Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
die sich weniger gut wehren konnte als ich. Oder die wiederum ihr Feuer einsetzen und ihn damit durchaus töten konnte.
»Ich kann dir darauf keine Antwort geben. Aber Ulean meint, wir bräuchten ihn. Und ich weiß, dass unser Waffenstillstand instabil ist, denn er denkt noch immer, ich würde euch anderen verraten, indem ich Grieve unter unserem Dach unterbringe.« Als ich den Namen meines Geliebten erwähnte, regte sich mein Wolf, und ich musste mich zwingen, meine Hände ruhig zu halten.
»Ja, was ist eigentlich damit passiert? Warum hast du plötzlich darauf verzichtet, mit Kaylin zu traumwandeln, um das Gegengift zu suchen?« Rhias Stimme flehte mich an, ihr zu erklären, was sie nicht verstehen konnte. »Ich weiß, ich wollte dir keine Fragen stellen, aber ich kann nicht anders. Bitte, Cicely, sprich mit mir!«
»Das kann ich nicht. Jetzt noch nicht jedenfalls. Bitte vertraue mir, im Augenblick ist es am besten so. Je mehr wir in diesen Krieg verstrickt sind, umso häufiger werden wir auf Geheimnisse und heimliche Pläne stoßen, und wir sollten uns daran gewöhnen, an Informationen alles zu nehmen, was wir bekommen, auch wenn es nur Bruchstücke sind. Konzentrieren wir uns jetzt darauf, Luna willkommen zu heißen, und ich kann nur hoffen, dass Leo sie uns nicht vergrault.«
Rhia ging mit mir in die Küche, wo Peyton bereits mit dem Abendessen angefangen hatte. Luna hackte Kräuter und würfelte Gemüse für eine Suppe, während Peyton Fleischstücke anbriet.
»Hat Peyton dir schon gesagt, dass ich allergisch auf Fischeiweiß reagiere?«, fragte ich. »Ich darf überhaupt keinen Fisch und keine Krustentiere essen, also bitte bring nichts davon ins Haus.«
»Heißt das, man darf dich nicht einmal drücken, wenn man gerade ein Thunfischsandwich gegessen hat?«
»Zumindest ein Kuss könnte mir einen anaphylaktischen Schock verpassen, daher würde ich eher von einer Umarmung absehen.« Ich zog meinen EpiPen hervor und zeigte ihn ihr. »So ein Ding sollte immer in meiner Nähe sein.«
»Na, dann fange ich eben an, meine Brote vermehrt mit Geflügel oder Ei zu belegen.« Sie lächelte, und ich hätte sie für ihr Verständnis am liebsten in die Arme genommen. So viele Menschen taten genervt, wenn sie hörten, dass sie vielleicht einen Tag auf Thunfisch verzichten mussten, wenn sie mich besuchen wollten. Im Laufe der Jahre hatte ich mir oft anhören müssen, ich sollte mich bloß nicht so anstellen, aber auch wenn ich gelernt hatte, auf solche Kommentare nicht mehr einzugehen, machten sie mich noch immer wütend.
Und so bereiteten wir das Essen gemeinsam zu, und während Peyton anfangs noch Kochanweisungen gab, gingen wir rasch dazu über, uns mit Kennenlernfragen aneinander heranzutasten.
»Hast du einen Freund?«, fragte ich irgendwann.
Luna zögerte, dann zuckte sie mit den Schultern. »Nein, im Moment nicht. Mein letzter hat mich vor zwei Jahren verlassen, und irgendwie konnte ich mich bisher noch nicht dazu durchringen, mich auf jemand anderen einzulassen. Ich bin nicht gerade das Paradebeispiel für das Traumdate, wie es in Zeitschriften gern propagiert wird.«
»Aber du bist umwerfend«, entfuhr es Rhiannon. »Das musst du doch sehen. Du siehst aus wie Jane Russell.«
Luna lachte auf, und ihre schöne, klangvolle Stimme tönte durch die Küche. »Na, klar. Nur mindestens fünfzehn Kilo schwerer.«
»Aber die stehen dir gut, die fünfzehn Kilo«, sagte ich. »Hier, die Tomaten sind gewürfelt. Und was soll ich jetzt damit machen?«
»Gib sie zu den Pilzen, Zwiebeln und dem Speck in die Kasserolle. Wenn sie sautiert sind, bilden sie die Suppengrundlage.« Sie rührte in der Brühe, in der das angebratene Fleisch und die Kartoffeln köchelten. Ein köstliches Aroma stieg aus dem Topf auf, und mein Magen begann zu knurren.
»Wie lange dauert es, bis wir essen können?«
»Ungefähr eine halbe Stunde. Zeit genug, um Biskuits zu backen.« Luna annektierte die Küche, so wie Rhiannon stets ganz selbstverständlich im Kräutergarten die Herrschaft übernahm. Plötzlich taten wir automatisch, was sie uns sagte, holten Butter, Mehl und Backpulver hervor und fetteten Bleche, während sie den Teig knetete, ausrollte und Kreise ausstach.
Als schließlich Kaylin, Leo und Chatter hereingeschlendert kamen, hatten wir Frauen herausgefunden, dass Luna ihre zwei Schwestern seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, dass ihre Eltern in New York lebten, dass sie wegen ihrer Liebe an die Westküste und zu einem Job als
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