Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
diesen Teil seines Projekts zurückgehalten, eben weil er so nahe vor einem Erfolg stand. Es war als sein letztes Argument gedacht gewesen, für den Fall, dass die Präsentation nicht gut verlaufen wäre. Was sie in gewisser Weise ja auch nicht war. Aber … »Ich hoffe, Ihnen schon bald positive Resultate vorlegen zu können.«
»Daran wäre ich wirklich sehr interessiert«, sagte Kazimir und zauberte zum Abschluss ein Lächeln auf sein Gesicht, das ihn um Jahrhunderte jünger aussehen ließ. »Danke, dass Sie uns all dies mitgeteilt haben. Und ich weiß die Mühe und Arbeit, die Sie sich gemacht haben, wirklich zu schätzen.«
»Ich auch«, erwiderte Troblum schroff. Schweigend wartete er, während sich die Abschirmung abschaltete und die anderen das Zimmer verließen. Am liebsten hätte er dem Admiral hinterhergeschrien: Deine Mutter hat ihre Entscheidungen immer ohne ein Komitee, das sie am Händchen gehalten hat, getroffen; was deinen Großvater betrifft und was er von der Meinung anderer hielt, so …
Stattdessen stieß er nur verärgert die Luft aus und verschloss die Files wieder in seiner Speicherlakune. Es war immer riskant, einem Idol zu begegnen. Zu wenige wurden ihrer eigenen Legende gerecht.
Draußen stieg das erste Licht des kühlen Morgens auf, als der Delivery Man von seiner jüngsten Tochter geweckt wurde. Wieder einmal hatte Klein Rosa entschieden, dass fünf Stunden Schlaf für sie völlig ausreichend waren. Nun saß sie aufrecht in ihrem Kinderbettchen und schrie nach Aufmerksamkeit. Und nach Milch. Neben ihm regte sich Lizzie und schien aus einem tiefen Schlaf emporzukommen. Bevor sie am Ende noch ganz erwachte, schwang er sich aus dem Bett und eilte den Flur entlang zum Kinderzimmer hinüber. Wenn er sich nicht beeilte, würden Tilly und Elsie aufwachen, und dann wäre für alle hier die Nacht zu Ende.
Hinter ihm schwebte der pädiatrische Hausbot durch die Kinderzimmertür herein, ein simpler Ovoid von knapp über einem Meter Größe. Durch ihre neutralgraue Außenhülle brachte die mechanische Amme Rosas Milchfläschchen zum Vorschein. Sowohl er wie auch seine Frau Lizzie hassten die Vorstellung, das Kind allein der Obhut einer Maschine zu überlassen, auch nicht einer so hoch entwickelten wie dem Hausbot. Also setzte er sich mit der Kleinen in den großen Sessel, der neben dem Kinderbettchen stand, und begann, sie zu füttern. Mit einem anbetungswürdigen Lächeln, das sich um die Nuckelöffnung herum ausbreitete, drückte sich Rosa fester in seine Arme. Der Hausbot fuhr einen Schlauch aus, steckte ihn auf das entsprechende Gegenstück an ihrer Nachtwindel und saugte die während des Schlafs ausgeschiedene Körperflüssigkeit ab. Glücklich winkte Rosa der Maschine hinterher, als sie aus dem Kinderzimmer glitt.
»Iesehn«, gurrte sie und trank weiter.
»Wiedersehen«, verbesserte sie der Delivery Man. Mit ihren siebzehn Monaten fing Rosa gerade erst an, einen Wortschatz zu bilden. Die biononischen Organellen in ihren Zellen waren, abgesehen davon, dass sie sich selbst reproduzierten, um, während sie heranwuchs, ihre neuen Zellen zu ergänzen, quasi noch inaktiv. Umfangreiche Forschungen hatten gezeigt, dass es für einen Higher-Geborenen besser war, der Entwicklung bis etwa zum Einsetzen der Pubertät ihren natürlichen Lauf zu lassen. Danach konnten die Biononics wie vorgesehen genutzt werden. Eine ihrer Funktionen bestand beispielsweise darin, den Körper so zu verändern, wie immer ihr Wirt dies wünschte. Er war sich immer noch nicht ganz sicher, ob es eine so gute Idee war, Teenagern die uneingeschränkte Macht über ihre Physiologie zu überlassen. Immer wieder kam es aufgrund dessen zu ernsthaften, selbst verschuldeten Patzern. Er selbst konnte sich noch gut an die Zeit erinnern, als er vierzehn gewesen war und sich fürchterlich in ein siebzehnjähriges Mädchen verknallt hatte. Also hatte er versucht, seine Genitalien zu veredeln . Es waren fünf ungeheuer peinliche Fahrten zu einem Spezialarzt für biononische Eingriffe nötig gewesen, bis er die schmerzhaften abnormalen Geschwulste wieder los gewesen war.
Als Rosa zu Ende getrunken hatte, trug er sie nach unten. Er und Lizzie bewohnten ein klassisches georgianisches Stadthaus in Londons Holland Park District. Es war vor dreihundert Jahren mit modernster Technik restauriert worden, um von der alten Bausubstanz so viel wie möglich zu erhalten, ohne auf Stabilisierungsfelder zurückgreifen zu müssen. Um die
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