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Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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schaffen.«
    »Wer könnte was schaffen?«, fragte Peyton und sah sich verwirrt um.
    »Myst. Sie könnte die Welt mit einer neuen Eiszeit überziehen. Ich spüre es im Wind – ich kann spüren, wie die Ströme und die kalten Luftmassen, die um die Welt rasen, sich verlagern. Sie hat ihre Leute in jeden Winkel der Nordländer geschickt.«
    »Ragnarök.«
    Ich sah sie an. »Nicht ganz. Das wäre Götterdämmerung. Dies hier könnte die Dämmerung der Sterblichen sein. Und hier haben wir es mit Eis zu tun, nicht mit einer Überflutung.«
    »Sie aufzuhalten wird nicht leicht sein.« Peyton blickte auf ihre Füße. »Als ich in ihrer Gefangenschaft war … sie hatte Heather und mich in dieselbe Zelle gesperrt, und Myst kam zu mir. Sie war so schön … ich konnte kaum fassen, wie schön sie war. Aber so kalt und so unmenschlich.«
    Ich nickte. »Sie hat nicht mehr Menschlichkeit in sich als ein Felsbrocken.«
    »Ja, wir waren ihr nicht wichtig, wir waren einfach nur Gegenstände. Sie zwang uns auf die Knie – oder besser ihre Wachen taten es. Dann trat sie vor uns und sagte: ›Eine von euch kommt hier lebend wieder heraus, die andere bleibt an meinem Hof. Ihr könnt selbst entscheiden, wer was tut.‹ Und dann stand Heather auf, sah ihr ins Gesicht und antwortete: ›Nimm mich. Lass Peyton gehen.‹ Myst zuckte gleichgültig mit den Schultern, winkte ihren Wachen und sagte: ›Wie ihr wollt.‹ Sie drehte sich um und ging. Die Wachen schleuderten mich durch die Zelle, und als ich gegen die Wand krachte, brachten sie Heather fort.«
    Was genau passiert war, hatten wir bisher noch nicht erfahren, doch natürlich hatten wir eine gewisse Ahnung gehabt.
    »Heather hat mir das Leben gerettet – in dem Moment jedenfalls. Aber ich bezweifle, dass ich noch immer am Leben wäre, wenn ihr nicht gekommen wärt und mich befreit hättet. Ich verdanke deiner Tante sehr viel … und euch alles!« Sie streckte die Hand aus und streichelte mir über die Wange. »Was immer ich für dich tun kann, wie immer ich dich in dem, was du vorhast, unterstützen kann, ich tue es.«
    Ein Kloß bildete sich in meiner Kehle. So vieles war in letzter Zeit schiefgegangen. Jemanden eindeutig an seiner Seite zu haben, jemanden, der bedingungslos bereit war, die Standarte zu halten, bedeutete verdammt viel. »Danke«, flüsterte ich. »Ich fühle mich manchmal völlig überfordert, und nach gestern Nacht …« Ich berichtete ihr, was ich mit Crawl, Lannan und Grieve erlebt hatte.
    »Ich helfe dir, das Gegengift zu besorgen. Du sagst mir, was du vorhast, und ich bin dabei. Betrachte mich als deine Soldatin.« Sie lächelte mich aufmunternd an, dann schlang sie mir einen Arm um die Schultern und drehte mich in Richtung Haus. »Es ist kalt. Gehen wir rein, bevor wir uns hier draußen den Tod holen.«

    Am Nachmittag hatten wir tatsächlich schon unsere ersten Kunden: Peyton las jemandem die Karten, und ich sprach mit Dorthea, einer Frau aus der Stadt, deren Nachbar bei dem Angriff am Kino getötet worden war. Nun hatte sie Angst und wollte einen Schutzzauber, den sie bei sich tragen konnte, und einen fürs Haus.
    Dorthea wirkte nicht gerade reich. Sie trug ein verblasstes Hausarbeitskleid, und ihre Augen blickten hungrig. Auch in New Forest lebten einige Einwohner unter der Armutsgrenze, und diese Frau schien dazuzugehören.
    Ich notierte ihren Namen und folgte dann, nach einem kurzen Zögern, Marthas Anweisungen in ihrem Buch der Schatten und nahm ihre Hand. Ich bat sie zu schweigen und ließ mich in den Windschatten herab, um ihre Aura zu erkunden.
    Während ich der Nachströmung lauschte, hörte ich das Flüstern, das meine Kundin umgab.
    Eine jammernde Kinderstimme. Mom, ich hab so ’n Hunger. Was kann ich zum Frühstück essen?
    Du musst mehr sparen. Ich schufte den ganzen Tag, damit wir die Miete zahlen können, aber du verschleuderst alles. Die barsche Stimme eines Mannes, der seinen Zorn nur mühsam unter Kontrolle hielt.
    Ich spare, wo ich kann. Was erwartest du denn? Dorthea selbst.
    Und dann der dumpfe Laut eines Hiebs, ein wimmernder Aufschrei und die Stimme eines Mannes. Es tut mir so leid. Das wollte ich nicht. Wirklich, dieses Mal wollte ich es wirklich nicht. Es wird nicht wieder vorkommen. Doch die Energieströmung, die unter dem Satz lag, stimmte nicht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er es wieder tat. Und dann wahrscheinlich noch brutaler.
    Und … ein Hauch von Magie, ein schwaches Funkeln, tief verborgen und all die Jahre

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