Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
abgefeuert wurden.
»Nein«, brüllte Edeard entsetzt.
Sein schäumender Wasserfall riss ein Dutzend Milizsoldaten von den Beinen und spülte sie über den Pfad, zappelnd und panisch nach Halt suchend, als die Reise über die Uferkante in den Kanal darunter ging.
»Feuer!«
Krachend ertönte eine zweite Salve.
»Haltet sie mir vom Hals«, rief Edeard seinen Freunden zu. Sofort begannen Macsen und Dinlay damit, die strampelnden Soldaten in den Cloud Canal zu prügeln. Denen, die noch geistesgegenwärtig genug waren, auf den Waterwalker zu zielen, entriss Kanseens dritte Hand die Waffen.
Hoch über der Burfol Street drehte sich plötzlich eine große Luftwalze. Märchen mit Wirbelstürmen waren in Edeards Kindertagen stets seine Lieblingsgutenachtgeschichten gewesen. Er hatte immer bedauert, dieses Naturphänomen nie selbst gesehen zu haben. Jetzt drückte und quetschte er die Atmosphäre auf Honious komm raus.
Die Luft verdichtete sich, wurde schwärzer und schwärzer, während sie gequält heulte und pfiff. Ein rotierender Finger wand sich aus ihr heraus und stieß hinab auf die Plaza.
Einem der durchnässten Zugmitglieder gelang es, einen Schuss auf Edeard abzufeuern. Doch Dinlay sah es früh genug kommen und stieß dem Soldaten mit seiner dritten Hand den Waffenarm zur Seite. Die Kugel ging weit daneben, und Dinlay schlug den Mann mit roher Gewalt nieder. Im gleichen Moment warf sich Leutnant Eustace auf Dinlay. Alle drei glitten auf dem nassen Pfad aus und gingen zu Boden. Ein weiterer Soldat stürzte sich in das sich prügelnde Menschenknäuel.
Mit einem Mal wurden sämtliche Blüten auf der Plaza emporgehoben und zogen wie eine rosarote Pilzkappe über die nahe liegenden Dächer. Der Wirbelsturm erreichte die brennende Barrikade aus Möbelstücken, welche die Burfol Street versperrte. Ihre lodernden Trümmer wurden mühelos in den Himmel katapultiert und wirbelten rasend schnell um die heulende Windsäule herum. Fünfzig Meter über der Stadt rissen sich die Brocken los und schleuderten in alle Himmelsrichtungen von dem sich ausdehnenden Sturm davon. Milizmänner wie Aufrührer rannten gleichermaßen um ihr Leben, als brennende Sessel und Bänke und Tische zu ihrem raschen Rücksturz auf den Erdboden ansetzten.
Zwei Soldaten warfen sich auf Kanseen. Sie wirbelte herum, während sie mitgerissen wurde, und zerrte die beiden mit sich über den Rand des Kanals, um im Wasser unterzutauchen.
Edeard verschob die Spitze des Tornados auf dem Boden und lenkte sie in die Barrikade am unteren Ende der Jankai Lane. Als die erste Ladung von brennenden Trümmern herabstürzte, schoss die nächste schon in einer Fontäne hinauf.
Leutnant Eustace befreite sich aus dem Durcheinander von Armen und Beinen, während Dinlay die anderen am Boden festhielt. Macsen stellte sich dem Mann in den Weg, sein Gesicht eine wilde Grimasse. »Ich weiß gar nicht, warum Ihr Euch so aufregt. Unser ganzer Schlafsaal ist sich einig, dass sie’s im Bett nicht bringt.«
Eustace brüllte wütend auf und stürzte sich auf Macsen.
Kurz bevor ihm endgültig die Kraft ausging, ließ Edeard die Luft, die er geformt hatte, los. Vor ihm schlossen sich die drei Soldaten, die von dem Zug noch übrig geblieben waren, zusammen, während Macsen und Eustace auf dem glitschigen Pfad miteinander rangen.
»Hau ab«, brüllte Macsen.
Mit wehendem Umhang setzte sich Edeard in Bewegung. Die zitternden Soldaten gaben noch einige halbherzige Schüsse auf ihn ab, die der Waterwalker nicht mal zu bemerken schien. Flach drückten sie sich, als er an ihnen vorbeiging, an die Hausmauern beim Kanal, starr und atemlos.
Als Edeard auf der Plaza ankam, war das Regiment gerade dabei, sich neu zu gruppieren. Mehrere Hauptmänner riefen ihm zu, er solle sich ergeben, doch er achtete nicht darauf. Per Stimme und Longtalk wurden Befehle in dem Versuch gebrüllt, die Reihen neu zu formieren und auf die Gestalt in dem schwarzen, wallenden Umhang Ziel nehmen zu lassen. Ein Regen aus winzigen Blüten ging sanft wieder auf die Erde nieder.
Am oberen Ende der Burfol Street blieb Edeard stehen. Er sah Menschen ängstlich aus den Hauseingängen und Gassen spähen, wo sie sich vor dem Hagel aus Möbeltrümmern duckten. »Lauft!«, brüllte er ihnen zu. »Wenn ihr hierbleibt, wird die Miliz euch töten, und falls ich euch in die Finger kriege, wird es für eure Seelen noch viel schlimmer.«
Die Leute fingen an zu rennen. Zuerst nur ein paar. Dann ging der Waterwalker weiter
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