Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
zwischen Vogelhaus und Katzenheim. Sie bestand aus einem niedrigen, runden Gebäude, ungefähr halb so groß wie das Vogelhaus. Ihr breites, eisenbeschlagenes Holztor war geschlossen und verriegelt. Dies war der einzige Ort auf dem Anwesen, zu dem Ge-Affen keinen Zutritt hatten. Es war Edeards Aufgabe, die Anlage sauber und in Ordnung zu halten.
Auf einem windgeschützten Stein rechts neben der Tür standen neun brennende, dicke Kerzen, traditionsgemäß eine für jedes Ei in der Anlage. Er ließ seinen Fernblick über die Eier schweifen und stellte erfreut fest, dass die Embryonen sich zufriedenstellend entwickelten. Nachdem sie gelegt worden waren, mussten die Eier etwa zehn Tage ausgebrütet werden – gehegt und gepflegt und auf Gestelle gebettet, die während der Wintermonate von in einem großen Eisenofen glimmenden Kohlen warm gehalten wurden. Er musste noch vor Mittag die Asche herausholen und ein paar Stücke nachlegen. Aus einem der Eier, so schätzte Edeard, würde schon morgen ein neues Tier schlüpfen, ein weiteres Pferd.
Zum Schluss ging er noch ins Katzenheim hinüber, dem kleinsten der Gebäude, die den Innenhof umgrenzten. Standard-Genistar-Katzen waren zarte, semiaquatische Geschöpfe mit dunklem, glattem Fell und großen mit Schwimmhäuten versehenen Füßen, die keine oberen Gliedmaßen besaßen. In den Gildenlehrbüchern wurden sie als eine der sieben Standardgattungen geführt, obwohl noch kein Mensch außerhalb der Hauptstadt Makkathran jemals viel Verwendung für sie gefunden hatte. Allein die Gondolieri nahmen stets einige von ihnen mit auf ihre Barken, damit sie die Stadtkanäle von Seegras und Nagern freihielten.
Das Katzenheim war ein rechteckiger Raum, der von großen, kniehohen Steintischen dominiert wurde. Durch einige ins Dach eingelassene Fenster fiel Licht herein. Edeard nahm mittlerweile zu seinem normalen Sehvermögen immer auch seinen Fernblick zu Hilfe, wenn er sich durch die engen Durchgänge zwischen den Tischen schob, da das Ki-Moos so produktiv wucherte. Von hier aus waren die Fenster nur mehr schmale Schlitze, die einen spärlichen violetten Glanz lieferten.
Entlang der Tische waren Glasbehälter aufgestellt. Sie waren uralt, Bassins von der Größe klobiger Särge, die noch aus der Zeit stammten, als das Anwesen erbaut worden war. Gut die Hälfte wies an den Seiten Sprünge auf und das Glas war von abgestorbenen Algen verschmutzt, während Kies und ausgetrockneter Schlamm die Böden der Behälter bedeckte. Fünf von ihnen hatte Edeard generalüberholt, um seine umgeformten Katzen darin unterzubringen. Aus drei weiteren hatte er behelfsmäßige Wasserbehälter gemacht. Die Schläuche, mit denen er sie auf ihre Tauglichkeit hin überprüft hatte, lagen noch immer heillos verheddert am Boden. Alle fünf umgeformten Katzen ruhten auf den Kiesbetten in ihren Bassins und wurden von nur wenigen Zentimetern sich träge bewegenden Wassers umspült. Sie glichen aufgedunsenen, glitzernd schwarzen Fleischrhomben und waren etwa halb so groß wie ein Mensch. An ihren Körpern saßen keine Gliedmaßen, nur an den Flanken befand sich je eine Reihe von sechs ringförmigen Kiemen, aus denen dicke Hautschläuche herabbaumelten. Die Köpfe waren so klein, dass sie völlig unterentwickelt, ja fast schon missgebildet wirkten und sie besaßen weder Augen noch Ohren. Es überstieg auch die Möglichkeiten von Edeards Fernblick, auch nur den Funken eines Gedanken in den winzigen Gehirnen zu entdecken.
Guter Dinge schaute er lächelnd auf die regungslosen Klumpen hinab und durchforschte sie nach etwaigen Anzeichen von Krankheit. Als er überzeugt war, dass ihr Gesundheitszustand so gut war, wie er nur sein konnte, stand er eine Weile völlig still da, atmete in ruhigen und regelmäßigen Zügen ein und aus – ganz so, wie Akeem es ihm beigebracht hatte – und konzentrierte seine telekinetischen Kräfte, seine »dritte Hand«, wie die meisten Dorfbewohner es nannten, auf die erste Katze. Er konnte das schwarze Fleisch in seinem immateriellen Griff spüren und hob es aus seinem Bett aus schmutzigem Kies.
Eine halbe Stunde später, als Barakka, der Dorfstellmacher, seinen Wagen in den Innenhof fuhr, traf er Edeard und Akeem neben fünf Planen stehend an, auf denen die umgeformten Katzen lagen. Beim Anblick der bizarren Geschöpfe verzog der Mann angewidert das Gesicht und bedachte den alten Gildenmeister mit einem skeptischen Blick.
»Bist du dir mit denen da ganz sicher?«, fragte er, als er
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