Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Titel: Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
die Straße hinab. Er hob die Arme, und Blitze zuckten aus seinen Fingern, die nach den entblößten Spalierbäumen griffen. In diesem Moment setzte die Massenflucht ein. Dutzende und Aberdutzende nahmen die Beine in die Hand und brachten sich in Sicherheit vor der Gestalt, die sie am meisten fürchteten. Überall in Sampalok zeigte ihm seine Fernsicht flüchtende Menschen. Die Massen, die sich bis eben noch ihrer Vorherrschaft auf der Straße gewiss gewesen waren, stürmten nun auf ihr letztes Refugium zu: Bises Residenz.
    Edeard geriet beinahe ins Wanken, als er die erste Leiche erblickte. Es war eine Frau. Sie hatte drei Schüsse abbekommen. Winzige Blütenblätter schwebten auf sie herab und ließen sich auf ihren blutigen Kleidern nieder. Seine Fernsicht sondierte die Umgebung um sie herum und entdeckte ihre Seele, die über dem Leichnam verharrte. »Es tut mir so leid«, sagte er zu ihr. »Ich hätte schneller sein müssen.«
    Ihr spektrales Gesicht wirkte mutlos, als sie ihn anblickte. »Meine Jungen, was ist mit meinen Jungen? Sie sind noch so klein.«
    »Man wird für sie sorgen, das verspreche ich dir.«
    »Ich will sie noch einmal sehen, bevor ich gehe«, sagte sie und begann auf eine nahe liegende Gasse zuzuschweben. »Ich spüre, dass sie nicht weit sind. Ein letzter Blick, nur um ganz sicher zu sein …«
    Edeard senkte den Blick. Dann straffte er sich und ging weiter. Insgesamt zählte er fünfzehn Tote und mehr als zwanzig Verletzte, die vor ihm herhumpelten. Blut tropfte aufs Straßenpflaster. Er richtete seinen Longtalk auf sie, flüsterte ihnen zu, in die Seitengassen zu fliehen, wo bald schon Doktoren eintreffen würden. Einige folgten seinem Rat, acht taten es nicht.
    Owains Longtalk fand ihn, als er die Hälfte der Burfol Street zurückgelegt hatte. »Ich weiß nicht, was Ihr Euch dadurch zu erreichen erhofft. Tretet zur Seite und lasst die Miliz sich mit diesem Abschaum befassen. Ich will sehen, ob ich bei der Kommission Verständnis für den Part, den Ihr heute gespielt habt, erwirken kann.«
    »Das Wunder der Herrin«, entgegnete Edeard, und es war ihm egal, dass der Rest der Stadt seinen Longtalk wahrnehmen konnte.
    »Wie bitte?«
    »Einst hat die Herrin ein Wunder in Makkathran vollbracht, und ich werde es heute wiederholen.«
    »Euch ist nicht mehr zu helfen, Waterwalker.«
    »Dann lasst mich in Ruhe.«
    »Das kann ich nicht.«
    Ein Befehl hallte die Straße herab: »Regiment, im Gleichschritt, marsch!«
    »Wetten wir?«, stieß Edeard hervor, und dann: »Boyd, ich hoffe, du siehst das hier. Es ist deine herrinverdammte Idee.«
    Er verlangsamte seinen Schritt; vergewisserte sich, dass die, die in die Residenz flüchteten, genug Zeit hatten, sie zu erreichen, bevor er loslegte. Hinter ihm rückte das Regiment weiter in die Straße vor. Sie passten sich seinem Tempo an, hielten eine gleichbleibende Distanz. Unwillkürlich musste er grinsen.
    »Edeard«, richtete sich in diesem Moment Salranas Longtalk mit entnervender Zielgenauigkeit nur an ihn. »Was ist bloß aus dir geworden?«
    »Ich bin der Gleiche, der ich immer war.«
    »Was deine Stärke angeht, ja, aber dieser Hochmut … der ist neu.«
    »Sie haben mir keine andere Wahl gelassen.«
    »Edeard, du handelst gegen den Willen der ganzen Stadt. Halte ein.«
    »Der heutige Tag muss mit der Zerschlagung der Banden und ihrer Verbannung enden. Nichts anderes zählt noch.«
    »Was du tust, ist falsch. Du erhebst Anspruch auf alleinige Autorität. Du missbrauchst deine Gaben, um dich dem Rat selbst zu widersetzen.«
    »Vor langer Zeit hat Rah seine Stärke dazu benutzt, den Menschen Zuflucht vor dem Chaos zu gewähren. Nicht weniger vermag ich mit meinen Gaben zu tun, mit meiner Stärke. Jetzt aufzugeben, würde einen Verrat an allem, was er geschaffen hat, bedeuten – an allem, was er dieser Welt gab.«
    »Wage es nicht, dich auf Rah zu berufen. Du bist nicht Rah.«
    »Ich weiß. Aber ich werde nicht zulassen, dass sein wundervolles Vermächtnis verdorrt und erlischt. Das bin ich. Akzeptiere das endlich.«
    »Ich werde für das Licht beten, das einmal deine schöne Seele gewesen ist.«
    Edeard knirschte mit den Zähnen. Dann riss er seine Aufmerksamkeit los von der Freundin aus Kindertagen. Ich darf mich davon nicht ablenken lassen. Das wird sie nicht schaffen! Und nicht jeder zweifelt an mir.
    Wie auf der Suche nach einem Gegenpol zu Salranas schrecklichem Misstrauen, wandte sich Edeard mit einem gerichteten Longtalk an Felax, der immer

Weitere Kostenlose Bücher