Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
Ziels: ein Band zu knüpfen zwischen Gestern und Heute. Die unglaublich bizarre Bewegung beschleunigte sich. Edeards Vergangenheit rauschte an ihm vorbei. Und der wunderbar klare Moment, um den es ihm ging, raste auf ihn zu –
– Edeard erwachte schreiend. Der Schrei aus Schock und Ungläubigkeit gellte laut durch das Waldlager, aber er konnte nicht aufhören, die Luft aus seinen Lungen zu pumpen. Morgenlicht funkelte auf ihn herab.
Morgen!
Ein paar Meter weiter stand Dinlay, wie zur Salzsäule erstarrt, während er seinen Stiefel in die Höhe hielt. Er sah Edeard mit entgeistertem Blick an.
Edeard schaffte es endlich, mit dem Schreien aufzuhören. Mit wildem Blick sah er sich um und sprang dann auf, als er Macsen auf einem alten, umgestürzten Baumstamm sitzen sah.
»In deinen Schuh hab ich nichts reingesteckt«, protestierte Macsen im Brustton der Überzeugung.
»Du lebst!«, schrie Edeard.
»Was, zum Honious, ist hier los?«, fragte Topar. Er hatte sich von seiner Decke erhoben, die Pistole im Anschlag. Boloton, Fresage, Verini und Larby schauten gehetzt von hierhin nach dorthin auf der Suche nach der Quelle des Aufruhrs.
»Nichts!«, erwiderte Edeard atemlos. Der Ausbruch reinster Freude in seinem Kopf drohte ihn zu überwältigen. »Alles! Ich hab’s geschafft! Ich bin hier. Es ist real. Ihr seid real. Und ihr seid am Leben.«
Dinlay stieß ein resigniertes Seufzen aus. »Was hat dich denn gebissen?« Er spähte in seinen Stiefel. »Ah ha!« Mit seiner dritten Hand kratzte er die Überreste eines Utogkäfers heraus. Argwöhnisch warf er einen Blick auf Macsen.
»Edeard?«, fragte Topar vorsichtig.
»Alles in bester Ordnung.« Edeard hob beschwichtigend eine Hand, dann lachte er. Er fühlte sich jetzt fast schwindelig. Die ganze Welt wirbelte haltlos um ihn herum. Hart setzte er sich wieder hin. »Nein, wartet.« Er hob seine Hände, begann an seinen Fingern abzuzählen. »Der Hinterhalt ist in zwei Tagen. Äh … dann noch einen Tag und einen halben für den Rückritt. Herrin verdammt, wenn ich jetzt aufbreche, schaffe ich’s vielleicht nicht mehr rechtzeitig. Ich muss noch weiter zurück.«
Dinlay schob seinen Fuß in den Stiefel und kam zu ihm hinüber. »Schlimmen Traum gehabt?«
»Den schlimmsten, den es je gab.«
»Ah. Möchtest du etwas Tee? Du hast doch noch ein paar von diesen Leinenbeuteln übrig, oder?«, fügte Dinlay hoffnungsvoll hinzu.
»Nein.« Edeard stand jäh auf. Noch bevor Dinlay wusste, wie ihm geschah, küsste ihn Edeard.
»Himmel noch eins«, rief Dinlay aus und brachte sich eilig außer Reichweite.
Edeard lachte selig. »Ich kann nicht bleiben. Tut mir leid. Aber, bei der Herrin, es ist so gut, euch alle wieder am Leben zu sehen. Und die Mädels, unsere Frauen. Macsen, du wirst Vater werden. Das verspreche ich. Ich schwör’s bei der Herrin selbst.«
»Was, zum Honious, hast du gestern Abend getrunken?«, fragte Macsen.
»Ich hab … ich hab alles getrunken, was man trinken kann.«
»Ich glaube, du setzt dich besser wieder hin«, sagte Topar ruhig.
»Keine Zeit«, erwiderte Edeard grinsend. Wie übergeschnappt er den anderen wohl vorkommen musste. »Na ja, eigentlich stimmt das nicht ganz.« Er kicherte. »Erinnert ihr euch noch an den ersten Tag auf der Straße?« Ungeduldig schnippte er mit den Fingern. »Wir haben angehalten und gleich vor diesem Bauernhof unser Lager aufgeschlagen. Hm, wo war das noch gleich.«
»Stibbington«, knurrte Dinlay.
»Genau. Das ist der Ort, und Zeit wäre auch genug. Mehr als genug. Kaum einen Tagesgalopp zurück. Macsen, weißt du noch, wie du so wundgeritten warst? Wie du behauptet hast, du könntest auf keinen Fall laufen?«
»Ich erinnere mich.«
»Ja, ich auch«, sagte Edeard und griff nach dem Moment –
Justine: Jahr vier
Sie träumte noch immer. Betörende Bilder von ihrer wahren Liebe. Sein Geruch. Sein Lachen. Diese beiden Tage zogen sich dahin und dahin – Justine setzte sich in der Medikammer auf und ließ ihren Blick durch die Kabine der Silverbird schweifen. Alles war noch exakt so wie zu dem Zeitpunkt, als sie in Suspension gegangen war. Dieses Mal gellte nirgends ein Alarm. Sie hatten das Sternensystem erreicht, und das Raumschiffslog vermeldete einen ganz und gar ereignislosen Flug. Die Silverbird drosselte bereits ihre Geschwindigkeit.
Sie schwang ihre Beine aus der Kammer und zuckte angesichts der Steifheit ihrer Glieder zusammen. Die Nackenmuskeln waren verspannt. Was sie jetzt brauchte, war
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