Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
Zudem vergrößerte sie seine Augen für jeden, der ihm gegenüberstand, auf ein geradezu beunruhigendes Maß. Irgendwann im Verlauf des Abends hatte er seine Jacke verloren, und nun stand er da und bibberte, und das nicht nur wegen der kühlen Morgenluft. Noch niemals hatte Edeard ihn so blass gesehen.
Fahin durchsuchte den Lederranzen, den er stets bei sich trug. Er war angefüllt mit Schachteln getrockneter Kräuter, kleinen Fläschchen und einigen aufgerollten Leinenverbänden. Der Ranzen hatte ihn in den Wirtshäusern den ganzen Abend lang zur Zielscheibe zahlreicher spöttischen Bemerkung gemacht, dennoch hatte er sich beharrlich geweigert, auf ihn zu verzichten.
»Meinst du, sie lassen uns auf den Karren mitfahren?«, fragte Janene kläglich, als sie zu den Erwachsenen hinübersah, die laut lachend die Köpfe zusammensteckten. »Ich glaube nicht, dass ich heute Morgen in der Lage bin, auf einem Ge-Pferd zu reiten.«
»Keine Chance«, sagte Edeard.
»Wie viel Geld habt ihr noch?«, fragte Fahin. »Ich meine, ihr alle.«
Zögernd begannen die Lehrlinge in ihren Taschen zu kramen. Fahin schaffte es, zwei Pfund in kleinen Münzen zusammenzusammeln und eilte sodann in Richtung Kräuterstand davon. Als er zurückkam, machte er sich daran, Tee aufzubrühen, leerte etliche Schachteln mit getrockneten Blättern hinein und fügte den Inhalt eines Fläschchens aus seinem Ranzen hinzu.
»Was ist das?«, fragte Alcie, als er an dem Kessel schnupperte und mit tränenden Augen zurückwich. Edeard konnte es ebenfalls riechen, irgendetwas in der Art von süßlichem Pech.
»Grorinde, Flonsamen, Duldulvogel-Augen, Nanaminze.« Fahin drückte ein paar Limonen über dem kochenden Wasser aus und rührte den Sud um.
»Das ist ja ekelhaft!«, rief Obron aus.
»Es wird uns kurieren, das verspreche ich bei der Herrin.«
»Bitte sag, dass man das Zeug einreiben muss«, flehte Edeard.
Fahin wischte sich die beschlagenen Brillengläser ab und goss sich selbst einen Becher ein. »Am besten in einem Zug runter damit«, sagte er und machte es ihnen vor. Er verzog das Gesicht, und seine Backen blähten sich auf. Einen Augenblick lang dachte Edeard, dass er alles wieder ausspucken würde.
Unschlüssig blickten die anderen Lehrlinge auf den Kessel. Fahin füllte den Becher erneut. Edeard konnte die Skepsis in den Gedanken der anderen spüren. Er selbst empfand aufrichtiges Mitgefühl mit Fahin, der sich nach Kräften bemühte zu helfen und von den anderen angenommen zu werden. Er streckte seine Hand aus und griff nach dem Becher. »In einem Schluck?«
»Ja«, sagte Fahin und nickte.
»Du wirst doch nicht …«, schrie Janene entsetzt auf.
Edeard kippte das Gebräu hinunter. Im nächsten Moment meldete sich der Geschmack in seinem Mund; so ungefähr, dachte er, musste es sein, wenn man Viehmist kauen würde. »O Herrin! Das ist … Arrgh.« Seine Magenmuskeln krampften sich zusammen und er beugte sich nach vorn, befürchtete, sich übergeben zu müssen. Eine seltsame Benommenheit nahm von ihm Besitz. Er setzte sich hin und holte, wie nach einem heftigen Bauchtritt, tief Luft.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Genril.
Edeard stand kurz davor, Fahin etwas ausgesprochen Gemeines an den Kopf zu werfen. »Um ehrlich zu sein, kann ich überhaupt nichts fühlen. Obwohl ich immer noch Kopfschmerzen hab.«
»Das dauert ein bisschen«, keuchte Fahin. »Wart mal fünfzehn Minuten oder so. Der Flonsamen muss erst in die Blutbahn gelangen. Und du solltest einen halben Liter Wasser hinterhertrinken. Das hilft.«
»Und wofür waren jetzt die Limonen?«
»Um den Geschmack zu überdecken.«
Edeard fing an zu lachen.
»Wirkt das Zeug tatsächlich?«, fragte Alcie ungläubig.
Edeard zuckt nur mit den Schultern. Fahin füllte einen weiteren Becher auf.
Die Angelegenheit wurde zum Ritual. Tapfer würgte jeder Lehrling den abscheulichen Trunk hinunter. Sie schnitten Grimassen und johlten und feuerten sich gegenseitig an. Leise ging Edeard zur Marktpumpe und holte sich eine Flasche Wasser. Fahin hatte recht, das Gebräu half wirklich, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Nach etwa einer Viertelstunde fühlte er sich wieder ganz gut. Nicht hundertprozentig zwar, aber das Gesöff hatte definitiv die schlimmsten Symptome gelindert. Er konnte sogar in Richtung Frühstück denken, ohne dass ihm schlecht wurde.
»Danke«, sagte er zu Fahin. Der hoch gewachsene Junge lächelte ihn erfreut an.
Hinterher, als sie die Wagen beluden und die Ge-Pferde
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