Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
brauchst dir keine Sorgen zu machen. Das Blutorakel verlässt seinen Tempel nicht; er wird nicht versuchen, dich zu finden.« Sie brach ab, dann fügte sie hinzu: »Schau, jetzt bist du zu Hause. Leo, du und deine Freundin bringt sie jetzt sofort rein und ruft uns morgen Abend ab, falls sie sich noch weiter ins Blutfieber hineinsteigert.«
Der Wagen hielt und wartete, bis ich ausgestiegen und mit Leos und Rhiannons Hilfe durch den Schnee zu unserer Haustür gelangt war, dann fuhr er weiter, und wir schlossen die Tür hinter uns ab.
Ich ließ mich aufs Sofa fallen. In mir brannte noch immer alles. »Ich brauche Wasser. Und … einen kühlen Waschlappen.« Die Decke, in die Geoffrey mich gewickelt hatte, machte mich wahnsinnig, und ich hätte sie mir am liebsten vom Körper gerissen.
Kaylin brauchte mich nur einmal anzusehen. Er nickte Rhiannon zu. »Hol ein Handtuch und ein Kühlpack.« Er ging neben mir in die Hocke. »Cicely, ich spüre, wie das Blut durch deinen Körper rast. Hast du von einem Vampir getrunken?«
Ich nickte und erzählte stockend und stammelnd, was geschehen war.
»Sie hat Blutfieber.« Kaylin hob mich auf die Arme und trug mich zum Sofa. »Ich kann es nicht lindern, aber ich kenne jemanden. Ich ziehe los und suche sie. Und ihr tut inzwischen alles, um ihre Temperatur zu senken.« Und damit war er auch schon aus der Tür hinaus.
Ich schlug um mich, als Rhiannon das Eispack in meinen Nacken legte und mir den feuchten Waschlappen auf die Stirn drückte. Meine Sinne, meine Instinkte waren bis zum Anschlag auf Empfang gestellt, mein Verstand dagegen gedämpft durch all die intensiven Empfindungen, die meinen Kreislauf fluteten.
Leo stand kopfschüttelnd hinterm Sofa. »Ich weiß nicht, was ich machen soll – alles geht zum Teufel, und ich kann nichts tun. Ich kann nicht einmal verhindern, dass die Vampire mit ihr machen, was sie wollen!«
»Warum arbeitest du dann noch für sie? Wie kannst du einfach danebenstehen und zusehen, wie sie ihr so etwas antun?« Rhias Stimme schrammte in meinen Ohren, ihre Gefühle zu intensiv, als dass ich damit umgehen konnte.
»Streitet euch woanders! Ich kann’s nicht ertragen!« Gänsehaut überzog meinen ganzen Körper. »Ich brauchen Ruhe und Dunkelheit. Mir ist alles zu viel. Ich hätte einfach mit ihm vögeln sollen, damit ich es ein für alle Mal hinter mir habe.«
Rhiannon warf Leo einen wütenden Blick zu. »Trag sie rauf in ihr Zimmer und komm wieder runter, um mir zu helfen. Wir müssen ihr kalte Umschläge machen.« Sie nahm mir den längst nicht mehr kühlen Waschlappen von der Stirn und stampfte wütend aus dem Wohnzimmer.
Leo hob mich auf und trug mich die Treppe hinauf. Seine Lippen waren fest zusammengepresst. Sanft legte er mich auf mein Bett und flüsterte: »Wir holen Hilfe, Cicely. Es tut mir leid. Es tut mir so leid.«
Sobald er draußen war, gelang es mir, meine Gedanken so weit zu beruhigen, dass ich nach Ulean suchen konnte. Bist du hier? Ich brauche dich.
Ich bin hier … O Cicely. Ich wünschte, ich könnte dir helfen, aber es gibt nichts, was ich tun kann.
Bleib bei mir.
Cicely – Cicely … Eine andere Stimme hallte durch den Windschatten, und mein Wolf regte sich. Ich legte meine Hand fest auf meinen Bauch und hätte am liebsten geweint, so groß war meine Sehnsucht, meine Lust.
Grieve … bist du das? Ich brauche dich. Ich brauche dich jetzt sofort.
Komm raus. Ich bin für dich da. Ich kann dich spüren. Beeil dich.
Ich kam auf die Füße, taumelte zum Fenster und stieß es auf. Dort, weit hinten am Rand unseres Gartens, sah ich eine Gestalt, einen riesigen silbergrauen Wolf, wild und schön. Er blickte zu meinem Fenster hinauf und wartete.
Ich schauderte, als der kalte Wind meinem erhitzten Körper entgegenschlug. Meine Nippel wurden sofort steinhart, und ich hob den Kopf, um den Geruch von Ozon und Schnee einzuatmen. Nicht einmal die Kälte konnte das Feuer, das in mir brannte, eindämmen, und ich kam mir vor wie ein Wildpferd, das sich danach sehnte, gezähmt zu werden, doch nichts konnte das Toben in mir besänftigen.
Nichts, außer …
Ich kletterte, nur mit meinem Anhänger um den Hals bekleidet, auf den Fenstersims, schloss meine Augen und ließ mich fallen. Doch schon schwang ich mich empor, hob mich mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft und kreiste eine Runde über dem Garten. Dann schoss ich abwärts, bremste im Flug und landete weich auf Grieves Rücken.
Er stand still, blickte nur über seine
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