Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
zugeben, dass ich ihm nicht hundertprozentig traue.« Ich warf Rhiannon einen Blick zu und lächelte traurig. »Tut mir leid, Rhia, aber nachdem er mich geschlagen hat …«
»Ich hätte nie gedacht, dass er derart explodiert«, sagte sie leise. »Ich muss über eine Menge nachdenken.«
»Kommt, bringen wir den Laden hier wenigstens halbwegs auf Vordermann.« Ich widmete mich wieder den Trümmern, und gemeinsam mit den Küchenangestellten waren wir in etwas unter einer Stunde fertig. Das Diner war nicht makellos, der Boden brauchte starke Bleiche, und Anadey würde das Gesundheitsamt rufen müssen, um das Infektionsrisiko zu bestimmen, aber wenigstens musste sie sich am nächsten Morgen nicht mehr durch Trümmer kämpfen. Wir warteten noch mit ihr, bis der Glaserei-Notdienst kam und das zerbrochene Fenster vernagelte, dann kehrten wir alle nach Hause zurück.
Peyton begleitete Anadey – ihre Mutter brauchte sie jetzt.
Als wir uns im Wohnzimmer versammelten, wandte ich mich an Chatter. »Ich nehme an, dass du auch gegen meinen Plan bist, Grieve zu retten?«
Er überraschte mich. »Nicht mehr. Solange Myst ihn gefangen hält, wird sie nicht nur den Rest dessen vernichten, was er noch an Selbstkontrolle besitzt, sondern ist auch in der Lage, dir über ihn zu schaden. Wir können ihn also nur befreien. Entweder das oder …«
»Ich weiß, oder ich muss unsere Verbindung kappen – falls ich das überhaupt kann – und ihn aufgeben. Aber das schaffe ich nicht. Es geht einfach nicht. Und das liegt nicht an meinen Hormonen oder am Gift aus seinen Zähnen. Grieve und ich …«
»Cicely hat recht.« Chatter blickte zu Kaylin und Rhiannon hinüber. »Sie kann die Verbindung nicht kappen. Ich habe miterlebt, wie Cicely und Grieve in einem früheren Leben zusammen waren. Die Schlacht damals war grauenhaft, und ich erinnere mich noch sehr gut, wie Lainule herausfand, dass Shy – Grieve – Cherish liebte. Sie tobte und zeterte, und das stärkte die beiden nur noch in ihrer Entschlossenheit. Sie verwoben ihr Wesen so stark miteinander, dass nichts auf der Welt sie mehr trennen konnte – Myst nicht, Lainule nicht, nicht einmal der Himmel selbst. Ich bin bei dem Versuch umgekommen. Grieve war damals mein Bruder.«
»Es tut mir so leid«, murmelte ich. »Es gibt so vieles, an das ich mich noch immer nicht erinnere, aber wenn ich je etwas bereut habe, dann, dir etwas angetan … dich getötet zu haben.«
Chatter biss sich auf die Lippe. »Ich wünschte, ich könnte dir alles erzählen, aber Lainule würde mir den Kopf abreißen. Sie ist davon überzeugt, dass du es selbst herausfinden musst. Aber ich war Zeuge der Verwüstung, die sich in eurem Gefolge über das Land zog. Und obwohl ich zu dem Zeitpunkt bereits tot war, weiß ich inzwischen, dass das Gift, das ihr beide eingenommen habt, von einer der mächtigsten Hexen dieser Ära gebraut worden war. Seine Wirkung hat euch durch Zeit und Raum hier und heute wieder zusammengeführt.«
»Ich weiß das …«, begann ich, aber er schnitt mir mit einem Kopfschütteln das Wort ab.
»Nein, du verstehst mich noch immer nicht. Ihr seid aneinander gebunden, und nur der Tod kann das ändern. Wenn Grieves Gier nach dir groß genug ist, dann wird er sich über Mysts Wachen hermachen, bis entweder er tot ist oder sie zerfleischt sind. Und dann kommt er her. Falls wir ihn vorher befreien können, ist das nur gut. Ich habe ein bisschen recherchiert, Cicely, und herausgefunden, dass der Zaubertrank, den ihr getrunken habt, mehr bewirkt, als euch enger aneinanderzubinden.«
»Ja, ich weiß. Es hat uns in dieser Zeit wieder zusammengeführt.«
»Nein, ich meine darüber hinaus«, widersprach Chatter.
In meinem Bauch bildete sich ein schwerer Stein. Wie viele Leben Grieve und ich schon in der Vergangenheit gelebt hatten, wusste ich nicht, und ich war mir nicht sicher, ob Grieve selbst es wusste. Aber unsere gemeinsame Zeit als Shy und Cherish war intensiv genug gewesen, uns für ewig aneinanderzubinden. Am Ende, als wir von unseren Feinden in die Ecke getrieben worden waren, hatten wir einen Trank genommen, der uns im nächsten Leben wieder zusammenbringen würde. Aber jetzt klopfte etwas an den Rand meines Bewusstseins, und ich ahnte, dass es wichtig war.
»Also was – was tut es darüber hinaus?«
Chatter stieß einen Seufzer aus. »Wenn einer von euch beiden stirbt, nimmt er den anderen mit. Der Trank hat euch für ewig aneinandergebunden. Nicht nur für die nächste
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