Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
unserer Ankunft hab ich nichts anderes getan, als die Nestsensitivität zu erhöhen, in der Hoffnung, unsere Traummeister würden ihn irgendwann lokalisieren.« Vorwurfsvoll sah er zu Yenrol herüber, dämpfte seine Gaiafield-Emissionen für einen Moment. »Mit so was hier hab ich nicht gerechnet«, gestand er leise.
»Ich weiß, was Sie meinen«, erwiderte Cheriton, die Gleichgesinntheit in Person. »Ich hab zur Herrin gebetet, dass Ethan zum Kleriker-Conservator gewählt werden würde, aber ich hätte nicht gedacht, dass so etwas wie unsere Präsenz hier überhaupt notwendig sein würde.«
Danal zuckte die Schultern und machte sich sodann wieder an die Arbeit. Cheriton fuhr damit fort, die Routinen, die er ausbaldowert hatte, zu laden. Sie führten eine Erkennung aus, doch in umgekehrter Weise, sodass das Nest so etwas wie einen toten Punkt entwickeln würde, sobald es einen vom Zweiten Träumer stammenden Gedanken empfing. In diesem Fall würde es zuerst Cheriton informieren, bevor es zu seiner eigentlichen Funktion zurückkehrte.
Die fieberhafte Emsigkeit des Modifizierungsteams kam zum Erliegen, als Justines abenteuerliche Flucht die Unisphäre überschwemmte.
»Sie ist so nah«, sagte Danal voller Ehrfurcht, als die Sensoren der Silverbird die wogende Außenfläche der Leere offenbarten. Dann zuckten alle zusammen, als die Raiel den zweiten Mond in ein hyperlichtschnelles Beben transformierten.
»Wie machen die das?«, murmelte Cheriton, fasziniert von dem Maß extrem hochentwickelter Gewalt, die zum Einsatz gebracht wurde.
»Wen kümmert’s?«, meinte Danal. »Die Leere kann ihrer Teufelei locker widerstehen. Das hat sie eine Million Jahre lang getan. Das ist alles, worauf es ankommt.«
Cheriton hob eine Augenbraue. Es verlangte ihm einiges an Selbstkontrolle ab, seine Abscheu über die Bigotterie des Mannes nicht ins Gaiafield durchsickern zu lassen. »Hoffen wir, dass Justine ihr auch standhalten kann.«
»Sie ist keine Gläubige. Sie ist ein Geschöpf ANAs.«
»Sie ist ein Mensch«, sagte Cheriton. »Das heißt, sie sollte in der Lage sein hineinzukommen. Irgendwie.«
»Ah. Daran hab ich gar nicht gedacht.«
»Bitte«, ersuchte Yenrol das Modifizierungsteam. »Fahren Sie mit Ihrer Arbeit fort. Wenn der Zweite Träumer sich irgendwann zeigt, dann heute Nacht.«
Mit beschämtem Lächeln wandte sich Danal von Cheriton ab.
Oscar hatte nicht damit gerechnet, dass die Dinge sich in einem derartigen Tempo entwickelten. Dabei hätte ausgerechnet er es besser wissen müssen. Wenn der Starflyer-Krieg ihn eines gelehrt hatte, dann, dass es die Ereignisse waren, die die Menschen beherrschten, nicht umgekehrt.
Da war er nun also, eingeschlossen in einen steifen Kampfanzug der Paramilitärs, auf halber Höhe in der Passagiersektion einer Ellezelin-Polizeikapsel sitzend, die über den Cairns River glitt. Neben ihm auf der Bank saß Beckia, während Tomansio sich vorn im Kommandositz befand. Die Kapsel war für fünfzehn Paramilitärs gedacht. Wie auch immer, ihre ursprünglichen Insassen lagen derweil in einem drogeninduzierten Koma hinten im Bootel-&-Leicester-Depot, sodass er wenigstens genug Platz zum Ausstrecken hatte.
Wie der Rest des Commonwealth verfolgten auch sie Justines wilde Hatz durch die Kluft.
»Das Begrüßungsteam hat gerade auf Aktionsstatus geschaltet«, berichtete Liatris; er war zurück in der Elvin’s Payback geblieben, um die Besatzungstruppen zu beobachten und für Unisphärenunterstützung zu sorgen. »Alle gehen davon aus, dass der Zweite Träumer wegen Justine eingreifen wird.«
»Das hat er nach Gores Appell auch nicht getan«, meinte Oscar.
»Die Raiel sollten dem Ganzen eine gewisse Dringlichkeit verleihen«, sagte Beckia. »Ich bin mit Living Dream einer Meinung: Wenn es passiert, dann passiert es heute Nacht.«
Oscar zuckte die Achseln, was wegen seiner Rüstung nicht ganz so gut klappte.
»Kanntest du Gore und Justine eigentlich schon vorher?«, fragte Tomansio.
»Ich glaube, sie hab ich mal getroffen, in irgendeiner höheren Offiziersfunktion auf dem High Angel. Jeder Kerl hat sie damals anzugraben versucht.«
»Einschließlich dir?«, fragte Beckia.
»Nein, ich hab mich an die gehalten, die bei ihr abgeblitzt sind. Zurückweisung macht einen immer besonders anfällig für ’ne schnelle, bedeutungslose Nummer.«
»Ozzie, wie deprimierend.«
»Irgendwas von Cheriton?«, fragte Tomansio.
»Nichts seit seiner letzten Meldung«, informierte ihn Liatris.
Weitere Kostenlose Bücher