Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
der breiten, symmetrischen Freitreppe, die in den Palast hinaufführte, auf ihn. Edeard strich sich seine Ausgehuniformjacke glatt, auch wenn das ein bisschen hoffnungslos war angesichts der tadellosen Galauniform, die der Hauptmann trug.
»Waterwalker.«
»Heute nur Ihr, Hauptmann?«
»Ich fürchte, ja, mein Bester. Im Palast bin ich nicht mehr als ein bescheidener Führer.«
»So führt mich denn bitte hinein.«
Sie stiegen die drei Treppenabschnitte hinauf und schritten durch eine hohe, bogenförmige Tür. Hier zweigten fünf lange Kreuzgänge von der Eingangshalle ab.
»Meinen Glückwunsch übrigens«, sagte Larose. »Kristabel ist ein guter Fang.«
»Danke.«
»Hab sie selbst ein paarmal getroffen. Offensichtlich hab ich keinen allzu großen Eindruck auf sie gemacht.«
Edeard hielt es für das Beste, nichts dazu zu sagen.
»Habt Ihr mit Eurer Fernsicht wirklich Sergeant Chaes Seele gesehen?«
»Ja.« Letzten Endes hatte Edeard es sich abgewöhnt zu seufzen, bevor er zwanzigmal am Tag diese Frage beantwortete. Das war nicht höflich.
»Das gibt dem Leben Perspektive, was?«
»Der Tod ist nicht mehr ganz so beängstigend, aber das heißt nicht, dass man das Leben nicht mehr feiern sollte.«
»Ihr seid schon ein seltsamer Vogel«, stellte der Hauptmann fest, während sie in die Malfit-Halle traten. Edeard konnte sich gut vorstellen, wie Larose den Leitfaden für den verheirateten Herrn studierte und sich an jedem einzelnen Wort aufhing.
Sie gingen weiter in die Liliala-Halle, wo Edeard stehenblieb, um staunend wie bei seinem ersten Besuch die Decke zu betrachten. Lautlos wirbelte über ihm der Sturm; überall flackerte Licht, bizarre, schräge Schatten werfend, wenn Blitze durch die Wolken zuckten. Dann schlüpfte Alakkad durch die dahinjagenden Wolken. Ein glatter schwarzer Weltenball, von unzähligen leuchtendroten Linien durchzogen, den gewaltigen Lavaströmen, die sich über ihre Oberfläche wälzten.
»Ich hab gar nicht gewusst, dass es das hier gibt«, sagte Edeard völlig bezaubert. Er verdrehte sich fast den Hals, um die gesamte Decke auf einmal anzuschauen. »Kann man das ganze Band Gicons sehen?«
»Ihr kennt Euch aus in der Astronomie.«
»Ein bisschen. Es gab ein sehr altes Teleskop in der Gildenhalle, wo ich aufgewachsen bin. Mein Meister liebte es, den Himmel zu beobachten. Er hat immer behauptet, nach einem weiteren Schiff Ausschau zu halten, das unterwegs nach Querencia sei. Aber ich glaube, in Wirklichkeit hat er Ausschau nach den Skylords gehalten.«
»Tatsächlich. Nun, wenn Ihr lange genug wartet, werdet Ihr dort oben alle Welten sehen.«
Erneut türmten sich Wolken vor Alakkad auf. Edeard wäre gern noch länger geblieben. Das Band Gicons war immer sein liebster Anblick am nächtlichen Firmament gewesen – fünf kleine Planeten, die sich umeinander drehten, in einer Umlaufbahn um die Sonne ferner noch als Querencia selbst. Doch niemals hatte ihm das alte Teleskop Alakkad so detailreich gezeigt. Wie wohl Vili hier drin aussehen würde, oder die Marszwillinge.
Larose führte ihn durch eine Reihe von Räumen, die die Privatgemächer des Bürgermeisters darstellten. Owain erwartete ihn in dem ovalen Sanctum. Er saß hinter dem größten Schreibtisch, den Edeard jemals gesehen hatte. Er fragte sich, was, zum Honious, sich in den ganzen Schubladen befinden mochte, konnte sich jedoch gerade noch bremsen, sie mit seiner Fernsicht zu untersuchen.
»Waterwalker«, begrüßte ihn Owain mit einem unverstellten Lächeln. »Meinen herzlichen und aufrichtigen Glückwunsch am heutigen Tag. Ihr seid ein überaus glücklicher Mann.«
»Vielen Dank, Sir.« Es schien, als würde die ganze Stadt sich für ihn und Kristabel freuen.
Owain wartete, bis sich Larose wieder entfernt hatte. »Zunächst einmal«, begann er schließlich, »erlaubt mir, mich vielmals für den Vorfall in Eyrie zu entschuldigen.«
»Sir?«
»Diese verfluchten Pistolen. Meine Gilde hielt sie für mehr als tausend Jahre unter sicherem Verschluss. Sie sind vielleicht unser am strengsten gehütetes Geheimnis. Wie es dazu kommen konnte, dass sie fortgeschafft wurden, ist nach wie vor ein Rätsel. Selbst wenn es gelang, sie aus dem Tresor zu holen, sind da immer noch Wachen, Schlösser … Es sollte eigentlich unmöglich sein. Es war unmöglich, bis jetzt.«
»Wisst Ihr, wer dafür verantwortlich war?« Ronark und Doral hatten sämtliche Bandenmitglieder verhört, die sie an jenem Abend festgenommen hatten, doch sie waren
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