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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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antun, und ich kann nur hoffen, dass du das weißt.«
    Doch als er gegangen war, erhob ich mich, huschte zur Tür und verschloss sie. Man musste ja kein Risiko eingehen.
    Ich legte mich wieder ins Bett und schlief traumlos bis zehn Uhr am nächsten Morgen, als ein Spritzer Sonnenlicht durch meine Vorhänge drang und mitten auf meinem Gesicht landete. Blinzelnd setzte ich mich auf, rieb mir die Augen und schlüpfte aus dem Bett. Mein Atem bildete weiße Wölkchen, und als ich zum Fenster tappte und auf die gefrorene Welt unter mir blickte, wurde mir klar, dass ich die Heizung aufdrehen musste. Das Haus hatte Zentralheizung, und hier im ersten Stock war es gewöhnlich weitaus kühler als unten.
    Ich streifte mir den Bademantel über und ließ meinen Blick über die makellos weiße Landschaft schweifen. Wunderschön glitzerte der Schnee in der Sonne, und glasklare Eiszapfen hingen vom Dach herab. Ein Zapfen war bis hinunter zum Boden gewachsen; ich schätzte ihn auf gute zehn Meter Länge. Die Sonne schien hindurch, und das Licht wurde wie durch ein Prisma zerlegt und funkelte und blitzte bunt auf dem gefrorenen Wasserfall.
    Erfreut erlaubte ich mir, die Schönheit der Jahreszeit zu genießen und Myst wenigstens für ein Weilchen aus meinen Gedanken zu drängen. Wäre sie nicht in dieser Gegend aufgetaucht, hätte der Winter seine Unschuld nicht verloren.
    Wäre sie nicht in dieser Gegend aufgetaucht, wäre es jetzt viel wärmer und würde regnen und es gäbe es keine makellose Schneedecke zu bestaunen. Ulean wehte hinter mir heran und nahm mich mit ihren Böen sanft in den Arm.
    Du warst Mysts Tochter, du dumme Gans. Und weil du sie verraten hast, will sie dich vernichten. Chatters Worte von gestern Abend stiegen in meinem Bewusstsein auf. Ich hatte sie verdrängt und mich auf das konzentriert, was getan werden musste, doch nun, da meine Gedanken ein gewisses Maß an Klarheit zurückerlangt hatten, ließen sie sich nicht mehr ignorieren.
    Chatter hat gesagt, dass Myst meine Mutter war, damals, in jenem anderen Leben.
    Ulean stieß ein Seufzen aus, das wie eine kühle Brise an einem Frühlingsmorgen über mich strich. Chatter hätte den Mund halten sollen, aber nun ist es geschehen. Ja, es ist wahr. Du bist – warst – Mysts Tochter. Du standest aber ohnehin kurz davor, es selbst herauszufinden, also sei ihm nicht böse deswegen.
    Ich bin nicht sicher, wie ich damit umgehen soll. Ich schüttelte den Kopf. Welche Auswirkung hatte dieses Wissen? Was bedeutete die Tatsache für die Zukunft? Aber jetzt gehöre ich nicht mehr zum Indigo-Hof, oder?
    Nein, du bist Cambyra-Fee und Magiegeborene. Dennoch trägst du noch Abdrücke deiner damaligen Persönlichkeit in deiner Seele – weswegen Myst dich überhaupt erkennen konnte. Aber mach dir keine Sorgen: Du besitzt nicht dasselbe Wesen, und du hast auch damals erst bestimmte Züge gezeigt, als die, die du liebtest, bedroht gewesen waren. Du warst ein schwarzes Schaf und für die Rolle als Tochter der Königin vollkommen ungeeignet. Wieder hüllte Ulean mich in eine sanfte Brise. Du bist ein guter Mensch, Cicely. Daran darfst du nicht zweifeln.
    Ich schloss die Augen und versuchte die Erinnerungen heraufzubeschwören, aber noch waren sie verborgen, und die einzigen Bilder, die vor meinem inneren Auge erschienen, stammten von denen, die bereits wiederaufgetaucht waren. Doch das Wissen, wer ich gewesen war – und zu was ich fähig gewesen war! –, versetzte mich in Angst und Schrecken. Konnte es nicht sein, dass mein Wesen von damals wieder hervorbrach? Und was, wenn Myst mich verwandelte, um mich gegen meine Freunde einzusetzen, wie sie es mit meiner Tante gemacht hatte?
    Zu viele Fragen wirbelten mir im Kopf herum, und ich wandte mich vom Fenster ab, als der Himmel sich wieder zuzog und ein leichter Schneefall einsetzte. Es war, als könne Myst meine Gedanken lesen und wolle jede Hoffnung, die die Sonne in mir geweckt haben mochte, im Keim ersticken.
    »Cicely? Bist du wach?« Rhiannons Stimme ertönte vor meiner Tür, während sie gleichzeitig klopfte.
    Ich ging zur Tür und öffnete. »Ja, ich bin wach.«
    »Komm runter, frühstücken. Leo ist schon wieder unterwegs, und er hat dir eine Nachricht hinterlassen.« Sie wirkte blass, und ich fragte mich, ob das, was wir in letzter Zeit erlebt hatten, zu viel für sie wurde. Ihre Mutter war entführt und verwandelt worden und nun unsere Feindin. Rhiannon selbst kämpfte mit ihren Kräften und ihrer genetischen Veranlagung,

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