Das dunkle Universum 04 - Evolution der Leere
Reise segnen. Bald schon wird sie Euch willkommen heißen, dessen bin ich mir sicher. Was Ihr für diese Welt getan habt, ist mehr, als wir zu preisen vermögen. Das Herz wartet voller Ungeduld auf Euch, ebenso wie all Eure Freunde, die nun in ihm verweilen. Gehet hin mit dem unsterblichen Dank von uns allen, die wir auf Querencia wohnen und auf deren Erfüllung Ihr so unbeirrbar hingewirkt habt.«
Edeard schaute empor in ihr Gesicht, gütig und streng, wie es bei allen Pythias der Fall zu sein schien, doch von Anteilnahme schier strahlend. Einer Anteilnahme, die sich viel, viel weiter erstreckte als auf diesen Turm. Soll ich es ihr sagen? Aber irgendetwas sträubte sich in ihm, die Missbilligung der Frau zu riskieren, also sagte er nur: »Danke.«
Die Novizinnen und Mütter machten sich an ihren Abstieg die enge Wendeltreppe hinab.
Mit einem behaglichen Aufseufzen ließ Macsen sich in die Kissen zurücksinken. »Also schön, wir haben noch 'ne Minute. Hat irgendjemand 'nen ordentlichen Rachenputzer dabei?«
»Ich glaube, du hattest jetzt genug, Schatz«, sagte Kanseen leise über Longtalk. Edeard hörte ihren rasselnden Atem und wusste, dass es allein die Willenskraft war, die ihren Körper noch am Leben erhielt. Dinlay kam herüber und hockte sich neben Edeard. Die Gläser in seiner Brille waren so dick wie Flaschenböden. Es war für Edeard kein Geheimnis, dass er praktisch blind war. Nur seiner Fernsicht verdankte er es, dass er dieser Tage noch herumlaufen konnte.
»Meinst du, Boyd ist dort?«, fragte Dinlay.
Edeard lächelte wehmütig. »Falls nicht, werden wir wohl eine Durchsuchung der Leere veranstalten müssen.«
»Ich bin sicher, dass uns ein Skylord dabei helfen würde«, sagte Kanseen über Longtalk. »Er hat seinen Platz im Herzen verdient.«
»Das wär' doch mal was«, sagte Kristabel. »Eine Reise quer durch das Universum, die größere Version unserer Fahrt um die Welt.«
»Ja, meine Liebe, das wär' wirklich mal was.«
Er sah, wie sie ihren Kopf drehte, um ihn anzustarren, die Augen zu diesem ach so wunderschönen vertrauten Ausdruck verengt. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein, nein, alles in Ordnung. Aber sagt mir mal eins, ihr alle: Wenn es etwas gäbe, von dem ihr wüsstet ... eine Fähigkeit, die ihr hättet und mit der ihr alles verändern könntet ... die Art und Weise, wie ihr gelebt habt, eure Überzeugungen, eure ganze Denkweise sogar, würdet ihr dieses Wissen für euch behalten?«
»Was für eine Fähigkeit?«, fragte Macsen scharf. »Etwa die, mittels der du mit der Stadt gesprochen hast?«
»Nein, etwas viel Größeres als das.«
»Würde sie die Dinge zum Besseren wenden?«, fragte Kristabel.
»Sie würde nur Veränderung bringen. Wie sie angewendet wird, ob zum Besseren oder zum Schlechteren, liegt an dem, der sie benutzt.«
»Du kannst nicht über die Menschen richten«, sagte Dinlay. »Nicht mal du, Waterwalker, hast dieses Recht. Wir mögen zwar unsere Gerichtshöfe haben, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, aber über die Beschaffenheit von jemandes Seele zu entscheiden, steht uns nicht zu. Das entscheidet einzig und alleine das Herz.«
»Wenn diese Fähigkeit existiert, dann existiert sie nicht ohne Grund«, bemerkte Kanseens Longtalk.
»Das dachte ich mir auch«, sagte Edeard.
In dem Moment ging unter ihnen ein kollektives Keuchen durch die Stadt. Dann ein Jubeln, als der Skylord sich über den Horizont erhob. Die ungeheure Flut von überschwänglichen Segenswünschen, die sie über Longtalk von Makkathrans Menschenmassen erreichten, schwoll an zu einem Crescendo. Es war dazu angetan, Edeards Körper in einem letzten Aufwallen noch einmal Kraft zu verleihen. Er streckte seine dritte Hand aus und zog seine Freunde an sich. Sie hielten sich bei den Händen, als der Skylord über der Lyot-See heranjagte. Ein stürmischer Wind eilte ihm voraus und ließ ihre Roben wild flattern. Um sie herum begannen die Dornen des Turms zu erglühen und schufen eine leuchtende Korona, die sich über die ganze Plattform ergoss und die Luft mit Funken erfüllte, als ob die Sterne selbst auf sie herabregneten.
»Wirst du uns aufnehmen?«, fragte Edeard den Skylord. »Wirst du uns zum Herzen geleiten?«
»Ja«, antwortete huldvoll das gigantische Geschöpf.
Tränen der Dankbarkeit rollten Edeards Wange hinab, als das Licht stärker wurde und der Schatten des Skylords über Eyrie glitt. Das jetzt war seine letzte Gelegenheit.
Das Licht loderte grell auf, bestürmte seine Augen. Er
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