Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt
Mutter.«
»Macht Euch nichts draus. Bis hierher war’s ein weiter Weg für Euch, und Ihr habt immer noch einen langen Weg vor Euch.«
»Hab ich?«
Doch die Pythia hatte sich schon Finitan zugewandt. »Was für einen faszinierenden jungen Freund Ihr da habt, Großmeister.«
»Es freut mich, dass Ihr so denkt, Pythia.«
»So jung, und doch schon so stark.«
Die Art, wie sie es sagte, jagte Edeard einen Schauer verwerflicher Freude über den Rücken. Er wagte nicht, in ihre Richtung zu sehen; stattdessen richtete er seinen Blick auf den Bürgermeister, der soeben die Stirn runzelte.
»Sagt Ihr ihm etwa große Dinge voraus?«, fragte Finitan heiter.
Die Pythia drehte sich ein wenig herum, um direkt auf Edeard zu blicken, ein Vorgang, den er unmöglich ignorieren konnte, schon gar nicht in einer Gesellschaft wie dieser. Er versuchte, ihren Blick zu erwidern, doch es fiel ihm unsagbar schwer.
»Euer Potenzial ist sehr stark«, sagte sie. In ihrer Stimme schwang ein fast neckischer Ton. »Folgt Ihr auch stets den Lehren der Herrin, Konstabler Edeard?«
»Ich tue mein Bestes, Ehrenwerte Mutter.«
»Davon bin ich überzeugt. Möge Sie Eure Bemühungen im Hinblick auf die Aufgaben, die Euch erwarten, segnen …«
Doch Edeard hörte sie fast nicht mehr. Eine Bewegung hinter Finitan hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Voller Entsetzen sah er, wie Mistress Florell genau auf sie zusteuerte. Sie war ganz in schwarzen Chiffon gekleidet und trug einen weiten Schleier, der von ihrem mächtigen Hut herunterhing. Seine Bestürzung musste irgendwie nach außen gedrungen sein. Wie auf Kommando drehten Finitan, der Bürgermeister und die Pythia sich herum, um die Ankunft der »erlauchten Dame« zu würdigen.
»Tante!«, rief der Bürgermeister freudig aus. »Wie schön, dass du gekommen bist.«
»Der da! Das ist er«, verkündete Mistress Florell mit krächzender Stimme. »Der junge Rüpel, der mich um ein Haar umgeworfen hätte.«
»Tante, ich bitte dich.«
»Nimm ihm die Epauletten weg«, blaffte sie herrisch. »Er taugt nicht dazu, dieser Stadt zu dienen. Es gab mal eine Zeit, da hatten wir unter den Konstablern noch Kerle mit Anstand, die Söhne von Edelmännern.«
Mit halb entschuldigendem Blick sah der Bürgermeister Edeard an. »Was ist passiert, Konstabler?«
»Ich war dabei, ein paar Diebe zu verfolgen, Sir. Mistress Florell kam aus einem Gebäude. Ich hab versucht, ihr auszuweichen …«
»Ha! Versucht, mich umzurennen, wohl eher.«
»Aber, aber, Tante. Der junge Mann hat offensichtlich nur seinen Job getan, so pflichtbewusste Burschen wie er sind genau das, was wir brauchen. Angenommen, der Dieb hätte dir deine Handtasche gestohlen, würdest du nicht wollen, dass man ihn verfolgt?«
»Niemand würde jemals meine Handtasche stehlen«, schnappte sie.
»Es tut mir wirklich leid , wenn ich Euch irgendwelchen Kummer bereitet habe«, sagte Edeard verzweifelt, doch die schreckliche Alte hörte ihm nicht mal zu.
Der Bürgermeister machte ein paar Schritte, um dann zwischen Mistress Florell und Edeard stehenzubleiben. Dann schnippte er mit den Fingern, als wollte er sagen: Geh weg. Edeard machte so etwas wie eine flüchtige Verbeugung und zog sich, begleitet von Finitan und Salrana, zurück.
»Tante, du weißt doch, dass es dir nicht gut bekommt, wenn du dich wegen jeder Kleinigkeit so aufregst. Übrigens, ein paar dieser angereicherten Weine vom Mindalla-Gut sind wirklich ganz köstlich, du musst sie unbedingt probieren –« Ein Anflug müder Verzweiflung lag in des Bürgermeisters Stimme.
Finitan grinste breit, während sie das Weite suchten. »Danke, Edeard: Diese Empfangspartys sind normalerweise ziemlich ermüdend.«
»Äh … Ja, Sir.«
»Und nun komm, das hier ist der Tag deiner Abschlussfeier. Lass ihn dir nicht von dieser verrückten alten Furie verderben. Sie hat verteufelt gute Beziehungen, genauso wie du sie hättest, wenn du dich so lange wie sie ans Leben geklammert hättest. Würde mich nicht wundern, wenn sie das Blut von Jungfrauen tränke. Ich bitte um Verzeihung, Novizin.«
»Ich hab schon von Mistress Florell gehört, Sir«, sagte Salrana.
»Jeder in der Stadt hat das«, erwiderte Finitan. »Genau deshalb glaubt sie ja, sie wäre wichtig. Dabei ist sie nur alt und widerwärtig.« Er legte eine Hand auf Edeards Schulter. »Und das sage ich als ihr Großgroßneffe persönlich. Um zwei Ecken herum, glücklicherweise.«
»Danke, Sir«, sagte Edeard.
»Und jetzt geh endlich und
Weitere Kostenlose Bücher