Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere

Titel: Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton

Vom Netzwerk:

eine Art von Raumschiff sie benutzten. Das konnte er nicht zulassen.
    »Wohl kaum ein Ritual«, wandte der Führer verschnupft ein.
    »Anthropologen glauben, dass alles, was wir tun, sich unter dem Aspekt des Ritualhaften zusammenfassen lässt«, sagte Corrie-Lyn in beschwichtigendem Ton. »Aber sagen Sie, ist das hier wirklich Inigos Bude im Studentenwohnheim?« Beflissen wedelte sie mit der Hand in Richtung des tristen holographischen Zimmers, das sich vor ihnen befand. Diverse unansehnliche und heruntergekommene Möbelstücke, die denen in 3-D-Color dargestellten glichen, waren in transparenten Stasiskammern ausgestellt.
    »Ja«, erwiderte der Führer, wieder in seinen Zustand der Abgeklärtheit zurückfindend. »Ja, das ist es. Hier hat er seine Ausbildung als Astrophysiker begonnen; der erste Schritt auf dem Weg, der ihn nach Centurion Station führte. Die Bedeutung dieser Umgebung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.«
    »Donnerwetter«, gurrte Corrie-Lyn.
    Aaron war beeindruckt, dass sie nicht eine Miene dabei verzog.

    »Was sollte das alles?«, stellte Corrie-Lyn ihn zur Rede, als sie in einer Taxikapsel saßen und auf dem Weg zurück zum Raumhafen-Hotel waren.
    »Ihnen kam die ganze Sache also nicht merkwürdig vor?«
    »Okay, zwei geile Teenager haben beschlossen, ein Baby zu machen. Das ist doch nichts Besonderes.«
    »Doch, das ist es. Sie gingen beide noch zur Schule. Dann verschwindet Erik auf einmal ein paar Monate nach der Geburt. Weiterhin haben Sie mir erzählt, dass Inigo eine Tante besaß, die äußerst effektiv aus seiner Familiengeschichte herausgeschrieben wurde. Und Sie behaupten, Inigo wäre Higher, was entweder bei seiner Geburt oder relativ früh in seinem Leben geschehen sein muss; das heißt, vor seiner Centurion-Mission.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil er sich, wie Sie sagten, die allergrößte Mühe gegeben hat, es vor seinen Anhängern zu verbergen. Es ist nicht logisch anzunehmen, dass er sich Biononics verschafft hat, nachdem er mit Living Dream begann.«
    »Einverstanden, aber was entnehmen Sie dieser ganzen Theoretisiererei?«
    »Sie sagt mir nur, was für ein Haufen Schwachsinn seine offizielle Vergangenheit ist«, entgegnete Aaron, mit einer abfälligen Handbewegung in Richtung des immer kleiner werdenden Museums hinter ihnen weisend. »Diese ganze Farce ist eine perfekte Methode, Inigos wahre Geschichte zu verschleiern. Sie liefert eine einwandfreie Alternativgeschichte, mit gerade genug Berührungspunkten zur nachprüfbaren Realität, um nicht in Frage gestellt zu werden. Außer natürlich, man ist hartnäckig wie wir und hat zufällig Kenntnis von ein paar unbequemen Fakten, die nicht ganz ins Bild passen wollen. Wäre er schon als Higher geboren worden, müsste eines seiner Elternteile Higher gewesen sein. Sabine war es mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht und Erik hat sein Kind praktischerweise wenige Monate nach der Geburt im Stich gelassen.«
    »Es war zu viel für den Jungen, das ist alles. Wenn Inigos Geburt, wie sie annehmen, ein Unfall war, würde das niemanden groß überraschen.«
    »Nein. Das ist es nicht. Ich glaube keineswegs, dass es ein Unfall war. Ganz im Gegenteil.« Er gab seinem U-Shadow Anweisung, die nicht zu Living Dream gehörenden örtlichen Archive nach besonderen Ereignissen aus dem Jahr vor Inigos Geburt zu überprüfen. Sie hatten schon beinahe das Hotel erreicht, als endlich eine Rückmeldung kam.
    »Aha, da haben wir es.« Er ließ sie in die Datei Einblick nehmen. »Archiv der lokalen Nachrichtenagentur. Wurde vor zweihundert Jahren von einer intersolaren aufgekauft und von der Stadtbehörde in den Status ›eingestellt‹ heruntergestuft. Deshalb sind die Dateien auch so gut versteckt. Der Kunsttrakt der Kuhmo-Akademie ist achteinhalb Monate vor Inigos Geburt abgebrannt.«
    »Richtig. Hier steht, der Trakt sei Mittelpunkt eines Bandenkriegs gewesen«, bemerkte Corrie-Lyn, während sie hastig die Datei überflog. »Ein Haufen hitzköpfiger Kids hat sich einen Revierkampf geliefert.«
    »Ja, genau. Und jetzt starten Sie eine Suche nach Gang-Kultur in Kuhmo. Vor allem im Hinblick auf Vorfälle, bei denen Waffen im Spiel gewesen sind. Los, machen Sie schon. Ich wette tausend zu eins, dass Sie keine weiteren Dateien finden werden, weder aus der Zeit fünfzig Jahre vor diesem Datum noch aus den fünfzig Jahren danach. Schauen Sie sich die Geschichte von diesem Ort an, bevor Inigo seine Monstrosität hierhin