Das dunkle Universum 2 - Schwarze Welt
hinter ihr entrollte sich wieder.
»Warte!«, rief Clemance. »Du kannst nicht einfach so abhauen!« Mit diesen Worten stürmte sie aus einer anderen, einige Meter entfernten Tür und versuchte, sich im Laufen eine durchsichtige Stola überzuziehen.
Hinter ihr schritt Likan, sichtlich gefasster und in einen dicken dunkelvioletten Morgenrock gehüllt, auf Araminta zu. »Du sagst nicht mal auf Wiedersehen?«, fragte er. Ein hässliches Stirnrunzeln erschien auf seinem mopsartigen Gesicht.
»Das Hausnetz ist aktiv. Du wusstest längst, dass ich abreise. Wenn du mir vorher noch was zu sagen gehabt hättest, hättest du’s doch gekonnt«, sagte Araminta zu ihm. »Und da bist du ja auch.«
»Ja, da bin ich. Und ich würde gern wissen, wieso du uns verlässt. Ich denke, ich habe ein Recht darauf nach dem Angebot, das ich dir gemacht hab. Ich weiß, dass dir die letzte Nacht gefallen hat. Also, was soll das?«
Araminta blickte auf das aufgelöste Mädchen, das zwischen ihnen hin und her schwankte, unschlüssig, zu wem sie sich wenden sollte. »Hier? Bist du sicher?«
Likan trat einen Schritt nach vorn und legte Clemance seinen Arm um die Schulter, half ihr, ihre Stola überzuziehen. »Ich habe vor meinen Frauen nichts zu verbergen.«
»Auch nicht die Tatsache, dass sie psychoneural-profiled sind?«
Likans Miene blieb gelassen. »Es war anfangs ganz nützlich.«
» Nützlich? «, schrie sie ihn an. »Du hast sie dir zurechtgezüchtet, um sie dir zu Sklavinnen zu machen! Ein Profiling dieser Art ist illegal, ist es immer gewesen. Es ist abscheulich, so was zu tun. Sie haben überhaupt keine Wahl. Überhaupt keinen freien Willen. Es ist obszön! Warum nur, um Ozzies willen, warum? Du hast es doch gar nicht nötig, Leute in dein Bett zu zwingen. Vielleicht wäre sogar ich bei dir geblieben. Und ich weiß, dass es Tausende andere gibt, die auf so eine Chance nur warten. Also warum hast du das getan?«
Mit beinahe väterlichem Blick schaute Likan auf Clemance herab. »Sie waren die ersten«, sagte er nur.
»Die ersten?«
»Von meinem Harem. Ich musste doch irgendwo anfangen. Es war das Bootstrap-System.«
»Wovon zur Hölle redest du?«
»Zunächst mal beginnt man, wenn man gar nichts hat, sich an seinem Vorbild zu orientieren. Ich musste er sein, musste Nigel Sheldon werden. Er hatte einen Harem, also hab ich auch einen. Du machst dir keinen Begriff davon, was dieser Mann war. Er regierte Hunderte von Welten, Milliarden von Menschen. Ich hab keineswegs gescherzt, als ich ihn einen Imperator nannte. Er war der größte Mensch, der jemals gelebt hat. Ich musste wissen, wie man denkt, musste lernen zu denken, wie er gedacht hat.« Fast presste er die Worte hervor.
»Also hast du dir ein paar Sklaven erschaffen, um das zu erreichen.«
»Sie sind keine Sklaven. Wir alle sind durch persönliche Charakterzüge prädisponiert. Die Art, wie sie zusammenwirken: das ist es, was uns zu Individuen macht. Ich hab bei den Mädchen bloß ein paar Verhaltensattribute verstärkt.«
»Ja, genau: Willfährigkeit! Ich hab sie letzte Nacht beobachtet, Likan. Sie gehorchen dir wie Roboter.«
»Die Beziehung ist weitaus komplexer.«
»Aber darauf läuft’s doch hinaus. Wieso hast du dich nicht selber profiled, um so wie Sheldon zu denken? Wenn du schon jemanden zugrunde richten musst, warum nicht dich selbst?«
»Ich hab seine bekannten neuralen Charakteristika in meine DNA integriert. Aber eine neurale Struktur ist nur ein Gefäß für die Persönlichkeit. Ebenso braucht man das entsprechende Umfeld. Und zwar so vollständig, wie es nur eben geht.«
»Um Ozzies willen! Das sind mutwillig und vorsätzlich geschaffene Sklaven, die du da hast. Und du hältst das allen Ernstes für eine vertretbare Methode, der zu werden, der du zu sein wünschst? Das macht mich krank. Ich möchte weder zu dir noch zu deiner abartigen Familie gehören. Du würdest sie nicht mal ziehen lassen, wenn sie’s wollten! Warum löscht du ihr Profiling nicht einfach, sobald ihre Rejuvenationsbehandlung ansteht?«
»Ich hab sie aufgrund meiner Überzeugungen geschaffen – falscher Überzeugungen, deiner Meinung nach –, und jetzt meinst du, sie sollten aufgrund deiner Überzeugungen wieder umgemodelt werden. Findest du das nicht ein bisschen paradox? Es gibt ein altes Sprichwort, das besagt, dass ein Unrecht das andere nicht aufhebt. Ich übernehme die Verantwortung für meine Frauen, insbesondere für die, die profiled worden sind – genau wie es Sheldon
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