Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
ein kollektiver Seufzer sich Bahn.
Seine Belustigung strömte über das Schiff, und er verlagerte auf dem schwankenden Stand sein Gewicht, um erneut das Fernrohr ans Auge zu führen. Trotz regelmäßigen Reinigens waren die Linsen in der Bronzeröhre nach vier Jahren der täglichen Benutzung auf See verkratzt und verschmutzt, doch das Bild war eindeutig genug. Ein dunkler Fleck ragte aus dem blau in blau verlaufenden Horizont empor.
Bei seinem Anblick begann Edeard zu klatschen, sein innerer Jubel wogte hinaus, um sich mit den kollektiven Gedanken der Menschen auf den anderen vier Schiffen zu vereinen, die zusammen mit dem, auf dem er sich befand, die Forschungsflottille ausmachten. Edeard war heilfroh. Die Landspitze am Horizont konnte nur eine der Ostinseln sein, was bedeutete, dass Makkathran bei gutem Wind nicht mehr als einen Monat entfernt war.
»Na, wer sagt's denn«, rief Jiska aus. »Er hat's doch ganz gut hingekriegt.«
»Ja, ja«, gab Edeard ihr recht, zu glücklich, um sich um das Sticheln zu scheren. Natran, der die Licht der Herrin befehligte, hatte ihnen die Sichtung der Ostinseln nun schon fünf Wochen lang versprochen. Die Leute hatten bereits angefangen, an seinen Navigationsfähigkeiten zu zweifeln, obwohl die Kapitäne der anderen Schiffe völlig mit ihm übereinstimmten. Jiska hatte die Tüchtigkeit ihres Mannes während dieser Zeit nach Kräften verteidigt. Aber nach vierjähriger Fahrt wurden die Leute verständlicherweise allmählich verdrießlich.
Kristabel tauchte an Edeards Seite auf. Ihre Befriedigung vermischte sich mit seiner. Lächelnd sah er sie an, als sie sich bei ihm unterhakte, und gemeinsam arbeiteten sie sich hinauf zum Bug. Es wurde inzwischen ziemlich eng und unübersichtlich auf dem Mitteldeck, worüber Natran gar nicht glücklich war. Zwischen Taurollen und Schiffstruhen waren etliche Weidenkörbe auf den Planken festgezurrt, von denen jeder irgendwelche unbekannten Tiere enthielt, die sie bei ihren diversen Landgängen entdeckt hatten. Nicht alle hatten die lange Heimreise überlebt. Taralees Kabine stand voll mit großen Glasbehältern, in denen ihre Kadaver in einer übelriechenden Flüssigkeit konserviert waren. Sie und die anderen Doktoren und Botaniker hatten wahrscheinlich am meisten von der Expedition profitiert, sie hatten hunderte von neuen Tierarten und Pflanzen katalogisiert.
Aber keine neuen Völker, dachte Edeard.
»Was hast du?«, fragte Kristabel.
Ein paar Matrosen schauten zu ihnen herüber, hatten seine Betrübnis aufgeschnappt. Mit einem Achselzucken beruhigte er sie.
»Wir sind tatsächlich allein auf dieser Welt«, sagte er zu Kristabel. »Jetzt, wo wir nach Hause kommen, wissen wir das sicher.«
»Nichts ist wirklich jemals sicher«, erwiderte sie lächelnd, während sie sich eine Haarsträhne von den Augen strich. Es wurde allmählich wieder länger. Sie waren gerade acht Tage aus Makkathran fort gewesen, als Kristabel sich einfach in die Hauptkabine gesetzt und eine der anderen Frauen veranlasst hatte, ihr das ohnehin schon kurze (für Makkathrans Verhältnisse) Haar zurückzuschneiden. Danach ließ sie für lange Zeit lediglich ein paar gelockte Zentimeter zu.
»Ist praktischer«, hatte sie einem entsetzten Edeard seelenruhig erklärt. »Du kannst doch nicht ernsthaft von mir erwarten, dass ich mich bei jedem Stürmchen zu allem Überfluss auch noch um meine Frisur kümmere, oder? Die eine Woche bei mildem Wetter hat mir schon gereicht.«
Aber mit einem Zopf ginge es doch ganz gut, konnte er sich gerade noch auszusprechen verkneifen. Kristabel ohne ihr langes Haar war ... na ja, einfach irgendwie verkehrt.
Inzwischen konnte Edeard darüber lachen. Abgesehen davon war sie mit kurzen Haaren immer noch ziemlich hübsch, und niedlich dazu. Alles in allem war die Frisurenfrage noch die geringste der Veränderungen und Konzessionen gewesen, die das Leben an Bord nicht nur ihm abverlangt hatte. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal eine Frau in einem Kleid gesehen hatte; von den festlichen Abendgesellschaften, die unfehlbar jeden Monat abgehalten wurden, einmal abgesehen. Die Damen an Bord hatten ausschließlich Hosen getragen - und kurze Hosen im Sommer -, mit Ausnahme der Mutter der Herrin der Flottille, die die ganze Zeit über ihre traditionelle Schicklichkeit gewahrt hatte. Die kleine Revolution bedeutete, dass sie bei der Takelung und einem Dutzend anderer Aufgaben an Bord helfen konnten, die normalerweise
Weitere Kostenlose Bücher