhere Offiziere als ich?«, fragt ihn Todd.
    »Nein, Sir. Nur ich und die Wachen sind hier. Alle anderen sind in den Kampf gezogen.«
    »Wie viele Wachen sind es?«
    »Wir sind sechzehn, Sir.«
    Todd fährt sich mit der Zunge über die Lippen und denkt eine Weile nach. »Betrachten diese Leute mich auch als ihren Vorgesetzten, Soldat?«
    Zum ersten Mal weicht Ivan seinem Blick aus und blickt sich schnell um, ehe er leise antwortet. »Es herrscht eine gewisse Unzufriedenheit über unsere derzeitige Führung, Sir. Es wäre möglich, sie zu überreden.«
    Todd nimmt militärische Haltung an und zupft am Saum seiner Uniformjacke. Wieder fällt mir auf, wie viel größer er jetzt ist, wie markant seine Gesichtszüge geworden sind, die nun gar nichts Jungenhaftes mehr an sich haben, wie viel tiefer und kräftiger seine Stimme geworden ist.
    Ich fange an, den Mann in ihm zu sehen.
    Er räuspert sich und steht aufrecht vor Ivan. »Dann befehle ich dir, mich zu dem Gefangenen Lee zu führen, Soldat.«
    »Obwohl ich Befehl habe, Euch unverzüglich zum Präsidenten zu bringen«, antwortet Ivan förmlich, »darf ich mich, glaube ich, Eurem persönlichen Befehl nicht widersetzen, Sir.«
    Er tritt aus der Tür und wartet. Todd kommt zu meinem Stuhl und kniet sich vor mich hin.
    »Was hast du vor?«, frage ich und versuche in seinem Lärm zu lesen, aber seine Gedanken kreisen so schnell, dass ich ihnen kaum folgen kann.
    »Du hast gesagt, wir müssten ihn aufhalten, weil es sonst niemand tut«, sagt er, und sein schiefes Lächeln wird ein bisschen breiter. »Nun, vielleicht gelingt es uns auf diese Weise.«

37
    Der Leutnant
    [TODD]
    Ich spüre, dass Viola mich beobachtet, als ich Ivan durch den Flur folge. Sie fragt sich, ob wir ihm vertrauen können.
    Ich frage mich das auch.
    Denn die Antwort kann eigentlich nur Nein lauten. Ivan ist als Freiwilliger in die Armee eingetreten, um seine eigene Haut zu retten, und ich erinnere mich noch gut daran, wie er sich damals in Farbranch zu mir herangeschlichen und mir versichert hat, er stehe auf der Seite von Prentisstown. Als die Truppen in Haven einmarschiert sind, hat er es wahrscheinlich gar nicht erwarten können, sich zu verpflichten, und kurz darauf führte er als Korporal eine Abteilung.
    Bis ihm Bürgermeister Prentiss ins Bein geschossen hat.
    »Man geht dorthin, wo die Macht ist«, hat er einmal zu mir gesagt. »Auf diese Weise bleibt man am

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