Das dunkle Paradies

zwei Sekunden, nachdem sie schon zu zischen aufgehört haben.
    »Wie gefällt dir das, hey?«, schreit er einem Spackle nach, der sich gerade zurückzieht, seinen Arm hält und sich nach uns umblickt.
    0038 ist der Nächste in der Reihe. Er ist groß gewachsen, vermutlich männlich, dünn bis dorthinaus, und er wird immer dünner, denn jeder Narr kann sehen, dass das Futter, das wir den Spackle jeden Morgen vorsetzen, nicht für tausendfünfhundert von ihnen ausreicht.
    »Leg ihm das Band um den Hals«, befiehlt Davy.
    »Was?«, frage ich und reiße die Augen auf. »Nein!«
    »Leg es um seinen verdammten Hals!«
    »Das werde ich nicht …«
    Mit einem Mal stürzt sich Davy auf mich, schlägt mir den Nietapparat auf den Kopf und reißt mir die Bänder aus der Hand. Ich falle auf die Knie, halte meinen Kopf, und vor lauter Schmerz kann ich einige Augenblicke nicht hochschauen.
    Aber als ich aufblicke, ist es zu spät.
    Davy hat den Spackle vor sich in die Knie gezwungen und ihm das Band mit der Nummer 0038 fest um den Hals gelegt, mit dem Nietapparat zieht er es sogar noch fester zu. Die Soldaten oben auf der Mauer lachen, und der Spackle ringt nach Luft, zerrt mit den Fingern an dem Band, das Blut rinnt den Hals hinab.
    »Hör sofort auf damit!«, schreie ich und rapple mich auf.
    Aber Davy knallt die Griffe des Nietapparats zusammen, und der Spackle fällt kopfüber ins Gras. Dabei stößt er laute, würgende Geräusche aus, sein Kopf nimmt eine grauenhafte rosa Färbung an. Davy steht über ihm, reglos sieht er zu, wie der Spackle sich zu Tode röchelt.
    Ich stolpere auf den Bolzenschneider zu, den Davy ins Gras gelegt hat, packe ihn und laufe damit zu 0038 zurück. Davy will mich aufhalten, aber ich schlage mit dem Apparat nach ihm, und er springt zurück, ich knie mich neben 0038 und versuche das Metallband zu packen, aber Davy hat es zu fest angezogen. Der Spackle schlägt wild um sich, weil er keine Luft mehr bekommt, ich muss ihn schließlich mit der Faust auf den Boden drücken.
    Ich schneide das Band durch. Es fliegt weg und mit ihm eine Wolke aus Blut und Haut. Der Spackle zieht die Luft so laut ein, dass einem die Ohren davon wehtun, und ich weiche ein Stück vor ihm zurück, den Bolzenschneider halte ich fest umklammert.
    Und wie ich so dastehe und schaue, wie der Spackle anscheinend vergebens nach Luft ringt und Davy hinter mir auftaucht mit dem Nietapparat in der Hand, bemerke ich das Schnalzen, das durch die Reihen der Spackle geht. Und ausgerechnet jetzt, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt …
    Ausgerechnet jetzt greifen sie an.
    Der erste Schlag streift meinen Scheitel nur leicht. Sie sind mager und leicht, deshalb ist auch keine große Wucht in ihren Schlägen.
    Aber es sind tausendfünfhundert.
    Und sie rollen wie eine Welle auf uns zu, es ist, als würde ich unter Wasser gezogen …
    Noch mehr Fäuste, noch mehr Schläge, sie zerkratzen mir Gesicht und Rücken, und ich werde wieder zu Boden geschlagen. Ich spüre ihr ganzes Gewicht auf mir, sie zerren an meinen Armen und Beinen, reißen an meinen Kleidern, an meinen Haaren, und ich rufe und schreie, einer hat mir den Bolzenschneider aus der Hand gerissen und schlägt ihn gegen meinen Ellbogen, und der Schmerz ist so groß, dass ich ihn fast nicht mehr ertrage.
    Und das Einzige, woran ich jetzt denken kann, der einzige, törichte Gedanke in meinem Kopf ist …
    Warum greifen sie mich an? Ich wollte 0038 doch retten!
    (Aber sie wissen es, sie müssen es wissen!)
    (Sie wissen, dass ich ein Mörder bin.)
    Davy schreit auf, als die ersten Gewehrschüsse von der Mauerkrone ertönen.
    Die Spackle hören nicht auf, mich zu schlagen, sie hören nicht auf, mich zu kratzen, aber es wird auch weiter geschossen, die Spackle zerstreuen sich langsam in alle Himmelsrichtungen, ich höre es mehr, als ich es sehen kann, denn der Schmerz breitet sich von meinem verletzten Ellbogen über den ganzen Körper aus.
    Aber immer noch sitzt einer auf mir, er kratzt mich von hinten, während ich mit dem Gesicht nach unten im Gras liege, aber ich schaffe es, mich umzudrehen, und obwohl die Wachleute noch immer schießen und die ganze Luft vom Gestank des Schießpulvers erfüllt ist und die anderen Spackle rennen und nichts wie rennen, bleibt dieser eine auf mir sitzen, kratzt und schlägt in einem fort auf mich ein.
    Und im selben Augenblick, da mir klar wird, dass es 0001 ist, die Erste, die an der Reihe war, die Erste, die ich angerührt habe, knallt es, und sie wird zur