Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
Vom Netzwerk:
Eulengestalt befreien kannst, musst du wissen, wie du für dich selbst sorgst.
    Innerlich zog ich ein Gesicht. Ich war nicht wirklich heiß darauf, Maus oder Ratte zu fressen, aber in meinem Blut regte sich plötzlich etwas, und ich folgte ihm ohne Protest über den Garten. Nicht dass ich viele Beutetiere zu finden erwartete: Es schneite noch immer, und zwar immer stärker, und die Flocken blieben an meinen Federn haften.
    Während wir über den Garten glitten, bewegte der Uhu plötzlich leicht den Kopf, dann machte er eine scharfe Wende und schoss auf eine Bewegung im Schnee herab. Zwei Kaninchen, wunderschön und weiß, getarnt durch ihr Fell, hoppelten über den Rasen. Entsetzt sah ich zu, wie der Uhu im Sturzflug die Beute anvisierte, doch dann wallte mein Blut auf und tauchte alles in einen roten Dunst, und ich spürte nur noch Hunger.
    Ich steuerte auf das kleinere der Kaninchen zu, das plötzlich gen Himmel blickte und zu rennen begann, doch wir waren schneller, und dann flog ich dicht über dem Tier, schob instinktiv meine Füße vor und fuhr die Krallen aus. Ein Vorstoß, und ich hatte das schreiende Kaninchen am Nackenfell gepackt und schwang mich mit kräftigen Schlägen zurück in die Luft. In einem Hochgefühl stieg ich auf und folgte dem Uhu zur Eiche.
    Er zeigte mir eine Höhle, wo er das Kaninchen fallen ließ und sich darüber hermachte. Auch in mir stieg Heißhunger auf, und ich starrte auf meine Beute. Tot und mit glasigen Augen erschien es mir plötzlich wie ein unwiderstehliches Festmahl. Ich hielt es unter meinen Krallen fest, schlug meinen Schnabel hinein und riss Stücke ab, und der Geschmack von Blut und warmem Fleisch strömte durch meine Kehle. Schweigend aßen wir uns satt, und die Welt war richtig und gut.
    Ich fraß, bis ich satt war, dann hörte ich auf. Eine Weile betrachtete ich den Uhu und war mir sicher, dass er mehr war, als es schien. Keine normale Eule würde das Nest mit einer anderen teilen, ohne sich paaren zu wollen. Doch dieser Uhu hatte meine Fragen bisher immer zu rasch abgetan. Langsam bildete sich ein Verdacht in mir, aber ich wollte ihn nicht voreilig ansprechen. Also beschloss ich, das Thema im Augenblick fallenzulassen.
    Ich muss nach Hause. Ich muss mich für die Vampirparty heute Abend fertig machen.
    Hüte dich vor den Vampiren, Cicely. Sie sind gefährlich und sehr viel räuberischer als unser Volk. Das Volk der Eulen liebt die Jagd, Vampire schwelgen darin. In seinen Worten schwang Missbilligung mit.
    Kann ich daraus schließen, dass du sie nicht magst?
    Vampire sind Parasiten. Zwar letztlich Jäger, aber Parasiten nichtsdestoweniger. Und sie sind in dieser Welt nicht natürlich. Nein, ich mag sie nicht. Sieh dir nur die Vampirfeen an – das ist ihr Werk! Myst war ursprünglich nicht die Wahnsinnige, zu der sie geworden ist.
    Es klingt, als hättest du sie gekannt, bevor sie verwandelt wurde.
    Wieder Stille. Ich hakte nicht nach. Ich werde vorsichtig sein.
    Gut. Wir können es uns nicht leisten, dich zu verlieren. Weder an die Vampire noch an die Schattenjäger. Dann hüpfte er auf den Ast neben seinem Nest. Du solltest jetzt gehen, bevor der Schnee zu dicht wird. Und eine Warnung: Wenn du wieder in deine Zweibeinergestalt zurückkehrst, bekommt dir das Kaninchen wahrscheinlich nicht. Es könnte unangenehm werden, aber dir bleibt jetzt keine Zeit, darauf zu warten, dass das Gewölle hochgewürgt wird.
    Das klingt wirklich großartig. Aber danke – für alles. Ich hüpfte hinter ihm auf den Ast und von dort ins Nichts und flog zum Haus zurück und durchs offene Fenster in mein Zimmer. Ich landete auf dem Fenstersims, stieß einen leisen Ruf aus, ließ meine geflügelte Gestalt los und fand mich einen Moment darauf ausgestreckt auf dem Boden wieder.
    Wie immer, wenn ich mich zurückverwandelte, war mir eiskalt. Während ich zitternd dort lag und versuchte, mich wieder zu sammeln, hob sich mein Magen, und ich rappelte mich auf, kroch hastig zum Bett und zog mich hoch auf die Füße. Taumelnd wollte ich nach meinem Bademantel suchen, aber es blieb keine Zeit, denn mein Magen hob sich erneut. Nackt wie ich war, rannte ich torkelnd durch den Flur aufs Bad zu und konnte gerade noch die Tür zuwerfen, als der Brechreiz überhandnahm. Im letzten Moment beugte ich mich über die Toilette, und schon kam das Kaninchen in Stücken inklusive Fellfetzen zurück.
    Doch als ich erbrach, was zu meinem ersten Gewölle geworden wäre, packte mich ein perverser Stolz, als hätte

Weitere Kostenlose Bücher