Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
lebte. In jener Zeitperiode hatte Bürgermeister Trahaval nicht einmal ansatzweise eine Lösung für den massiven Zustrom von Menschen gehabt, die kamen, um sich zum Herzen geleiten zu lassen. Edeard hatte den anderen gesagt, er müsse versuchen, in Erfahrung zu bringen, wieso die Skylords nur Menschen von den Eyrie-Türmen akzeptierten. Doch vor seiner letzten Konfrontation mit dem Nest war er nicht mehr dazu gekommen, sie danach zu fragen; und diesmal hatte er sich überhaupt nicht mit dem Thema befasst. Dergleichen Fragen waren zugunsten der großen Reise komplett ins Hintertreffen geraten.
Wenn ich die Skylords dazu bringen könnte, auch andere Städte auf Querencia zu besuchen, würde die Lage sich von selber entspannen. In der Zwischenzeit musste er irgendetwas wegen der ausharrenden Flüchtlinge vor dem Nordtor unternehmen. Diese ganze Feindseligkeit auf beiden Seiten wird letzten Endes die Erfüllung zerfressen, aufgrund der die Skylords über uns richten.
»Also schön«, sagte Edeard. »Wie querköpfig genau ist Unsere Stadt?«
»Die Bewegung gibt es nur aus einem einzigen Grund, was bedeutet, dass sie schlechterdings nicht gemäßigt sein kann«, sagte Dinlay. »Es wird niemals irgendeinen Kompromiss mit ihnen geben. Wenn du also vorhast, dich mit ihnen anzulegen, wird das wohl über eine direkte Wahl laufen müssen und du änderst, nachdem du Bürgermeister bist, das Gesetz.«
»Klingt drastisch.« Edeard sog die Wangen ein. »Ich denke, dann sollte ich sie mir besser mal selbst ansehen.«
Sinnigerweise hatte Unsere Stadt ihr Hauptquartier in Ilongo aufgeschlagen. Mit widerwilliger Bewunderung hatte Dinlay Edeard berichtet, wie sehr ihr politisches Geschick seit ihrer überstürzten Gründung gewachsen war. Elf der derzeitigen Distriktabgeordneten hatten auf der Unsere-Stadt-Wahlliste gestanden und bildeten nun im Rat einen beachtlichen Machtblock. Ihr großer Einfluss auf das bürgerliche Leben hing jedoch direkt mit der Wohnsitz- und Aufenthaltsfrage zusammen. Heutigentags musste man, wenn man als gebürtiger Makkathraner nach neuem Wohnraum suchte, Unsere Stadt um ihre Mithilfe bitten. Nun, da ihre Mitglieder jede vordem freie Behausung in Beschlag genommen hatten, waren sie diejenigen, die auf ihre Ansprüche verzichten mussten, bevor irgendjemand anders einziehen konnte. Und erst, wenn die Bewegung dem Antrag stattgegeben und offiziell bestätigt hatte, dass man ein waschechter Stadtgeborener war, gab das betreffende Mitglied die begehrte Unterkunft frei. Faktisch kontrollierte Unsere Stadt komplett, wer in Makkathran wo wohnte. Ein weiterer Grund für die kleinen Leute, es sich mit ihr nicht zu verderben. Und wie das bei allen politischen Parteien so war, traf sie Abkommen mit rivalisierenden und anderen Gruppierungen im Rat und draußen auf den Straßen und Kanälen und fraß sich so immer tiefer in das politische Gefüge der Stadt.
Edeard betrat den Ilongo-Distrikt von einem Gondelsteg am North Curve Canal. Die schmalen Straßen im Zentrum waren ein berüchtigtes Labyrinth. Der größte Teil des Distrikts bestand aus kastenförmigen Gebäuden mit ziemlich spitzwinkligen Wänden, woraus sich ein Gassengeflecht aus engen Tunneln mit nur einem schmalen Streifen Himmel hoch oben ergab. Düstere Straßen öffneten sich auf unvermutete Plätze, die wie Brunnen des Lichts inmitten der überhängenden Häusermauern wirkten; Wasserspiele plätscherten lustig dazu, als wollten sie das unvermittelte Gleißen des Sonnenlichts feiern.
Ilongo war auch der erste Makkathran-Distrikt, durch den er jemals gegangen war, erinnerte sich Edeard. Er und Salrana, strahlend vor Freude und mehr als ein bisschen eingeschüchtert von der bloßen Menge von Menschen in den schmalen Durchgängen und Straßen. Sich gegenseitig Mut machend hatten sie sich eng aneinandergeschmiegt und einander damals einfach nur genügt und hatten fest an eine gemeinsame Zukunft geglaubt.
Er presste die Zähne zusammen. Er hasste die Erinnerung, hasste es, dass trotz allem, was er vollbringen konnte, so vieles falschgelaufen war. Diese junge, glückliche Salrana war jetzt verloren, dahin, und bei all seinen Fähigkeiten stand es nicht in seiner Macht, sie zurückzuholen. Genauso wenig wie Klein Burlal. Es sei denn, ich würde weit genug zurückgehen und die Gräueltat tief unter dem Spiralturm der Waffengilde noch einmal begehen. Aber selbst dann würde dies nur Salrana retten. Burlal würde niemals hineingeboren werden in die Welt, die
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