Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Julscheit?«
Ich lächelte und fühlte mich mit einem Mal wunderbar glücklich. Wenn die Zeiten finster waren, musste man sich das Glück dort holen, wo man es bekam, und im Augenblick lag es in einem mit Schokobuttercreme gefüllten Biskuitboden mit Minzzuckerguss. »Einen Julscheit bitte.«
Sie lachte in sich hinein, als sie die Bestellung notierte. »Dachte ich mir. Rhiannon, was darf ich dir bringen?«
Meine Cousine musste nicht lange nachdenken. »Hühnersuppe, überbackenes Käsesandwich mit sauren Gürkchen daneben, und als Nachtisch bitte auch von dem Julscheit.«
»Alles klar. Ich sage in der Küche Bescheid. Rhiannon, Suppe vorweg oder erst mit dem Sandwich?«
»Mit dem Sandwich, bitte.«
Als Anadey davonging, um die Bestellung aufzugeben und die Getränke zu holen, lehnte ich mich zurück und sah hinaus in den Schnee. Es kam mir vor, als sei New Forest in den vergangenen zwei Wochen durch die Schneemassen vom Rest der Welt abgeschnitten worden und läge nun allein im Universum. Doch überall auf der Welt begannen Mysts Leute den Krieg, drangen immer weiter vor und suchten nach Beute. Wie viele Vampirfeen mochte es geben? Wie viele lauerten da draußen?
»Woran denkst du?«, fragte Rhiannon. »Du siehst so nachdenklich aus.«
»An Myst und ihr Volk … Wie viele Untergebenen, denkst du, hat sie? Wie viele Kleinstädte befinden sich schon in ihrer Umklammerung und wissen nicht, was sie dagegen unternehmen können? Und wie viele Menschen haben sie wohl schon getötet?«
Rhiannon schüttelte bedächtig den Kopf. »Keine Ahnung. Und ich weiß auch nicht, ob ich es wissen will. In gewisser Hinsicht wünschte ich mir, dass sie sich exklusiv unsere Stadt für ihren Angriff ausgesucht hätten, denn dann könnten wir wenigstens abhauen. Aber wir können nicht wirklich entkommen, richtig?«
»Ich zumindest nicht. Die Vampire oder Myst würden mich in jedem Fall verfolgen.« Ich blickte auf, als Anadey an den Tisch kam. »Wir müssen Myst vernichten, und das weißt du …«
Ein Krachen an der Theke unterbrach mich. Wir fuhren herum und sahen gerade noch, wie einer vom Lupa-Clan seinen Teller in Richtung Küche schleuderte. In der anderen Hand hielt er eine Flasche Bier, und auf der Theke neben ihm standen zwei leere.
»Blöde Schlampe. Kannst du nichts kochen, was auch schmeckt?« Er lallte, was ihn aber nicht daran hinderte, aufzuspringen, um die Theke herum und auf die Tür zur Küche zuzulaufen, durch deren Fenster man Peyton sehen konnte. Sie hielt ein Küchenmesser in der Hand.
Anadey rannte dem Mann nach. »Tim Wylde, hör auf damit, oder ich rufe die Polizei.«
Er sah sich nicht einmal zu ihr um. Einer der Angestellten, Lucky, der zwar schon seine beste Zeit hinter sich hatte, aber noch robust genug aussah, um als ernstzunehmender Gegner durchzugehen, versperrte die Küchentür, indem er sich davorstellte.
»Schaff deinen Hintern wieder auf die andere Seite der Theke, Lupa. « Lucky war ein Yummanii, und ihm war es egal, ob jemand Werwesen, Magiegeborener oder Vampir war, solange er ihm nicht auf die Nerven ging. Überquerte man aber seine Toleranzgrenze, agierte der alte Mann knallhart.
»Aus dem Weg, Mensch! Du hast sowieso keine Chance.« Tim schmetterte die Flasche auf die Thekenkante und hielt den splittrigen Hals hoch.
Lucky musterte ihn nachdenklich. »Ich an deiner Stelle würde das lassen, Junge.«
»Nenn mich nicht Junge, Mensch. Ihr seid so schwach und kriecherisch und fast so übel wie die Magiegeborenen.« Und schon machte Tim einen Satz auf ihn zu.
Lucky duckte sich weg, griff unter die Theke und zog einen Schlagstock hervor. Er blitzte. Silber. Lykanthropen verabscheuten Silber genauso so sehr wie Vampire. Lucky holte aus und traf Tims trunkenes Gesicht, und der schrie auf und ging zu Boden, während er sich gleichzeitig verwandelte. Der Wolf, der daraus hervorging, war riesig, und als er auf die Füße sprang, funkelte Mordlust in seinen Augen.
Ich sprang vor und schloss die Augen. Ulean, bring uns den Wind – bitte.
Ulean stieß mit einer kräftigen Bö die Tür auf, und Schnee wehte herein, als eisige Luft zwischen Mann und Wolf fuhr und sie von den Füßen riss. Als beide sich wieder aufrappelten, sah ich, dass seine beiden Kumpels sich langsam zu uns umwandten. Wenn wir diese Sache nicht sofort unterbanden, würde Anadeys Diner Schauplatz eines Blutbads werden.
In diesem Augenblick trat ein stämmiger Mann durch die Tür. Er war ein Werwesen – ein starker Geruch
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