Das dunkle Universum 1 - Traeumende Leere
durch die Luft. Sein Geist griff nach dem Ge-Wolf, lenkte ihn in fieberhafter Eile. Doch ihm blieb keine Zeit. Der Waldmensch hatte seinen Bogen zu Boden geschleudert und stürmte nun direkt auf ihn zu. In seiner Hand blitzte ein Messer auf.
Ein jäher telekinetischer Stoß traf Edeard und warf ihn fast wieder zu Boden. Mühsam parierte er ihn, spürte die Kräfte wie eisige Finger über seine Haut hinweggleiten. Der Bandit machte Anstalten, es mit einer Herzquetsche zu versuchen, eine Angriffsmethode, über die die Lehrlinge nur in banger Ehrfurcht sprachen, wenn sie sich daheim in Ashwell versammelten. Der Einsatz von Telekinese im Körper eines anderen galt als äußerstes Tabu. Jeden, der bei dieser Schandtat erwischt wurde, erwartete die Verbannung. Für immer.
Und jetzt rauschte dieser Bandit auf Edeard zu. Das Messer gezückt. Mordlust in seinen Gedanken. Und mit einer dritten Hand, die alles daran setzte, lebenswichtige Organe anzugreifen.
Die Angst hatte Edeard gänzlich verlassen. Nicht einmal an die anderen dachte er noch. Ein Irrer hatte es allen Ernstes darauf abgesehen, ihm den Garaus zu machen. Aus mehr bestand das Universum für ihn in diesem Moment nicht. Und wie Akeem im Verlauf ihres allzu kurzen Unterrichts in telekinetischen Verteidigungstechniken erklärt hatte, ging in solchen Fällen nichts über einen starken Schlag, um den anderen außer Gefecht zu setzen.
Edeard richtete sich auf, ließ die Arme sinken und schloss die Augen. Er formte seine dritte Hand. Wartete. Das Stampfen der nackten Füße des Banditen auf den Waldboden drang an sein Ohr. Warten. Der Mann setzte zu einem Berserkerschrei an. Das Messer hob sich, der Griff umklammert von weiß hervortretenden Knöcheln. Warte … pass den richtigen Augenblick ab. Edeards Fernblick zeigte nun die perfekten Umrisse des Mannes, er konnte sogar die Beinmuskulatur erkennen, die sich bis zum Äußersten spannte, als er zum Sprung ansetzte. Jede Sekunde – Der Versuch, ihm das Herz zu zerquetschen, brach ab, alle telekinetischen Kräfte flossen darein, seinen Angriffssprung zu unterstützen, dem Messerstoß mehr Kraft zu verleihen.
– jetzt.
Der Bandit hob vom Boden ab. Edeard stieß mit seiner dritten Hand unter den Schatten in der Luft und ließ sie im gleichen Moment jäh nach oben schnellen. Der Kraftakt presste ihm ein ungebändigtes Brüllen aus der Kehle. Noch niemals hatte er eine solche mentale Anstrengung unternommen, nicht einmal zu seines Oberpeinigers Obron besten Zeiten.
Vom einen Augenblick zum nächsten verwandelte sich der halb triumphierende Schrei des Banditen in blankes Entsetzen. Edeard öffnete die Augen und sah gerade noch, wie ein dreckverkrustetes Paar Stiefel über seinen Kopf hinwegsegelte. »LECK MICH!«, brüllte er und korrigierte mit einem kleinen Schubs die Flugbahn um eine Winzigkeit zur Seite. In vier Metern Höhe donnerte der Bandit mit dem Kopf gegen den dicken Stamm eines Baums. Es gab einen hässlichen, dumpfen Schlag. Edeard zog seine dritte Hand zurück. Wie ein Stein sackte der Mann nach unten und schlug mit einem leisen Ächzen auf dem Waldboden auf. Sofort fiel der Ge-Wolf über ihn her.
Edeard wandte sich ab. All seine Gefühlsregungen kehrten mit der Macht einer Springflut zurück, als der Ge-Wolf an dem reglosen Körper zu reißen und zu zerren begann. Er hatte völlig vergessen, wie wild diese Kreaturen waren. Seine Beine zitterten so sehr, dass sie unter ihm wegzuklappen drohten, und ihm drehte sich der Magen um.
Das laute Krachen von Schüssen dröhnte durch den Wald. Alarmiert wirbelte Edeard herum. Das müssen welche von uns sein. Oder?
Dann waren überall Rufe und Schreie zu hören. Edeard wusste nicht, was er tun sollte. Einer der Schreie war sehr hoch: Janene.
»O Herrin, bitte!«, jammerte Obron. Sein Geist verströmte das Grauen wie eine kleine Nova.
Edeards Fernblick zuckte hinaus. Zwei Rennfüchse rasten direkt auf den weinenden Lehrling zu. Edeard hatte noch nie einen gesehen, aber er wusste sofort, was sie waren. Nur geringfügig kleiner als ein Ge-Wolf, aber wesentlich schneller, vor allem im Sprint; ein stromlinienförmiges Raubtier mit tiefschwarzem Fell, das fest genug war, um wie ein Panzer zu schützen. Der Kopf wies ebenso Fangzähne wie Hörner auf, und von beidem entschieden zu viel. Das Hinterbein war kräftig und stark und befähigte seinen Besitzer zu weiten Sprüngen, wenn er sich vom Boden abstieß, um sich endgültig auf seine Beute zu stürzen.
Und … sie
Weitere Kostenlose Bücher