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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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begriff, welch hohen Preis wir für den Versuch, diesen Turm zu finden, hatten zahlen müssen.
    »Mistress Coyle«, sage ich und ringe um Fassung, »Mistress Coyle bittet mich, Euch zu fragen, ob wir sie heute Nachmittag beerdigen können.«
    »Ich habe ihr schon ausrichten lassen, dass sie das kann«, antwortet der Bürgermeister. »Alles, was Mistress Coyle braucht, wird ihr in diesem Moment gebracht.«
    Ich stelle die Kaffeetasse auf einem kleinen Tisch ab, der neben meinem Stuhl steht. Wir sitzen in einem riesengroßen Raum, viel größer als jeder Raum, den ich jemals gesehen habe, außer dem Hangar unseres Raumschiffs. Viel zu groß, um nur ein paar bequeme Stühle und einen Holztisch als Möbel zu haben. Das einzige Licht fällt durch ein kreisförmiges Fenster mit bunten Scheiben herein, darauf ist New World mit den beiden Monden abgebildet.
    Alles andere liegt im Schatten.
    »Was hältst du von ihr?«, fragt der Bürgermeister. »Von Mistress Coyle.«
    Die Last, dass Maddy tot ist, dass Todd noch immer irgendwo da draußen ist, liegt so schwer auf meinen Schultern, dass ich einen Moment lang vergessen habe, wer neben mir sitzt. »Was meint Ihr damit?«
    Er zuckt leicht die Achseln. »Wie ist es, mit ihr zusammenzuarbeiten? Wie ist sie als Lehrerin?«
    Ich muss schlucken. »Sie ist sicher die beste Heilerin in ganz Haven.«
    »Und jetzt ist sie die beste Heilerin in ganz New Prentisstown«, verbessert er mich. »Man erzählt sich, dass sie früher sehr einflussreich gewesen sein soll. Sie war jemand, der sich einmischte.«
    Ich beiße mir auf die Lippe und starre auf den Teppich. »Für Maddy konnte sie nichts tun.«
    »Nun, das wollen wir ihr verzeihen, nicht wahr?« Seine Stimme ist leise, mitfühlend, fast freundlich. »Niemand ist vollkommen.«
    Er setzt seine Tasse ab. »Es tut mir leid um deine Freundin«, sagt er noch einmal. »Und es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, bis wir uns wieder miteinander unterhalten konnten. Es gab viel für mich zu tun. Ich bemühe mich, das Leid auf diesem Planeten zu beenden, deshalb macht mich der Tod deiner Freundin auch so traurig. Diese Mission ist mein ganzer Lebenszweck. Der Krieg ist zu Ende, er ist wirklich zu Ende. Jetzt ist die Zeit gekommen, die Wunden zu heilen.«
    Ich antworte nichts darauf.
    »Aber deine Mistress sieht das anders, nicht wahr?«, fragt er. »Sie glaubt, dass ich ihr Feind bin.«
    Heute, ganz früh am Morgen, als wir Maddy das weiße Totenhemd anzogen, hat sie gesagt: »Wenn er Krieg will, dann kann er ihn haben. Wir haben ja noch nicht einmal angefangen zu kämpfen.«
    Aber als ich dann hierhergerufen wurde, hat sie mir aufgetragen, ihm nichts dergleichen zu erzählen, nur über die Beerdigung sollte ich mit ihm sprechen.
    Und so viel wie möglich herausfinden.
    »Du hältst mich auch für deinen Feind«, fährt er fort, »und ich wünschte aufrichtig, dass dies nicht so wäre. Ich bin sehr unglücklich darüber, dass du mir wegen dieses schrecklichen Vorfalls noch mehr misstraust.«
    Ich spüre, wie sich beim Gedanken an Maddy meine Brust zusammenkrampft. Und bei dem Gedanken an Todd. Ich muss ein paarmal tief durchatmen.
    »Ich weiß, dass dir der Gedanke gefällt, dass es verschiedene Seiten gibt und du auf ihrer Seite stehst«, sagt er. »Ich mache dir keinen Vorwurf deswegen. Ich habe dich nicht nach deiner Raumschiffflotte gefragt, weil ich weiß, du würdest mir nicht die Wahrheit sagen. Ich weiß auch, dass sie dich danach gefragt hat. Wenn ich an Mistress Coyles Stelle wäre, würde ich es genauso machen. Ich würde dich auch bedrängen, mir zu helfen. Ich würde einen Schatz, der mir unverhofft in den Schoß gefallen ist, selbstverständlich nutzen.«
    »Sie benutzt mich nicht«, entgegne ich ruhig.
    Du kannst von großem Nutzen für uns hier sein, höre ich sie sagen. Wenn du es willst.
    Er beugt sich vor. »Darf ich dir etwas sagen?«
    »Was?«, frage ich.
    Er neigt den Kopf zur Seite. »Ich wünsche mir, dass du mich David nennst.«
    Ich blicke wieder nach unten auf den Teppich. »Was wollt Ihr mir erzählen … David?«
    »Danke, Viola«, sagt er. »Es bedeutet mir wirklich sehr viel.« Er wartet, bis ich ihn wieder ansehe. »Ich habe mich mit dem Rat getroffen, der früher die Geschicke von Haven leitete. Ich habe mich mit dem ehemaligen Bürgermeister getroffen. Ich habe mit dem ehemaligen Polizeichef, dem ehemaligen medizinischen Leiter und dem ehemaligen Vorsteher der Erziehungsbehörde gesprochen. Ich habe

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