Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Edelsteinsplitter in kleine Tüten, während sie stumm mit ihren Karten spielte. Das Schweigen war ein unbehagliches, aber was gab es schon zu sagen? Ich durfte ihr nicht erzählen, was bei Anadey tatsächlich geschehen war, und sie war, wie ich genau wusste, wütend auf ihre Mutter und fühlte sich mitschuldig an den Ereignissen.
Doch nach ein paar Augenblicken durchbrach sie die Stille. »Ich würde gern hier einziehen, wenn ihr mich lasst.«
Mein Kopf fuhr hoch. »Was?«
»Falls ihr noch Platz habt, würde ich gern hier einziehen. Ich werde weder im Diner weiterarbeiten noch zu meiner Mutter zurückkehren. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht, als ich gestern in das Ritual geplatzt bin, hat mich erschreckt. Ich habe sie noch nie so wütend gesehen oder so … verschlossen! Was zum Geier hat sie mit dir angestellt?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Na ja, das, was ich dir gesagt habe.«
»Da war mehr, das weiß ich genau. Als Kaylin dich heute Morgen fragte, ob du mit ihm traumwandeln wolltest, hast du abgewinkt, als ob er vorgeschlagen hätte, einen Spaziergang durch den Wald zu machen und Myst Kuchen und Wein vorbeizubringen.«
Ich sog scharf die Luft ein. Wie sollte ich damit umgehen? Manchmal war es die beste Strategie, einer Diskussion aus dem Weg zu gehen. »Reden wir lieber über Dinge, die wir beeinflussen können – zum Beispiel, wie wir mit dem Konsortium umgehen sollen. Ich hatte keine Ahnung, dass sie die Aufsicht über das magische Gewerbe haben. Und irgendwie kommt es mir merkwürdig vor, dass wir gerade erst eröffnet haben und sie prompt hier auftauchen.«
»Nicht, wenn sie schon ein Weilchen versucht haben, Marta zu kontaktieren. Wahrscheinlich sind sie zeitlich ein bisschen in Verzug, wie es bei bürokratischen Abläufen so üblich ist. Aber abgesehen davon: Wie fühlst du dich bei dem Gedanken, dem Konsortium beizutreten?« Sie strich mit der Hand über die Tischdecke, an der sie saß. »Mutter wird einen Anfall kriegen, wenn sie das erfährt.«
»Ich würde mir lieber ein paar Zähne ziehen lassen, aber ich denke, wir haben keine große Wahl. Und es war ja auch nicht so, als hätten wir es verhindern können – unser Schild prangte an der Straße, als sie vor dem Haus ausstieg.« Ich schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich war noch nie besonders gut darin, irgendeiner Organisation beizutreten und Regeln zu befolgen. Eine Gesellschaft zu gründen, wie Marta es getan hat, gehört bestimmt nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.«
Ich zog es vor, mich nur auf mich selbst verlassen zu müssen. Aber vielleicht gelang es uns, eine Gruppe zu gründen, die mit vereinten Kräften eine Chance gegen Myst und den Indigo-Hof haben würde. Ysandra hatte nichts von einer starren Struktur gesagt. Konnte ich nicht Feen oder sogar Vampire ernennen? Was sprach dagegen? Ich wollte meine Gedanken gerade aussprechen, als jemand zum Kartenlesen eintrat. Als Peyton die Frau bat, sich zu setzen, wandte ich mich ab und konzentrierte mich auf meine Arbeit.
An diesem Nachmittag verkaufte ich fünf Schutzzauber, und Peyton hatte eine weitere Kundin. Nachdem sie ein paar Worte mit ihr gesprochen hatte, rief sie mich zu sich.
»Das ist Luna. Sie hat ein Problem, über das du vielleicht auch gern etwas hören würdest.« Die Frau war ungefähr fünfunddreißig, klein und rundlich und hatte langes, dunkles Haar, und ihre Augen waren von einem silbernen Ring umgeben. Sie war auf ihre Art hübsch und wirkte, als stecke hinter der sanften Fassade sehr viel Stärke.
»Hi.« Ich schüttelte ihre Hand, die überraschend kräftig zupackte.
»Hallo.« Ihre Stimme war tief und voll. Sie ließ sich wieder auf ihren Stuhl herab, und als sie den Kopf senkte, fing eine leichte Ablenkung in der Bewegung meine Aufmerksamkeit ein. Ich schloss die Augen und lauschte im Windschatten.
Sie ist gekennzeichnet. Ihre Aura ist gekennzeichnet. Behalte sie heute hier, lass sie nicht hinaus in die Wildnis. Die Jäger sind ihr auf der Spur – ich kann sie hören. Panisch wehte Ulean um mich herum.
Ich schlug die Augen auf und sah Luna an. »Was ist los?«
»Ich glaube, ich werde verfolgt. In den letzten Tagen, vor allem gegen Abend, konnte ich fühlen, dass etwas vor meinem Haus lauerte. Ich habe nicht nachgesehen – ich bin ja nicht dumm –, aber meine Karten warnen mich vor einer Gefahr. Ich weiß nicht, was ich tun soll, und ich kann auch nirgendwo anders hin. Durch Zufall habe ich heute Morgen eure Anzeige in der Zeitung gesehen
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