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Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit

Titel: Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Schnee. Dann flog sie über die üppigen Wiesen des Vulkans, hügeliges Grasland, das einen breiten Grüngürtel direkt oberhalb der Baumgrenze bildete. Eisige Wasserfälle stürzten an schroffen Felsnasen herab und schufen ein Muster aus silbernen Strömen.
    Dann plötzlich blitzte ein anderes Bewusstsein im Raumschiff-Gaiafield auf. Die Gedanken der Person waren neugierig und voller Enthusiasmus.
    »Oh nein. Nein, nein, nein. Er kann nicht hier sein. Das kannst du mir nicht antun.«
    Eine große Lichtung öffnete sich in dem Wald unter ihr. Die Silverbird sank rasch herab. Ihre Landestützen wölbten sich aus dem Rumpf. Justine biss die Zähne zusammen. Der Aufschlag war nicht von schlechten Eltern. Die Kabine wurde erschüttert, durch das Tragwerk ging ein knirschendes Geräusch. Die Schwerkraft fiel unter standardmäßige ein G. Einige der Statusanzeigen des Schiffs flackerten kurz gelborange auf, dann leuchteten sie wieder grün. Ganze Sektionen verblassten auf neutral, als die Antriebseinheiten ihre Tätigkeit einstellten. Dieses Raumschiff würde so bald nirgendwohin mehr fliegen.
    Aber sie war unten, und unverletzt. Das war doch auch mal was.
    Das Bewusstsein war immer noch da; es wartete leicht ungeduldig ab. Sie erspürte seinen emotionalen Zustand eher mittels Fernsicht als über ihre Gaiamotes. Also konnte er ihre Gedanken wahrscheinlich ebenfalls fühlen.
    Justine nahm sich die Zeit, ihren Schutzanzug abzulegen. Schließlich wollte sie ihn nicht erschrecken, und auf jemanden, der mit der Technologie des Greater Commonwealth nicht vertraut war, würde er Furcht erregend wirken. Dann ließ sie von der Luftschleuse eine Notfallstrickleiter herab, da sie der Gravitationssteuerungsfunktion, die sie normalerweise sanft nach unten getragen hätte, nicht traute. Als sie sich an den Abstieg machte, fiel ihr auf, dass der beige Einteiler, den sie angezogen hatte, auffallend dem ledernen, graublauen Fluganzug glich, den sie in dem Hyperglider getragen hatte. Fehlte nur noch der Helm.
    »Das hast du wohl nicht hingekriegt, was?«, verspottete sie die Leere.
    Die Strickleiter geriet bedenklich ins Schaukeln, als sie sich dem Boden näherte. Die Pendelbewegung ließ sie über dem grasbedeckten Boden hin- und herschwingen. Sie beschloss, sich die letzten beiden Sprossen zu sparen und sprang.
    Die Gravitation war niedrig, genau wie auf Far Away. Schwer lag der Duft von Kiefern in der feuchtwarmen Luft. Ihre Fernsicht tastete umher. Die Wirkung war leicht desorientierend. Dann begann sie, die nebelhaften Umrisse zu deuten, brachte sie in Beziehung zu dem, was ihre Augen wahrnehmen konnten. Zusätzlich arbeitete unvermindert ihre biononische Feldscanfunktion und lieferte zuverlässige Auswertungen des umliegenden Terrains.
    Er stand etwa zehn Meter entfernt, höflich darauf wartend, dass sie ihn bemerkte. Langsam, ganz langsam drehte Justine sich um, immer noch damit rechnend, dass sie, wenn sie die Augen öffnete, die Kabine der Silverbird sah, während sie sich aus ihrem Suspensionsschlaf erhob. Doch nein, es war real. Er war real.
    Justine lächelte, zu benommen für irgendein Gefühl des Triumphs. »Hallo, Kazimir«, sagte sie.
    Sein Gesicht war perfekt: der kräftige dunkle Teint; die weißen Zähne hinter Lippen, die so unvergleichlich breit zu lächeln vermochten; das volle schwarze Haar, zurückgebunden mit einem roten Band. Und ebenso die Kleidung: die offen getragene Lederweste, die seinen wohlgestalteten muskulösen Oberkörper zeigte, und sein smaragd- und kupferfarben karierter McFoster-Clan-Kilt. Er trug sogar den kleinen Rucksack.
    »Du kennst mich?«, fragte er.
    Auch die Stimme war richtig. Andererseits sollte sie das auch sein, immerhin war er ihre ureigenste Schöpfung. Ihr erfreutes Lächeln wurde zu einem mitleidigen. »Ich weiß, was du glaubst, wer du bist. Das ist meine Schuld.«
    Er runzelte die Stirn. »Bist du okay? Dein Schiff ist so schnell runtergekommen …«
    Endlich lachte sie. Diese Besorgnis war so typisch Kazimir. »Nur ein bisschen durchgeschüttelt, mehr nicht. Übrigens, ich heiße Justine.«
    »Freut mich, Justine. Ist das wirklich ein Raumschiff?«
    »Ja, ganz wirklich.«
     
    Justine konnte nicht grausam sein, das war das Schlimmste an allem. Sie konnte ihm einfach nicht sagen, er solle abhauen, konnte ihn nicht ignorieren. Obwohl es so viel einfacher für sie gewesen wäre. Aber er war ein siebzehn Jahre alter Mensch mit Gefühlen; genau wie alle anderen, hatte er nie darum

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