Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Erwerb und Reinigung von Bettlaken für das House of Blue Petals. Drei Jahre Genistar-Haltung. Drei Jahre Mattenaustausch. Drei Jahre Geschirr, Neuanschaffungen und Bruchschäden und Wertverlust und Abschreibungen. Drei Jahre Kosmetika und Friseurbesuche für die Mädchen. Drei Jahre Haarklammernkauf, jeder Posten penibel vermerkt und hinterfragt.
Buate selbst saß an einem Tisch auf der anderen Seite des Saals. Die Schultern schlaff, die Augen glasig und die Haut noch blasser, als die düstere Beleuchtung sie ohnehin schon machte. Als Edeard hereinkam, hob der Bandenbaron den Kopf. Seine betrübte Miene geriet zu einer Grimasse aus nackter Wut, als sich seine Gesichtsmuskeln verhärteten und der Kiefer zu mahlen begann.
Edeard hielt seinem Blick stand, während der Prüfer etwas über die ungewöhnlich hohen Ausgaben für geräucherte Toco-Nüsse am sechsten Dienstag im Juni vor zwei Jahren zu erfahren verlangte. Während seine Schreiber hektisch nach Quittungen für das Knabberzeug suchten, wandte Buate seine Augen nicht eine Sekunde von Edeard ab.
Am Ende war es Edeard, der zuerst wegsah. Er konnte es kaum glauben, aber er stand kurz davor, Mitleid mit Buate zu empfinden. Ihr Kampf, der war ein episches Ringen um die Seele einer ganzen Stadt; er sollte auf den Straßen und entlang der Kanäle stattfinden, von Gefolgsmännern mit Fäusten und dritten Händen ausgefochten, während ihre politischen Führer im Rat konspirierten und planten.
Aber nicht so. Das hier war unmenschlich.
Und ich hab ihm das angetan.
Edeard senkte den Kopf und schaute auf seine Stiefel; jeder Zoll der kleine Junge auf der letzten Schulbank, der darum kämpfte, nicht zu kichern.
Er eilte aus dem Finanzgerichtssaal, blieb dann im Kreuzgang stehen und lachte dann laut los. Einige der Schreiber in ihren weinrot-olivgrünen Westen sahen ihn missbilligend an.
»Verzeihung«, entschuldigte sich Edeard bei ihnen und ihrer Gilde im Allgemeinen. Er riss sich zusammen und ging weiter Richtung Centre Circle Canal. Er konnte das tun. Konnte den Gerichtshof, nachdem er einmal herzlich gelacht hatte, wieder verlassen. Hämisch gelacht, um ehrlich zu sein. Buate dagegen konnte das nicht. Buate saß hier jeden Tag sechs Stunden fest, seit nunmehr zehn Tagen. Und die Prüfung würde wohl noch mindestens acht weitere Tage dauern, wie Edeard erfahren hatte.
Wenn wir das doch nur mit jedem der Hundert so machen könnten. Damit hätten wir sie inzwischen alle gebrochen. Da bräuchten wir keine Verbannung mehr; sie wären längst schreiend durch die Stadttore entflohen.
Leider war diese Art der Finanzprüfung nur für die größeren Unternehmen der Stadt vorgesehen, die chronisch Steuern hinterzogen. Der Hauptkonstabler hatte dem Generalinspekteur einigen Druck machen müssen, um eine formelle Prüfung von Buates Geschäftsbüchern überhaupt ins Rollen zu bringen. Das Ganze hatte bereits einen Haufen Zeit verschlungen und kostete weit mehr, als es je einbringen würde. Und was am Ärgerlichsten war: Die Schreiber hatten noch immer keine konkrete Verbindung zwischen Buate und Ranalees Familie gefunden. Natürlich machte das nicht wirklich etwas aus. Es ging Edeard in erster Linie darum, Buate mit der Steuerprüfüng eine Weile beschäftigt zu wissen, während die Jeavons-Konstabler die Liste der Einhundert anlegten. Aber eine nachgewiesene Verbindung wäre auch ganz nett gewesen.
Edeard ließ die miteinander verschlungenen Kuppeln des Parlamentsgebäudes hinter sich und überquerte die filigrane Weißdrahtbrücke über den Centre Circle Canal.
Das Stück Land, das ringförmig von dem schmalen Kanal eingefasst wurde, war zu klein, um als ein Distrikt angesehen werden zu können, jedermann nannte es einfach nur Rahs Garten. Eine kleine grüne Oase inmitten des hektischen Regierungsbetriebs. Er schritt über einfache Wege, die von hohen, perfekt geformten Feuereiben gesäumt waren. Rosen brachten ihre ersten Blüten hervor und erfüllten die Luft mit einem zärtlichen Duft. Mehrere Süßwasserteiche wurden durch plätschernde Bäche verbunden, über die kleine, bucklige Steinbrücken führten. Als Edeard sie betrat, konnte er unter sich große smaragdgrüne und scharlachrote Fische dahingleiten sehen; fast schien ihm, als betrachteten sie ihn verstohlen, während er vorbeischritt.
Auf der anderen Seite von Rahs Garten ragte die Rückseite des Orchard-Palasts vor ihm auf, höher als jede der Kuppeln, die hinter ihm lagen. Hauptmann Larose wartete an
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