Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
während er versuchte, all das, was der Bürgermeister gesagt hatte, aufzunehmen. Als sie in dem Schatten standen, den das sich weithin ausbreitende Konglomerat aus Parlamentsgebäuden warf, blieb Owain stehen und schaute Edeard an.
»Ich hoffe, Ihr betrachtet mich nicht mehr länger als Euren Feind, Waterwalker.«
»Das habe ich nie wirklich getan, Euer Ehren.«
»Das freut mich. Eines Tages, wenn Eure Generation zu hohen Ämtern aufgestiegen sein wird, werdet Ihr die Eitelkeit und Dummheit kleinkarierter Politiker, die uns heute so sehr zu schaffen macht, ausgemerzt haben. Ich wünsche Euch dabei alles Glück.«
Owain neigte den Kopf und ging in den Turm, in dem die Schreibergilde untergebracht war. Sein Gefolge ging mit ihm; Hauptmann Larose lächelte wissend, als er an Edeard vorbeischritt.
»Du liebe Herrin«, stieß Edeard aus. Dann drehte er sich um und schlenderte gemächlich um das Parlamentsgebäude herum, auf die Brücke zu, die ihn wieder nach Jeavons zurückführen würde. Also wer immer das Rennen auch macht, er wird mich im Kampf gegen die Banden unterstützen.
Trotz allem, was der Bürgermeister gesagt hatte, hoffte er immer noch, dass es Finitan sein würde. Obwohl die Vorstellung von einer Strafkolonie auf einer fernen Insel auch etwas für sich hatte.
Von allen Menschen in Makkathran war Nanitte diejenige, von der Edeard am wenigsten erwartet hätte, sie bei seiner Rückkehr wartend vor den Konstablerkasernen vorzufinden. Doch als er an diesem Abend nach Hause kam, stand sie da.
»Kann ich mit dir reden?«, fragte sie, als er am Kaserneneingang war.
Edeards Fernsicht sondierte die Umgebung. Nicht nur, weil er nach irgendjemandem Ausschau hielt, den er kannte (was zum Beispiel in Macsens Augen gar nicht gut ausgesehen hätte), sondern weil er wissen wollte, wen Buate zur Beobachtung abgestellt hatte. »Ich geb dir eine Minute«, sagte er, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sich im näheren Umkreis nichts unmittelbar Verdächtiges befand.
»Nicht hier draußen, dafür ist es zu wichtig«, erwiderte Nanitte. Ihre Stimme klang leicht zittrig; von ihrer früheren Selbstsicherheit war nichts mehr zu spüren.
Edeard betrachtete sie genauer. Unter ihrem dunkelblauen Umhang trug sie ein tief ausgeschnittenes grün-weißes Kleid. Ihr Haar war in lange Wellen gelegt. Jetzt, hier draußen im Sonnenlicht, konnte er die dicke Schminke auf ihrem Gesicht erkennen. Doch selbst damit ließ sich ihr Bluterguss nicht völlig verbergen. Außerdem war ihre Lippe aufgeplatzt.
»Na schön«, willigte Edeard widerstrebend ein. »Fünf Minuten.«
Interessiert schaute Nanitte sich in der Maisonettewohnung um. Ihre Hand glitt über die Wände des kühlen Alkovens, Fingerspitzen berührten den Milchkrug und Früchte. »Hier drin ist alles so anders, genau, wie sie gesagt haben«, bemerkte sie, während sie zum Bett hinüberging. Eine Hand prüfte die Festigkeit der schwammartigen Substanz.
»Wer sind sie ?«
»Die Mädchen, mit denen ich gesprochen hab. Im Auftrag von Ivarl natürlich. Mit mir haben sie bereitwilliger geredet als mit ihm.«
Edeard grunzte. »Ja, klar.«
»Er war besessen von dir.«
»Und sein Bruder?«
Nanitte ließ sich auf die Bettkante plumpsen. »Ich hasse ihn.«
Edeard deutete auf ihr Gesicht. »Er schlägt dich.«
»Unter anderem, ja.«
»Verlass ihn.«
Sie lachte verbittert. »Du sagst das, ohne eine Miene zu verziehen. Du kommst wirklich von einem anderen Ort, stimmt’s?«
»Wahrscheinlich.«
»Ich will ihn ja verlassen«, gestand sie. »Diese Sachen, die du da neulich Abend zu ihm gesagt hast. Das alles wird geschehen, nicht wahr?«
»Ja. Auch wenn Owain die Wahl gewinnt; ich hab heute mit ihm gesprochen.«
»Dann wird man mich also aus der Stadt werfen.«
»Das hängt davon ab, wie tief du mit drinsteckst.«
»Ich war überrascht, dass mein Name noch nicht auf einer deiner Ermächtigungen steht.«
»Vorläufig kümmern wir uns in erster Linie um die Gewalttätigen.«
»Für mich wäre das kein Leben da draußen; nicht so, nicht als Exilhure.«
»Warum bist du hier, Nanitte? Was hast du mir zu sagen?«
»Er ist im Begriff, Waffen zu kaufen. Viele Waffen.«
»Von wem?«
Sie lächelte dünn. »Ich dachte mir, wenn ich jetzt aussteige, aus eigenen Stücken, könnte ich vielleicht in eine der größeren Städte jenseits der Iguru-Ebene gehen, dorthin, wo niemand mich kennt oder weiß, was ich bin. Ich könnte mir ein kleines Haus kaufen oder ein Stück
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