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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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die einsetzende Dunkelheit.
    »Verdammt. Bald sind die Schattenjäger wach und munter. Wie weit sind wir gekommen? Wo genau sind wir? Wir können doch nicht so lange marschiert sein!«
    Chatter bedachte mich mit dem Hauch eines Lächelns. »Wir haben mehr als zwanzig Meilen zurückgelegt, aber ich habe keine Ahnung, wie lange wir unterwegs waren.«
    »Jedenfalls sind wir verdammt tief im Wald.« Ich schauderte und blickte mich um. Unter der Erde war es warm gewesen, doch hier biss sich der eisige Winter wieder in uns fest, und erst jetzt erkannte ich, wie wohl und geborgen ich mich im Tunnel gefühlt hatte. »Wie weit ist es noch bis zum Hof der Träume?«
    »Wir sind in der Nähe des Portals.« Chatter deutete auf einen felsigen Berg, der die Bäume überragte. »Wir müssen ein ganzes Stück dort hinauf, bis ein Pfad nach rechts zu der Höhle führt, wo wir das Portal finden. Der Aufstieg ist am Anfang nicht leicht, aber nach ungefähr einer Viertelstunde lässt es sich recht locker wandern, wenn auch immer noch bergauf.«
    Wie kraxelten über den Haufen von Granitbrocken, die sich am Hang angesammelt hatten. Wieder eine Flussablagerung wie bei dem Bach, an dem wir Myst und ihren Jägern entkommen waren? Nein, die Schneise war nicht breit genug, auch wenn ich hier eindeutig Gletscheraktivitäten erkennen konnte. Die Berge Washingtons waren voller Schuttfächer und Felsbruch aus der Zeit, als sich die letzten eiszeitlichen Gletscher zurückgezogen hatten.
    Im Sommer sah man hier in den felsigen Hängen Pfeifhasen – oder Pikas, wie sie auch genannt wurden. Die Tiere gehörten zu der Familie der Hasenartigen, sahen aber aus wie eine Kreuzung aus Maus und Hamster. Pikas hielten keinen Winterschlaf, sondern zogen sich hinter die Felsen zurück und lebten von ihrem Heuvorrat, den sie sich für diese nahrungsarme Zeit angelegt hatten.
    Ich suchte das Gebiet nach den Nagern ab, aber ich hatte kein Glück. Ich weiß nicht genau, warum ich hoffte, einen zu sehen, denn wahrscheinlich würde der Anblick nur wieder den Jagdinstinkt der Eule in mir wecken, aber irgendwie machte mir der Gedanke an die kleinen widerstandsfähigen Kreaturen, die dem Winter trotzten, Mut. Und im Augenblick konnten wir jedes bisschen Mut und Trotz gebrauchen, das wir kriegen konnten.
    Endlich hatten wir es über den Felssturz geschafft und erreichten einen verschneiten Pfad, der durch die Bäume hinaufführte. Meine Beine brannten schon jetzt von der ungewohnten Belastung. Ich hatte gedacht, dass ich auf der Straße genug trainiert hatte, indem ich ständig vor Gangmitgliedern, zornigen Vermietern und irgendwelchen Schlägertypen abgehauen war, aber in den vergangenen zwei Wochen war mein Körper bis an die Grenzen gebracht worden, und ich hatte Muskeln entdeckt, von deren Existenz ich zuvor nichts gewusst hatte. Nun bildete sich Milchsäure in meinen Waden, und ich hätte mich am liebsten hingesetzt und ein bisschen ausgeruht.
    Ich warf einen Blick zu Peyton. Sie schien genauso zu schwitzen wie ich. »Ich bin fix und fertig. Und du?«
    Sie nickte, die Hände tief in die Taschen geschoben. »Wir hätten Wanderstöcke mitnehmen sollen. Chatter ist hundertprozentig Fee – er kann auf dem Schnee gehen, aber wir müssen uns durchkämpfen.«
    Und kämpfen taten wir tatsächlich. Je höher wir kamen, desto tiefer lag der Schnee, und irgendwann ging er mir bis zum Knie. Jeder Schritt war, als watete man durch zähen Schlamm.
    »Chatter, wie weit noch?«
    Er blickte über die Schulter und hielt an. »Vergebt mir. Mir war nicht bewusst, dass ihr müde seid. Es ist nicht mehr weit. Seht ihr dort drüben die Ansammlung von Tannen? Die neben den schneebedeckten Farnen?« Er zeigte auf ein paar Bäume oberhalb unseres Standorts ein paar hundert Meter weiter. »Dort geht der Pfad zur Höhle ab, und wir bewegen uns eine Weile parallel zum Berg. Dann ist das Gehen auch nicht mehr so schwer, und wir sollten in zwanzig Minuten ankommen.«
    Ich deutete auf den Himmel. »Es ist fast dunkel. Glaubst du, dass wir uns vor Myst hüten müssen?«
    Er biss sich nachdenklich auf die Lippe, dann schüttelte er schließlich den Kopf. »Ich denke eigentlich nicht, dass ihre Aufmerksamkeit auf den Berg gerichtet ist. Sie scheint sich mehr auf die Stadt und etwas tiefere Gefilde zu konzentrieren. Vergesst nicht, dass wir über zwanzig Meilen von eurem Haus entfernt sind. Dass sie Spione so weit hinausschickt, bezweifle ich. Und sie wird zwar um den Tunnelanfang herum euren

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